In Herzogenaurach schütteln alle die Köpfe. Es sei traurig – "Adidas und DFB gehören zusammen. Ein Stück Tradition geht verloren", heißt es immer wieder, egal, wen man auf der Straße fragt. Seit mehr als 70 Jahren rüstet der Sportartikelhersteller Adidas die deutsche Nationalmannschaft aus. Ab 2027 übernimmt nun aber Konkurrent Nike.
DFB-Entscheidung überraschend: "Mal eben vom Himmel gefallen"
Auch im Rathaus herrscht darüber Fassungslosigkeit. "Das ist eine schlechte Nachricht für Herzogenaurach und die Region", betont der Erste Bürgermeister German Hacker (SPD) im Gespräch mit dem BR. Man könne sich nur Augen und Ohren reiben über die Kommunikationsart des DFB "und wie das mal eben vom Himmel fällt." Die Entscheidung des DFB sei für alle überraschend gekommen.
Herzogenaurach eng mit Adidas verbunden
Eine ganze Stadt leidet nun mit. Herzogenaurach ist eng mit der Weltmarke verbunden. Hier wurde Adidas gegründet. Der Erfolg des Sportartikelherstellers prägt die gesamte Kommune. Stolz zeigt Hacker einen Adidas-Schuh mit der Aufschrift "Herzogenaurach", die sich direkt neben den drei Streifen befindet – dem Markenzeichen von Adidas. Den Schuh bewahrt er in einer Vitrine auf. Daneben steht ein signierter Fußball der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland.
Imageschaden für Adidas und die Region
Die Entscheidung des DFB sei für Adidas und die Region ein Imageschaden, sagt Hacker. Regelmäßig war die deutsche Nationalmannschaft zu Gast in Herzogenaurach. Davon zeugt das Goldene Buch der Stadt. Noch kommen die Stars aber: Während der Fußball-EM in diesem Jahr quartiert sich die Mannschaft in Herzogenaurach im sogenannten "Homeground" auf dem Gelände des Adidas-Campus ein.
Hier habe Adidas viel Geld investiert, mehr als eine Milliarde Euro, betont Hacker. "Jüngst befinden sich zwei neue Fußballplätze im Endstadium des Baus, um mehr Kapazitäten zu schaffen. Dass der Homeground ab 2027 nicht mehr von den Nationalmannschaften benutzt wird, kann ich noch nicht wirklich glauben", sagt Hacker. Der Erste Bürgermeister rechnet auch mit wirtschaftlichen Folgen für die Region, deren Ausmaß derzeit noch nicht abzusehen seien.
Adidas hüllt sich in Schweigen
Adidas selbst will sich auch einen Tag nach der Nachricht vom plötzlichen Ende der Zusammenarbeit nicht dazu äußern. Der Sportartikelhersteller teilt lediglich knapp mit, dass der Vertrag mit dem DFB bis Ende 2026 laufe. "Wir sind gestern informiert worden, dass der Verband ab 2027 einen neuen Ausrüster haben wird", heißt es weiter. Ein Interview wird abgelehnt.
"Deutscher Fußball auch deutsche Wirtschaftsgeschichte"
Deutliche Worte finden andere. Neben Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), hat sich heute auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auf "X" (früher Twitter) geäußert: "Der deutsche Fußball war immer auch ein Stück deutsche Wirtschaftsgeschichte. Die Nationalelf spielt in drei Streifen – das war so klar, wie dass der Ball rund ist und ein Spiel 90 Minuten dauert."
Adidas und das Wunder von Bern
Söder erinnerte daran, dass die Erfolgsgeschichte 1954 mit dem Wunder von Bern begann. Bei der WM stattete damals der Gründer von Adidas, Adi Dassler, das deutsche Team mit Schraubstollen an den Schuhen aus. So hatten die Spieler mehr Halt auf dem feuchten Rasen. Der WM-Sieg habe Deutschland wieder Selbstbewusstsein gegeben, so Söder: "Deshalb ist es falsch, schade und auch unverständlich, dass diese Geschichte jetzt enden soll."
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