Von außen ist es eine einfache Holzhütte vor der Kirche im schwäbischen Diedorf. Aber drinnen liegen dicke Teppiche am Boden, in der Ecke steht eine Pharaonen-Figur und auf einem Schränkchen eine Bibel. Außerdem gibt es Schlösser - sehr viele Schlösser. Bei der Hütte handelt es sich um einen etwas anderen Escape Room, den die evangelische Kirchengemeinde aufgebaut hat. Jedes Schloss steht für ein Rätsel, das gelöst werden muss.
Die Flucht der Israeliten aus Ägypten als Escape Room
Escape Rooms sind derzeit beliebt. Menschen lassen sich in einem Raum einsperren und müssen Rätsel lösen, um wieder herauszukommen. Oft sind das Kriminalfälle. In Diedorf ist das etwas anders: Das Ziel hier ist nicht nur, wieder herauszukommen, sondern auch, dabei den Exodus, den Auszug der Israeliten aus Ägypten vor 3.000 Jahren, nachzuvollziehen. Davor gab es Rätsel-Wege zum Thema Martin Luther und DDR. Diese besonderen Escape-Rooms, die zugleich Bildung vermitteln sollen, hat in diesem Jahr die Bayerische Landeskirche gewürdigt: Der Escape Room in Diedorf ist mit dem Ehrenamtspreis ausgezeichnet worden.
Heute versuchen die beiden 15-jährigen Gemeindemitglieder Cindy und Sina die Rätsel zu knacken. Unterstützung bekommen sie vom Diedorfer Pfarrer Alan Büching. Als die Mädchen aus einer Kiste einen Stab herausholen, weiß er gleich Bescheid: "Deswegen gibt es den Zauberstab. Der kommt eigentlich aus der Bibel."
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"Auch Menschen Freude machen, die nicht in die Kirche gehen"
Als die Mädchen auf den Stab drücken, ertönen aus einer Box im Raum die Worte: "Ich kenne deinen Gott nicht." Das sagt der Pharao in der Bibel zu Mose, als er ihm verweigert, die Israeliten aus der Knechtschaft ziehen zu lassen. Eine Sackgasse? Nein. Für die zehn Plagen, die Gott zur Strafe über Ägypten bringt, stehen im Spiel symbolisch lange Nägel. Die piesacken den Pharao – und öffnen den Rätselnden das nächste Schloss.
Ausgedacht haben sich die Aufgaben die Diedorfer Gemeindemitglieder Christa und Lutz Papke: "Wir sehen es ein bisschen als einen Dienst an den Menschen, die jetzt nicht in die Kirche gehen. Also die Freude – das macht uns Freude und den anderen."
Bayerische Landeskirche würdigt Projekt mit Ehrenamtspreis
Es ist schon der dritte Escape Room, den das Ehepaar Papke für die evangelische Gemeinde gestaltet hat. Vorher ging es um Luther und die DDR. Die beiden überlegen sich Themen, Rätsel und Gimmicks wie den Zauberstab: "Das ist was Pädagogisches, was Gruppenverbindendes, natürlich lernt man auch was über die Geschichte und eigentlich ist es gut, sowas Modernes hier in der Kirchengemeinde zu haben", sagt Christa Papke. "Das peppt halt eine Kirche einfach ein bisschen auf."
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