Bayerischer Landtag, 08.10.23: Markus Söder, CSU-Spitzenkandidat und Ministerpräsident, nach der Bekanntgabe der Prognose.
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Die CSU nach der Landtagswahl: "Genau und ehrlich analysieren"

Die CSU nach der Landtagswahl: "Genau und ehrlich analysieren"

Klarer Sieger mit 37 Prozent, aber so schlecht wie sehr lange nicht: In der CSU beginnt die Analyse der Landtagswahl. Parteichef Söder verschärft den Ton gegenüber den Freien Wählern. Aber es gibt auch Kritik am Umgang mit den Grünen.

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Von einer "Schicksalswahl" sprach Markus Söder schon lange vor der bayerischen Landtagswahl. Am Ende landet er mit der CSU laut dem vorläufigen Ergebnis bei 37 Prozent, Söder wird aller Voraussicht nach bayerischer Ministerpräsident bleiben. Das Schicksal meinte es also einerseits gut mit dem CSU-Chef, die Verluste zur letzten Wahl sind minimal. Andererseits ist das Ergebnis für die CSU ihr schlechtestes in Bayern seit 73 Jahren. Die große Frage lautet jetzt: Wie fällt die Bewertung aus?

Söders Botschaften an AfD und Freie Wähler

Am Mittag tritt CSU-Chef Söder in München vor die Presse, nach einer Sitzung des Parteivorstands. Zwar habe seine Partei gleich viele Prozente wie bei der Landtagswahl 2018 und sogar in absoluten Zahlen mehr Stimmen, sagt Söder. Schwieriger sei die Lage aber im Alpenraum und in Niederbayern. Dort haben AfD und Freie Wähler auffällig gut abgeschnitten.

Söder begründet das CSU-Ergebnis mit "Sondereffekten" wie der Flugblatt-Affäre um Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger und ungelösten Fragen in der Migrationspolitik im Bund. Erneut fordert er mit Blick auf die Migrationspolitik eine Wende, kritisiert das Verhalten von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Der CSU-Chef stellt das Grundrecht auf Asyl in seiner bisherigen Form in Frage. Zur AfD sagt Söder: "Wir müssen die AfD stellen, wir müssen die AfD bekämpfen." Generell beklagt er: "Unsere Demokratie ist am Zerfasern und Zersplittern."

Gegenüber dem eigenen Koalitionspartner, den Freien Wählern, verschärft Söder den Ton spürbar. Deren Zuwachs hat laut ihm "nichts mit Substanz zu tun". Zwar will er auch künftig mit ihnen regieren, er rate aber allen, "auf dem Teppich zu bleiben". Gefragt nach der Forderung der Freien Wähler, künftig vier statt drei Minister zu stellen, sagt Söder: "Man muss mich überzeugen und nicht die Medien."

Ex-CSU-Chef Huber: "Strategischer Fehler"

Schon am Morgen meldet sich der frühere Parteichef Erwin Huber zu Wort. Im Deutschlandfunk sagt er, Söders Kritik an den Grünen im Wahlkampf sei aus seiner Sicht manchmal "etwas überzogen" gewesen. Mit Blick auf die Freien Wähler betont Huber: "Ich glaube, dass es strategisch ein Fehler war, einen Koalitionswahlkampf zu führen."

Zudem sei der Freie-Wähler-Vorsitzende Hubert Aiwanger möglicherweise falsch eingeschätzt worden. Dieser habe die Koalitionszusage der CSU "schamlos ausgenutzt, die Beinfreiheit genutzt für Populismus und Propaganda". Das sei auch zulasten der CSU gegangen. Hubers Appell: "Diese Arbeitsteilung - die einen machen die Arbeit, jetzt sage ich mal die CSU, die anderen machen die Propaganda – das kann natürlich in den nächsten fünf Jahren nicht so weitergehen."

Aigner: Regierungsauftrag, aber Stimmen verloren

Kritische Zwischentöne kommen auch von Ilse Aigner, der Vorsitzenden der in der Partei wichtigen Oberbayern-CSU. "Wir müssen genau und ehrlich analysieren, warum es so gelaufen ist", sagt Aigner der "Augsburger Allgemeinen". Die bisherige Landtagspräsidentin betont: Die CSU habe einen Regierungsauftrag, aber man müsse sich auch eingestehen, dass man erneut Stimmen verloren habe.

