Ingenieur Richard Oberle aus Elsenfeld (rechts) zusammen mit seinem italienischen Kompagnon Fiorenci Dioni (links). Die Männer stehen in einer großen Metallrolle.
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Ingenieur Richard Oberle aus Elsenfeld (rechts) zusammen mit seinem italienischen Kompagnon Fiorenci Dioni (links).

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Ein Unterfranke auf dem Weg zum Europäischen Erfinderpreis

Der Ingenieur Richard Oberle aus Elsenfeld hat die größte Aluminium-Druckguss-Maschine der Welt erfunden. Die Konstruktion kommt vor allem der Automobilindustrie zugute - und könnte Oberle den Europäischen Erfinderpreis einbringen.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Es ist das Lebenswerk von Richard Oberle: Der unterfränkische Ingenieur hat zusammen mit seinem italienischen Kollegen Fiorenci Dioni die größte Aluminium-Druckguss-Maschine der Welt erfunden. Deshalb sind die beiden Männer nun für den diesjährigen "Europäischen Erfinderpreis" nominiert - in der Kategorie "Industrie". Sie befinden sich in der Runde der letzten drei, von insgesamt 550 Nominierten aus 75 Ländern. Der Preis wird Anfang Juli in Malta verliehen.

Richard Oberle: Von Unterfranken nach Italien

Der heute 85-jährige Oberle stammt ursprünglich aus Elsenfeld im Landkreis Miltenberg. Schon 1974 war er aus Unterfranken weggegangen, um in Italien Komponenten für den Automobilzulieferer "Idra" zu entwickeln. Schon damals hätten die Maschinen in der Teileproduktion immer wieder Probleme und Ausfälle gehabt, erinnert sich der Ingenieur. Über Jahre hinweg sei das nicht zu ändern gewesen.

Ingenieur löst Problem in der Automobilindustrie

2008 hatte Oberle dann die entscheidende Idee. Für die Stillstände oder Ausfälle der Maschinen wurden eigentlich die Ventile verantwortlich gemacht. "Doch ich wusste, es ist nicht das Ventil – sondern die Art, wie das Ventil in dieser Steuerung behandelt wird", erklärt der Ingenieur.

Schließlich entwickelt er selbst eine Lösung für das Problem und nach ein paar Jahren funktionierte sein System. Dadurch konnte eine Druckguss-Maschine produziert werden, die es so vorher noch nicht gegeben hatte: Die sogenannte "Giga Press" war geboren, die bis dahin weltweit größte Aluminium-Druckguss-Maschine. Dafür sind gleich mehrere Patente auf Oberles Namen eingetragen.

Maschine spart Material und Kosten

Damit ist es nun zum Beispiel möglich, den Unterboden eines Elektroautos in einem Stück zu fertigen, wofür früher viele Teile und Arbeitsschritte nötig waren. Für ein ganzes E-Auto wurden beispielsweise bisher 50 bis 60 Einzelteile gebraucht, dazu mehrere kleinere Druckguss-Maschinen.

Die Giga Press stellt nur noch drei Teile für das gleiche Produkt her. Durch diese Erfindung sparen die Hersteller nicht nur Kosten, sondern auch Material und Energie. Laut dem Europäischen Patentamt werde bis zu 60 Prozent weniger Aluminium benötigt.

Elektroauto-Hersteller Tesla setzt auf die Giga Press

Der erste Automobil-Hersteller, der die Giga Press einsetzte, war der US-Konzern Tesla. Erst kam die Maschine in Amerika zum Einsatz, mittlerweile auch am Tesla-Standort Berlin-Brandenburg. Dort hat der Elektroauto-Hersteller seine einzige sogenannte "Giga-Factory" in Europa, eines von sechs großen Werken weltweit.

Tesla habe dadurch bei der Montagezeit enorm einsparen können, erklärt Oberle. Bei Tesla hätten sie die Chance gehabt, die Giga Press in neuen Fabriken einzusetzen. Doch auch andere Automobilhersteller aus Europa und der ganzen Welt beobachten sehr genau die Möglichkeiten der Giga Press, viele seien in Kontakt mit dem italienischen Hersteller. "Wer weiterkommen will, muss sich daran orientieren", erklärt der Erfinder mit Stolz.

Team-Work: Viele Techniker an Giga Press beteiligt

Wenn eine neue Giga Press ans Band geht, ist das immer wieder ein Erlebnis für Oberle. "Da klopft das Herz schon etwas", gesteht er. Der Erfolg dieser großen Druckguss-Maschine sei der Verdienst von sehr vielen Technikern, die daran mitgearbeitet hätten. Die Nominierung für den Europäischen Erfinderpreis sei eine große Ehre, so Oberle – und die Möglichkeit, dass die Chancen dieser Weiterentwicklung noch mehr gesehen werden. Einige Automobilhersteller würden wohl noch die Investition in diese neue Technologie scheuen.

Auszeichnung für Lebenswerk des Unterfranken

Die Nominierung für den Europäischen Erfinderpreis ist für Oberle auch eine Auszeichnung für sein Lebenswerk als Ingenieur. Auch mit 85 Jahren ist er noch als Berater für die italienische Firma Idra tätig. Von Ruhestand aber keine Spur: Wenn er nicht gerade in Brescia ist, lebt er mit seiner Frau in Dießen am Ammersee. Im Juli wollen die beiden gemeinsam nach Malta fliegen, um den Europäischen Erfinderpreis persönlich entgegenzunehmen – egal, welchen Platz er dann belegt.

Das ist der Europäische Erfinderpreis

Der Europäische Erfinderpreis ist einer der renommiertesten Innovationspreise in Europa. Mit dem 2006 vom Europäischen Patentamt (EPA) ins Leben gerufenen Preis werden Einzelpersonen und Teams ausgezeichnet, die "Lösungen für einige der größten Herausforderungen unserer Zeit" gefunden haben. Die Jury des Europäischen Erfinderpreises besteht aus Erfinderinnen und Erfindern, die alle ehemalige Finalistinnen und Finalisten sind.

Bei der Beurteilung der Vorschläge stützt sich die unabhängige Jury auf ihr Fachwissen in den Bereichen Technik, Wirtschaft und geistiges Eigentum. Im Jahr 2024 hat Wolfgang M. Heckl, Generaldirektor des Deutschen Museums in München, den Vorsitz der Jury inne. Alle Erfinder und Erfinderinnen müssen für ihre Erfindung ein europäisches Patent erhalten haben.

Im vergangenen Jahr hat zum Beispiel ein finnisches Team in der Kategorie "Industrie" gewonnen, das sich mit der Umwandlung von Abfällen in erneuerbare Kraftstoffe beschäftigt hat. In der Kategorie "Forschung" war es ein Team aus Frankreich, das ein Verfahren zum Speichern von Wasserstoff entwickelt hat.

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