Blaue Behälter mit Atommüll stehen in einem Zwischenlager in Brokdorf
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Atommüll-Zwischenlager der Gesellschaft für Zwischenlagerung (in Brokdorf)

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Erster Castor-Transport nach Bayern mit Atommüll steht bevor

Erster Castor-Transport nach Bayern mit Atommüll steht bevor

Am 1. März hat der Genehmigungszeitraum für die ersten Castor-Transporte nach Bayern überhaupt begonnen. Bis Ende des Jahres müssen sieben Behälter mit hochradioaktivem Atommüll nach Niederbayern gebracht werden. Ein Überblick.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Der Zeitpunkt und die genaue Route sind Verschlusssache, streng geheim also. Klar ist aber: Am 1. März begann der Genehmigungszeitraum für die ersten und einzigen geplanten Castor-Transporte nach Bayern, konkret: in das Brennelementezwischenlager Isar in Niederaichbach im Landkreis Landshut.

Zehn Monate bleiben also, um sieben Castor-Behälter mit hochradioaktivem Atommüll aus dem englischen Sellafield nach Bayern zu transportieren. Bis Ende des Jahres muss der Prozess abgeschlossen sein, so hat es die Genehmigungsbehörde, das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung in Deutschland, kurz BASE, festgelegt.

Atomare Abfälle kommen aus Wiederaufarbeitung im Ausland

Laut Stefan Mirbeth von der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) handelt es sich um den Transport von atomaren Abfällen aus der Wiederaufarbeitung. "Bis 2005 war es gängige Praxis, dass abgebrannte Brennelemente aus den Kernkraftwerken in Wiederaufarbeitungsanlagen nach Frankreich oder England geliefert wurden. Die dortigen Abfälle müssen jetzt zurückgeführt werden."

Nach ihrem Einsatz in den deutschen Kernkraftwerken beinhalteten Brennelemente noch immer sogenannte Brennstoffreste, deren Aufarbeitung und Wiederverwendung lohnend war. Übrig blieben bei der Wiederaufbereitung aber auch radioaktive Abfälle, die nicht weiter verwertet werden konnten. Diese Abfälle wurden in einem speziellen Verfahren verglast. Seit 2005 ist in Deutschland der Transport in eine Wiederaufbereitungsanlage gesetzlich verboten.

Rechtliche Vereinbarungen: Zur Rücknahme des Atommülls verpflichtet

Die verglasten radioaktiven Abfälle müssen aus dem Ausland zurückgenommen werden. Dazu haben sich die Kraftwerksbetreiber und die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet.

Zwar sind es die ersten Castor-Transporte nach Bayern, die bevorstehen. Hochradioaktiver Atommüll liegt im Freistaat jedoch schon lange, untergebracht in Zwischenlagern auf den Arealen der früheren Kernkraftwerke Gundremmingen, Grafenrheinfeld und Isar. Am Standort Isar, dem Ziel von Bayerns ersten Castor-Transporten, sind laut der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung derzeit 88 Castor-Behälter eingelagert.

Weil das Kernkraftwerk Isar 2 erst vor knapp zwei Jahren im Zuge des Atomausstiegs abgeschaltet wurde, liegen dort noch immer Brennelemente im Abklingbecken des Reaktorgebäudes. Auch sie werden voraussichtlich Ende des Jahrzehnts ins Zwischenlager gebracht.

Im Video: Die Wege des deutschen Atommülls

Erklärvideo: Die Wege des deutschen Atommülls
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Erklärvideo: Die Wege des deutschen Atommülls - Wie der Transport abläuft

Transporte mit hohem Aufwand verbunden

Laut der Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS), die den Transport übernehmen wird, werden die jeweils mehr als 100 Tonnen schweren Behälter zunächst per Schiff in einen deutschen Hafen gebracht – welcher genau, bleibt geheim. Anschließend geht es mit dem Zug durch die gesamte Bundesrepublik bis nach Niederbayern. Für die Sicherheit ist die Bundespolizei in Zusammenarbeit mit den Ländern verantwortlich.

Innenminister Herrmann geht nicht von größeren Protesten aus

Der Sicherheitsaufwand hänge in erster Linie damit zusammen, "wie viele Probleme, Störungen oder dergleichen es geben wird", erklärt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) im BR-Interview. "Erst dann, wenn ein Datum genau feststeht und wir dann auch Anzeichen haben, ob es Störungen und Demonstrationen gibt, kann konkret festgelegt werden, wie der Polizeieinsatz genau aussieht", so Herrmann.

Er selbst gehe nicht von größeren Störaktionen aus. Die Reste aus der Wiederaufbereitung würden vereinbarungsgemäß nach Deutschland geliefert. "Wir können jetzt nicht so tun, als ob wir damit nichts zu tun hätten", so der Innenminister.

Castor-Transporte betreffen vor allem die Standortkommunen

Auch wenn der Zug mit den Behältern hunderte Kilometer durch Deutschland rollt, werden voraussichtlich nur zwei Gemeinden verstärkt durch die Castor-Transporte betroffen sein: die Gemeinde Niederaichbach, auf deren Gebiet das Zwischenlager liegt, und die Gemeinde Essenbach, dort liegt der Großteil des stillgelegten Kernkraftwerksgeländes.

Im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk erklärt Essenbachs Bürgermeister Dieter Neubauer (CSU), er stelle sich auf keine größeren Vorkommnisse ein. Die Region sei an das Thema Atomkraft gewöhnt, Reaktionen erwarte er eher von außen, so Neubauer: "Mit größeren Demonstrationen, wie wir sie von früher aus Gorleben kennen, rechne ich aber nicht."

Durch die Castor-Transporte kann es zu Einschränkungen kommen, etwa durch vorübergehende Straßensperren oder erhöhte Polizeipräsenz. Am 24. März ist eine Informationsveranstaltung in der Veranstaltungshalle Eskara in Essenbach geplant. Davor ist dementsprechend auch nicht mit den Castor-Transporten zu rechnen.

Im Video: Castor-Transporte - Atommüll kommt nach Niederbayern

Erstmals muss Bayern hochradioaktiven Atommüll zurücknehmen - aus der britischen Wiederaufbereitungsanlage Sellafield.
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Erstmals muss Bayern hochradioaktiven Atommüll zurücknehmen – aus der britischen Wiederaufbereitungsanlage Sellafield.

Dieser Artikel ist erstmals am 28. Februar 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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