Eigentlich sollte in sechs Jahren klar sein, an welchem Ort ein Endlager für den deutschen Atommüll gebaut wird. Das Jahr 2031 steht als Zieldatum im Standort-Auswahlgesetz von 2017. Inzwischen geht die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) jedoch davon aus, dass der Standort frühestens 2046 feststeht. Andere Schätzungen reichen bis in die 2070er-Jahre.
Endlagersuche muss schneller gehen
Das muss schneller gehen, sind sich die Beteiligten am Forum Endlagersuche in Würzburg einig – der jährlich stattfindenden zentralen Veranstaltung zur Öffentlichkeitsbeteiligung in dem Suchverfahren. Die Beschleunigung wäre wichtig, um aus Zwischenlagern an Atomkraft-Standorten wie Gundremmingen, Isar oder Grafenrheinfeld keine Quasi-Endlager zu machen. "Schnelligkeit ist auch sicherheitsrelevant für die Zwischenlager", sagt Gerrit Niehaus vom Bundesumweltministerium.
Schweizer: Schnell auf die besten Gebiete konzentrieren
Die Schweiz hat es geschafft, den Standort für ihr Atommüll-Endlager innerhalb von 15 Jahren (2008 bis 2022) zu finden. Tim Vietor von der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (NAGRA) in der Schweiz nennt einen wesentlichen Faktor, wie dieser schnelle Erfolg möglich war: "In der Schweiz war es so, dass wir uns sehr früh auf wenige Gebiete fokussiert haben." Am Ende gehe es ja nur darum, den bestmöglichen Platz für ein Endlager zu finden. Alle Gebiete, die keine Chancen auf Platz eins haben, könne man deshalb frühzeitig aussondern. Der Deutsche Niehaus pflichtet bei: Es sei nicht sinnvoll, "mit ins letzte Detail gehendem Aufwand zu begründen, warum man C- und D-Gebiete nicht nimmt".
Zu viele Suchregionen verschlechtern das Verfahren
Die Schweiz legte sich für die Endphase ihrer Standortsuche frühzeitig auf nur drei Regionen fest, die genauer untersucht wurden. Wenn man mehr Gebiete untersuche, dann dauere das nicht nur länger, sondern es leide auch die Qualität der Arbeiten und die Intensität der Öffentlichkeitsbeteiligung, so der Schweizer Endlager-Experte.
Nicht alle Gesteine bei zum Ende untersuchen
Allerdings ist die Schweiz kleiner. Für Deutschland ist der Auswahlprozess komplexer. Der Rat des Schweizers an Niehaus: "Wenn man so eine große Auswahl wie in Deutschland hat, früh damit auseinandersetzen, welches Gestein geologisch am besten geeignet ist." Also: Nicht alle möglichen Wirtsgesteine Granit, Salz und Ton bis zum Ende im Verfahren behalten, sondern schneller entscheiden, welche Gesteinsarten man aussortieren kann.
Deutsche Entsorgungskommission: Granit wird es nicht
Das deckt sich mit einem Positionspapier der deutschen Entsorgungskommission (ESK) [externer Link], das vor einem Monat veröffentlicht wurde. Die vom deutschen Bundesumweltministerium berufenen unabhängigen Expertinnen und Experten empfehlen darin, sich schneller auf weniger Suchregionen zu konzentrieren. Ein entscheidender Punkt kommt Ende 2027: Dann schlägt die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) vor, welche sogenannten Standortregionen für ein Endlager vertieft untersucht werden sollen.
Bisher ging die BGE davon aus, dass es insgesamt zehn Regionen sein könnten, verteilt auf alle vorkommenden Wirtsgesteine. Die ESK dagegen schlägt vor, die Granitformationen schon jetzt auszuschließen und nicht mehr vertieft zu untersuchen, weil sie ein mögliches Endlager nicht wasserdicht abschließen würden. Deshalb müsste man sich für die Lagerung im Granit auf ein Behälterkonzept verlassen. Das wäre nach Ansicht der Experten weniger sicher als die Lagermöglichkeiten in anderem Gestein. Auch einen Teil der Salzformationen würde die ESK frühzeitig ausschließen, nämlich "steil stehendes Salz" wie im Salzstock Gorleben. Diese Gesteinsvorkommen weisen laut den Experten eine komplizierte Struktur auf und sind deshalb schwierig zu erkunden. Im Rennen für das deutsche Endlager blieben demnach nur Tongestein und flach liegende Salzformationen.
Bayern könnte dann schnell aus dem Rennen sein
Diesen Vorschlag umzusetzen, wäre allerdings politisch brisant. Denn damit würde sich die Endlagersuche in Deutschland frühzeitig auf Norddeutschland konzentrieren, wo solche Gesteine vorkommen. Bayern wäre aus dem Rennen. Die Entscheidung darüber wird letztlich der Bundestag treffen, der im Februar neu gewählt wird.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!