Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, wurde zum Avatar.
Bildrechte: www.insidepogromnacht.org
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Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, wurde zum Avatar.

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Erinnerungen bewahren: KI-Avatare könnten Zeitzeugen ersetzen

Erinnerungen bewahren: KI-Avatare könnten Zeitzeugen ersetzen

Bald werden die Zeitzeugen der Shoa verstorben sein. Kann KI sie ersetzen? Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, wurde als Avatar Teil eines solchen Versuchs.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau - Der Süden am .

Charlotte Knobloch lächelt und blickt ruhig in die Kamera. Sie sitzt in einem weißen Sessel, trägt ein rotes Kostüm. Im Hintergrund klingen leise Klavierakkorde. "Schreibe deine Frage" steht zu ihren Füßen. Doch darauf antwortet nicht die echte Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, sondern ihr Avatar.

Avatar mit 1.000 Fragen gefüttert

Ihr Avatar ist Teil des digitalen Projekts "Inside Pogromnacht". Das St.-Anna-Gymnasium aus München ist die erste Schule weltweit, die es testen durfte. "Es ist wie, wenn man es live miterleben kann", sagt eine der Schülerinnen. "Ich finde es eine gute Idee, vor allem wenn die Zeitzeugen jetzt bald alle nicht mehr da sind."

Für die Erstellung des Avatars beantwortete die echte Charlotte Knobloch mehrere Tage lang rund 1.000 Fragen. Der KI-Avatar setzt nun aus diesen Aufnahmen seine Antworten zusammen. So können Schüler mit der Shoa-Zeitzeugin Knobloch sprechen – auch noch in Jahrzehnten.

VR-Reise in die NS-Zeit

Entweder, man stellt Knobloch face-to-face Fragen, oder klickt sich durch das München von 1938. Das geht am Bildschirm mit einer VR-Brille. Zu sehen sind dabei historische Videosequenzen und Erklärtexte. Immer wieder spricht auch Charlotte Knobloch und führt durch die Straßen, an einem Kiosk vorbei oder zu einem Spielplatz, den sie als "Judenkind" nicht mehr betreten durfte. "Inside Pogromnacht" soll an Schulen und Museen eingesetzt werden – ist aber auch online für alle abrufbar.

Erfahrungen der Zeitzeugen über deren Tod hinaus bewahren

Die Tatsache, dass es in naher Zukunft keine NS-Zeitzeugen mehr gibt, sei einer der Gründe gewesen, warum das Projekt entwickelt wurde, sagt Rüdiger Mahlo. Er ist europäischer Vertreter der Claims-Conference. Dieser Zusammenschluss jüdischer Organisationen hat "Inside Pogromnacht" zusammen mit der Unesco und Meta herausgebracht.

Die Begegnung mit virtuellen Zeitzeugen, wie etwa Charlotte Knobloch, sehe er als "emotionalisierte Form". Diese sei wichtig, "dass eine Jugend heranwächst, die das alles einordnen und dann auch dementsprechend handeln kann", sagte Mahlo gegenüber dem BR. Es sollen noch weitere Zeitzeugen ihre Geschichte und Erfahrungen beisteuern.

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