Der Vorsitzende des CSU-Arbeitnehmerflügels, der Bundestagsabgeordnete Volker Ullrich, fordert ebenfalls eine kritische Aufarbeitung. "Dass die CSU nicht stärker von der Unzufriedenheit mit der Ampel profitieren konnte und Zuwächse nur bei AfD und Freien Wählern anfallen, muss analysiert werden." Man dürfe mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein. Die CSU müsse sich auch klarer gegen die Freien Wähler positionieren.

CSU-Generalsekretär: "Sehr bemerkenswert"

CSU-Generalsekretär Martin Huber betont derweil in mehreren Interviews, das Wahlergebnis sei ein klarer Regierungsauftrag für Markus Söder und die CSU – trotz "schwieriger Rahmenbedingungen". Im ARD-"Morgenmagazin" verweist Huber darauf, dass es eine Solidarisierung mit Hubert Aiwanger wegen der Flugblattaffäre gegeben habe. Dass die CSU trotz starker Freier Wähler auf 37 Prozent gekommen sei, zeige, wie groß die Bindekraft der Christsozialen nach wie vor sei.

Ähnlich äußert sich der CSU-Generalsekretär im BR-Interview. Huber verweist auf eine "immer diffuser werdende Parteienlandschaft", in der sich die CSU behauptet habe. Das sei "sehr bemerkenswert".

Waigel: Freie Wähler "gravierender Gegner"

Der CSU-Ehrenvorsitzende Theo Waigel spricht im BR-Interview zwar von einem passablen Ergebnis seiner Partei, sieht aber die Notwendigkeit für "strategiepolitische Überlegungen". Zum einen müsse die CSU eine viel härtere Auseinandersetzung mit der AfD betreiben. Zum anderen sei die "Schonzeit" für die Freien Wähler vorbei.

"Bei dieser Wahl waren die Freien Wähler Partner, bei der nächsten Europawahl sind sie Gegner und zwar ein ganz gravierender Gegner", betont Waigel. Auch bei der Bundestagswahl werden sie laut ihm "nicht ungefährlich für die CSU sein".

Weber: AfD ist der Hauptgegner

Ähnlich äußert sich CSU-Vize Manfred Weber. Er lobt die "Gemeinschaftsleistung der CSU", betont im Kurznachrichtendienst X aber, die AfD habe ein viel zu gutes Ergebnis erreicht und sei definitiv überall der Hauptgegner. "Genauso dürfen wir die FW nicht mehr ausschließlich mit Samthandschuhen anfassen", schreibt Weber.

Auch der Chef der CSU im Bundestag, Alexander Dobrindt, fordert eine schärfere Auseinandersetzung mit dem bayerischen Koalitionspartner. "Es braucht einen Wettbewerb mit den Freien Wählern, es braucht eine gesunde Konkurrenzsituation." Zugleich ruft Dobrindt seine Partei auf, sich auf dem 37-Prozent-Ergebnis nicht auszuruhen. Die CSU habe ein Resultat erzielt, das mit den "Sondereffekten der letzten Wochen" erklärbar sei, auf Dauer dürfe man sich damit aber nicht zufrieden geben.

Augsburger OB: "Hauptgegner hat Parteifarbe Blau"

Unterdessen gibt es von weiteren CSU-Politikern Kritik daran, wie stark der eigene Wahlkampf gegen die Grünen ausgerichtet war. Der Bundestagsabgeordnete Ullrich erklärt: "Die Grünen sind unsere politischen Mitbewerber, aber sie sind nicht unsere Gegner." Die Augsburger Oberbürgermeisterin Eva Weber, Oberhaupt einer schwarz-grünen Stadtregierung, sagt schon am Wahlabend: "Ich glaube, der Hauptgegner hat in seiner Parteifarbe Blau und nicht Grün."

Der frisch gewählte CSU-Landrat im Landkreis Regen, Ronny Raith, ist ebenfalls erschrocken über das Abschneiden der AfD. Deren Erstarken stimme ihn "unglaublich bedenklich". Mit Blick auf das Abschneiden seiner Christsozialen sagt Raith: Bei der Landes-CSU sei auf jeden Fall noch "Luft nach oben", wenn sie die "breite Mitte der Bevölkerung" wieder erreichen wolle.

Mit Informationen von dpa und epd.

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