8.11.2023, Baden-Württemberg, Illerkirchberg: An einem Bauzaun hängen bunt bemalte Plakate zum Gedenken an den Messerangriff auf zwei Schülerinnen.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Stefan Puchner

Archivbild: Anstelle der Flüchtlingsunterkunft erinnern in Illerkirchberg bemalte Bauzäune an die Opfer der Tat.

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Ein Jahr nach dem tödlichen Messerangriff in Illerkirchberg

Am 5. Dezember 2022 wird ein 14-jähriges Mädchen in Illerkirchberg auf dem Weg zur Schule getötet, ihre Freundin schwer verletzt. Ein Jahr nach der Tat gedenkt der Ort in der Nähe von Ulm der Opfer.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Schwaben am .

Es ist eine Tat, die die Menschen weit über die Region hinaus erschüttert hat: Ein 14-jähriges Mädchen wird in Illerkirchberg nahe Ulm auf dem Schulweg getötet, die 13-jährige Freundin überlebt schwer verletzt. Nun jährt sich die Tat zum ersten Mal.

Gemeinde Illerkirchberg gedenkt der Opfer

Bürgermeister Markus Häußler (parteilos) hat angekündigt, dass die Gemeinde der beiden Opfer mit mehreren Veranstaltungen gedenken will. Zur Tatzeit um 7:25 Uhr sollen im ganzen Ort die Kirchenglocken läuten. Ab dann sind auch die Türen der Kirche in Oberkirchberg geöffnet. Dort liegt ein Gedenkbuch aus. Am Abend sei eine Gedenkveranstaltung für Einwohner, Freunde und Bekannte der Opfer in einer Kirche geplant.

"Illerkirchberg ist stark. Die Bürgerinnen und Bürger haben sich hinter die Botschaft der Familie, den Wunsch nach Frieden, gestellt", sagt Häußler.

Urteil noch nicht rechtskräftig

Die zwei Freundinnen waren am 5. Dezember vergangenen Jahres auf dem Weg zur Schule, als ein Mann sie mit einem Messer angriff. Das Landgericht Ulm verurteilte Anfang Juli einen damals 27-Jährigen wegen Mordes und versuchten Mordes mit gefährlicher Körperverletzung zu einer lebenslangen Haftstrafe. Zudem stellte das Gericht die besondere Schwere der Schuld fest. Damit ist in der Regel eine vorzeitige Entlassung aus dem Gefängnis nach 15 Jahren nahezu ausgeschlossen. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht, der Angeklagte legte Revision dagegen ein.

Eigentliches Ziel soll Landratsamt gewesen sein

Das Gericht ging im Sommer davon aus, dass der Mann, der als Asylbewerber aus Eritrea nach Deutschland gekommen war, an dem Tag einen Mitarbeiter des Landratsamts töten wollte. Er habe der Behörde die Schuld gegeben, sein Leben verpfuscht zu haben, weil er ohne Pass nicht nach Afrika habe reisen können, um dort eine Frau zu finden. Der Mann hatte am Tattag demnach gerade mit dem Messer zum Landratsamt aufbrechen wollen, als die Mädchen an seinem Haus vorbeiliefen. Er habe befürchtet, sie könnten ihn verraten und dass er seine Rache dann nicht würde ausüben können.

Von Kindern bemalter Bauzaun erinnert an Opfer

"In unserer kleinen Gemeinde wurde ein furchtbares, völlig sinnloses und brutales Verbrechen begangen", sagt Bürgermeister Häußler. Die Asylunterkunft, vor der der Angriff stattfand, wurde inzwischen abgerissen. Dort gibt es nun eine Wiese, im Sommer wuchsen Sonnenblumen darauf und ein von Kindern gestalteter Bauzaun steht auf dem Gelände, der an die Opfer erinnert. Der Vater der Getöteten hatte sich dafür ausgesprochen, einen Spielplatz oder eine Spielwiese an den Ort zu setzen. Eine Fokusgruppe beschäftige sich mittlerweile mit der Zukunft des Grundstücks, erklärt Häußler. So gebe es Ideen von Begegnungsräumen über eine multifunktionale Nutzung mit Wohnungen und Gastronomie bis hin zu einem Ärztehaus. "Auf der Freifläche soll sowohl Raum für Gedenken als auch für Begegnungen sein."

Der Wunsch nach Ruhe in Illerkirchberg ist groß. Der mediale Ansturm, Gerüchte und Falschbehauptungen hätten Spuren hinterlassen, sagt Häußler. Aber: "Die Bürgerinnen und Bürger haben sich allen Versuchen, die Tat politisch zu vereinnahmen, entgegengestellt." Auch die Eltern der beiden Mädchen hatten damals in Briefen dazu aufgerufen, die Tat nicht für Hetze zu instrumentalisieren.

Mit Material von SWR und dpa

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