Der alte Botanische Garten und der angrenzende Karl-Stützel-Platz in München gelten als Treffpunkt für Alkoholabhängige und die Drogenszene. Genau dort wird jetzt ganz ohne Promille gefeiert – im ersten alkoholfreien Biergarten der bayerischen Landeshauptstadt.
Mit Mocktails zum Erfolg?
Ein Biergarten ganz ohne Alkohol? Manche Passanten sind da noch eher skeptisch. "Das ist gut für Minderjährige", findet eine junge Frau. Ihre Begleiterin hat ebenfalls "nicht so viel Interesse". Wenn er schon in den Biergarten gehe, wolle er auch "richtiges Bier", erklärt ein Mann.
Am Verkaufsstand bildet sich unterdessen schon eine kleine Warteschlange. Nicht nur wegen des alkoholfreien Biers, sondern zum Beispiel auch wegen der Mocktails, also Cocktails ganz ohne Promille, die hier neben Säften und anderen Kaltgetränken angeboten werden. Für die Besucher gibt es gut 80 Sitzplätze, teils sind es Liegestühle. Ein paar Sonnenschirme sorgen für etwas Schatten.
Ein atypischer Biergarten an einem sehr speziellen Standort
Das Ganze ist somit kein klassischer Biergarten. Das weiß auch Gastronom Christian Lehner, der das Projekt mit initiiert hat. Man habe in der kurzen Vorbereitungszeit ein bisschen improvisiert, und es sehe etwas alternativ aus, räumt er ein. Aber mit der Gesamtsituation sei man nun schon zufrieden. Die Biergartenkultur werde nicht durch Alkohol, sondern durch das Beisammensein im Freien definiert, schreiben die Organisatoren.
Der Standort wurde in Absprache mit der Stadt gewählt. Dort sieht man den Biergarten samt Kinder- und Kulturangebot als ersten Schritt zu einer Aufwertung des gesamten Bereichs am Hauptbahnhof. "Wir waren sehr unglücklich mit der Situation. Dann haben wir mit einer Taskforce ein paar Mal die Gegend besucht und gemeinsam überlegt, was man besser machen kann", sagt Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) bei der Eröffnung: "Eigentlich war die Lösung relativ einfach: Wir brauchen hier Belebung."
Weitere Maßnahmen sollen das Areal aufwerten
Reiter dachte auch gleich noch laut über eine Skaterbahn, Streetball und ein Kleinfußballfeld nach. Es gehe einfach darum, dass die Bevölkerung wieder gerne herkomme. Zugleich müssten freilich auch die Hilfsangebote ausgebaut werden, weiß der Rathauschef. Denn die Alkoholkranken, Drogenabhängigen und Dealer seien ja weiterhin da.
Deshalb bemühe man sich schon länger um Drogenkonsumräume, wobei man hier "im Clinch" mit der bayerischen Staatsregierung liege. Und man wolle zum Beispiel auch noch mehr Streetworker einsetzen, um den Platz nicht wieder zu "verlieren", wenn er "nicht mehr bespielt" werde.
Das ist auch im Interesse von Florian Steinmaier, dem General Manager eines Luxushotels in der Nachbarschaft. Von dort kommt finanzielle Unterstützung für den alkoholfreien Biergarten. Er habe Verantwortung für mehr als 300 Mitarbeiter, erklärt Steinmaier. Viele kämen vom Hauptbahnhof und überlegten sich angesichts der Zustände schon mal, auf welcher Straßenseite sie am besten zur Arbeit gehen: "Das kann es nicht sein."
Gastro-Verbände setzen auf Vielfalt
Der Verein zum Erhalt der bayerischen Wirtschaftskultur findet die Idee mit dem alkoholfreien Biergarten ebenfalls gut. Man begrüße jede Initiative, die die Wirtshauslandschaft belebe, sagt Geschäftsführerin Ursula Zimmermann. Ein alkoholfreier Biergarten ergänze das bestehende Angebot und könne für den einen oder anderen eine interessante Alternative sein. Und die Gastronomen könnten ein Alleinstellungsmerkmal schaffen.
Der Geschäftsführer des Bayerischen Brauerbundes, Walter König, verweist hingegen auf das Motto "Leben und leben lassen" und zieht ein Nebeneinander verschiedener Getränke vor. "Warum soll ein Wirt einen Kundenkreis über das Getränkeangebot ausschließen? Jeder Gast soll bestellen und trinken können, wonach es ihm gerade ist, und das kann sich ja auch nach Anlass, Laune und Tageszeit ändern", so seine Meinung.
Mindestens bis Mitte September bleibt der alkoholfreie Biergarten mit dem vielsagenden Namen "Die Null" jetzt erst einmal auf dem Platz. Geöffnet ist er mittwochs bis samstags jeweils von 17 bis 22 Uhr.
Ergänzt mit Informationen der dpa
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