An Integration sei erst gar nicht zu denken: Angesichts der stark steigenden Flüchtlingszahlen haben die 71 bayerischen Landrätinnen und Landräte einen dringenden Appell an die Bundesregierung gerichtet. Die Unterbringungs- und Versorgungskapazitäten seien vielerorts erschöpft, schrieb der bayerische Landkreistag am Freitag in einer Mitteilung. In allen Bereichen, von der Gesundheitsversorgung bis zur Kinderbetreuung, sei die Situation extrem angespannt.
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"Konsequente" Strategien: Was die Landräte vom Bund fordern
"Die bayerischen Landkreise fordern konsequente Einwanderungsstrategien für Europa, Deutschland und Bayern, die auf einer strikten Trennung zwischen Asyl, Flucht und regulärer Migration aufbauen", sagte der Präsident des Bayerischen Landkreistags, Thomas Karmasin, laut Mitteilung. Illegaler Zustrom müsse begrenzt und gesteuert werden. Seit einem Jahr verschließe der Bund Augen und Ohren, anstatt Lösungen zu liefern.
Die Landräte forderten auch die konsequente Rückführung nicht aufenthaltsberechtigter Ausländer und eine lückenlose Grenzsicherung durch die Bundespolizei. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) müsse die Flüchtlingspolitik "endlich" zur Chefsache machen und einen neuen Kurs einschlagen.
"Notfallmodus beenden": Kommunen benötigen Unterstützung vom Bund
Karmasin plädierte für eine bessere Unterstützung der Kommunen bei der Unterbringung, Versorgung und Integration durch den Bund. Nur so könne "der fortwährende Notfallmodus beendet und ein geordnetes Verfahren für die Menschen und die Kommunen" ermöglicht werden.
"Menschen, die vor einem Krieg flüchten und deren Leben in der Heimat bedroht ist, müssen in Europa echten Schutz finden können und nicht aufgrund einer fehlgeleiteten Migrationspolitik in einer Turnhalle auf engstem Raum und bedroht von Krankheitsausbrüchen ihr Dasein fristen", sagte der Verbandspräsident weiter.
Landräte wissen nicht mehr weiter
Rita Röhrl, SPD-Landrätin in Regen berichtet BR24, dass auch bei ihr in Niederbayern die Stimmung längst gekippt sei. "Die Menschen nehmen nicht mehr unwidersprochen hin, dass abgelehnte Asylbewerber ohne jede Bleibeperspektive in Deutschland sind. Und das kann man entweder durch schnellere Asylverfahren lösen, und das muss man lösen, oder man sortiert bereits an der Grenze aus. Und darum sind die Grenzkontrollen so wichtig", so Röhrl.
Dem Miltenberger Landrat Jens Marco Scherf (Grüne) bleibt vermutlich demnächst nichts anderes mehr übrig, als Notunterkünfte zu reaktivieren. "Wir arbeiten am Limit, wir müssen seit Januar wöchentlich etwa 25 Geflüchtete bei uns aufnehmen, weil die Verfahren noch immer sehr lange dauern und auch diejenigen, die dann anerkannt sind, nicht aus den Unterkünften ausziehen können", klagt Scherf.
"Weil der Wohnraum fehlt, müssen wir de facto jede Woche fast 25 neue Plätze schaffen. Wir haben mittlerweile etwa 80 Unterkünfte im Landkreis Miltenberg und laufen jetzt einfach Gefahr, in den nächsten Tagen wieder unsere Notunterkunft reaktivieren zu müssen." Das wären die Turnhallen zweier Schulen, die schlechteste Möglichkeit für Flüchtlinge und Gemeinde, so der Miltenberger Landrat.
Mit Informationen von epd und dpa
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