Gewalt an Frauen und Mädchen zieht sich durch alle sozialen Schichten, sagen Experten. In Schweinfurt engagieren sich junge Männer - Heroes genannt - gegen Gewalt an Frauen und Mädchen, ganz besonders in sogenannten "Ehrenkulturen". Dabei geht es nicht zuletzt um Familien mit Migrationshintergrund, etwa aus Ländern wie zum Beispiel der Türkei, Syrien und Afghanistan, so Mohammed Daoudi, Schweinfurter Heroes-Gruppenleiter mit marokkanischen Wurzeln.
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Bei Regelverstoß können Frauen Familie entehren
Die "Ehre" in sogenannten "Ehrenkulturen" betrifft in erste Linie die Frauen, so Mohammed Daoudi. Sie müssen sich nach klaren Regeln richten. Solche Regeln sind beispielsweise: keinen Freund vor der Ehe haben, nicht alleine oder nur in Begleitung eines Familienmitgliedes ausgehen. Wer dagegen verstößt, entehrt in dieser Logik die Familie. Insbesondere Männer, die sich in diesem Zusammenhang entehrt fühlen, könnten dann gewalttätig gegen Frauen und Mädchen werden, sagt Daoudi.
Heroes: Junge Männer aus "Ehrenkulturen" engagieren sich
Dagegen will das Projekt "Heroes" etwas tun. Die besagten Heroes sind junge Männer, die oftmals selbst aus Ehrenkulturen stammen. Das Projekt gibt es in Deutschland und Österreich und seit rund zehn Jahren auch in Schweinfurt. "In der Regel dauert es ein Jahr, um Hero zu werden", ergänzt Daoudi. Junge Männer, die Heroes werden wollen, treffen sich einmal in der Woche unter Anleitung von Daoudi zur Gruppenstunde. Das Ganze ist für sie kostenfrei.
Diskussionen in Gruppenstunden
Kern der Arbeit ist es, Diskussionen zu führen. Zu den Themen gehören unter anderem Gleichberechtigung, Geschlechterrollen, Gewalt und Identität. "Außerdem sollen sie patriarchale Machtstrukturen kritisch und differenziert betrachten", so Daoudi. Nach einem Jahr werden die Teilnehmer als Heroes zertifiziert – bekommen eine Urkunde.
Jugendliche identifizieren sich mit Heroes
Mittlerweile wurden in Schweinfurt 37 Heroes zertifiziert. Nach ihrer Heroes-Ausbildung geben die jungen Männer dann zum Beispiel in Schulen und Jugendeinrichtungen Workshops, jeweils in Begleitung von Gruppenleitern. Laut Daoudi können sich die Jugendlichen mit den Heroes besser identifizieren. Diese sollen Vorbilder für die Jugendlichen sein und versuchen, ihnen Werte wie Toleranz, Selbstbestimmung und die Gleichberechtigung von Mann und Frau zu vermitteln.
Europäische Union finanziert Projekt Heroes
Über 410 Workshops wurden in der Region Schweinfurt bisher durchgeführt. Dabei erreichten die Heroes circa 8.500 Schülerinnen und Schüler. Die Gesellschaft zur Förderung beruflicher und sozialer Integration (gfi) trägt das Projekt. "Heroes" wird von der Europäischen Union durch den AMIF - den Asyl-, Migrations- und Integrationsfond finanziert.
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