Rob Klint und Michael Schäfer stehen am einstigen Spitalseebunker in Schweinfurt vor dem Denkmal, das an die Opfer der Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg auf die Kugellagerstadt erinnert. Rob Klints Vater Bud war Pilot eines B17 Bombers. Michael Schäfers Vater Georg versuchte als junger Flakhelfer, die Flugzeuge vom Himmel zu holen. Auf die Frage, was er beim Anblick des Denkmals empfindet, sagt er: "Ich denke, dieses Denkmal steht für Hoffnung, wir können aufeinander wieder zugehen. Es ist ein großartiges Denkmal!".
- Zum Artikel "Geschichte zum Anfassen: Tag des offenen Denkmals"
"Black Thursday" in der US-Luftwaffen-Geschichte
Der 14. Oktober 1943 ging als "Black Thursday", also schwarzer Donnerstag, in die US-Luftwaffengeschichte ein. Von 291 Bombern wurden 60 abgeschossen – von der deutschen Flugabwehrkanonen - kurz "Flak" - oder von deutschen Kampfflugzeugen.
448 US-Piloten und Besatzungsmitglieder konnten aus ihren Maschinen abspringen und sich an Fallschirmen retten. Sie gingen kurz danach in deutsche Kriegsgefangenschaft. 159 US-Piloten und Besatzungsmitglieder starben während des Angriffs oder später in Internierungslagern.
Zufall bringt Menschen zusammen
Die Überlebenden versuchten ihre Traumata und ihre Trauer um Freunde und Kameraden gemeinsam zu verarbeiten. Sie gründeten eigene Organisationen. Eine hieß "Second Schweinfurt Memorial Association".
Als sich diese Gruppe vor Jahrzehnten in einem Hotel in New Orleans traf und vor dem Hotel ein Hinweisschild aufstellte, ging ein einstiger Schweinfurter Flakhelfer zufällig an dem Hotel vorbei. "Schweinfurt" auf dem Hinweisschild machte ihn neugierig. Er ging in das Hotel und fragte nach. Hier bekam er den Kontakt zu Bud Klint. Und dessen Telefonnummer gab er in Schweinfurt an Georg Schäfer weiter.
Telefonat über den großen Teich
Bei den Luftangriffen auf Schweinfurt sind hunderte Menschen am Boden gestorben. Das hat tiefe seelische Verletzungen hinterlassen. Georg Schäfer wollte auch seine Erlebnisse verarbeiten. Als 15- und 16-jähriger Schüler war er in den Stellungen und bekam hautnah mit, wenn Bomber abgeschossen wurden und sich die Besatzungen an Fallschirmen zu retten versuchten.
Irgendwann rief er Bud Klint in den USA an. Der fragte ihn, in welcher Bomber-Staffel er gewesen war. Georg Schäfer antwortete, dass er einer derjenigen gewesen sei, die versuchten hätten, ihn abzuschießen.
Bud Klint reagierte im ersten Moment überrascht. Im zweiten lud er Georg Schäfer kurzerhand für das nächste Treffen nach Las Vegas ein. Und Georg Schäfer flog in die USA. Mit seiner Frau, die die Luftangriffe auf Schweinfurt in schlimmster Erinnerung hatte.
Aus einstigen Feinden wurde Freunde
Ende der 1990er-Jahre kamen einstige US-Bomberbesatzungen nach Schweinfurt. Hier trafen sie die einstigen Schüler, die auf sie geschossen haben. Die Männer schlossen Freundschaft. Heute sind sie fast alle gestorben. Die Söhne von Bud Klint und Georg Schäfer aber pflegen die Freundschaft ihrer Väter bis heute weiter. Quasi als "vererbten Freundschaften".
Rob Klint war schon elf Mal in Schweinfurt. Auch seine Frau und seine Töchter waren schon hier. Michael Schäfer hat mit seiner Familie schon mehrfach Bud Klint besucht. Dass ihre Väter zusammengekommen sind – einstige "Feinde" – das ist für Michael Schäfer bis heute "eine verrückte Geschichte".
Rob Klint hat nun dem Stadtarchiv das Tagebuch seines Vaters in digitaler Form überlassen: "Wir haben nicht gewusst, wie viel Angst er hatte. Aber ich denke, mein Vater wollte nie Menschen verletzten, aber es war ein Teil des Krieges", sagt Rob. Und Michael Schäfer nickt.
Luftangriffe auf Schweinfurt wegen Kugellagerindustrie
Ziel der Alliierten in Schweinfurt war die Kugellagerindustrie. Die war wichtig für die Rüstungsindustrie. Bekommt die keinen Nachschub, dann geht der Krieg eher zu Ende, hofften die Alliierten.
Die Geschichte der Luftangriffe auf Schweinfurt ist auch digital anhör- und ansehbar: Es gibt eine App mit dem Namen "Bomben auf Schweinfurt". Die kann man beispielsweise auf dem Smartphone herunterladen.
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