Bald kommen sie hoffentlich in Scharen: Die Vögel, die nur einen Rastplatz auf ihrem Vogelzug brauchen, genauso wie die, die hier am Altmühlsee ihre Jungen aufziehen. Denn am Altmühlsee liegt eines der größten und artenreichsten Vogelbrut- und Zuggebiete Süddeutschlands. Um all diesen Vögeln, aber auch Kühen und Ziegen, die dort leben, ideale Bedingungen zu bescheren, war deshalb Großreinemachen auf der Vogelinsel angesagt – dort, wo normalerweise ein absolutes Betretungsverbot gilt. Nur ausnahmsweise durfte BR24 die Helfer bei ihrer Arbeit begleiten.
- Zu Artikel: Milder Februar – Vögel brüten früher
Mit Motorsense, Gummistiefel und Helm bewaffnet, zogen eine Handvoll Natur- und Vogelschützer auf die Vogelinsel im Altmühlsee. Ihr Ziel: mehr offene Flächen für Vögel, Ziegen und Kühe im Frühjahr. Es geht um mehr Platz und mehr Insekten für die rund 300 Vogelarten, die hier landen. Einer der Anpackenden: Claus Rammler von der Regierung Mittelfranken. Er ist für die Naturschutzgebiete und die Weideflächen auf der Hauptinsel zuständig. Er möchte, dass ein drei Meter hoher Schilfwald abgemäht wird, denn für das Schilf interessierten sich die Kühe nicht, so Rammler: "Würden Sie das dürre Zeug, dieses holzige Zeug fressen wollen als Kuh? Ich nicht." Die Kühe könnten zwar gut Zellulose verdauen, erklärt der Fachmann, "aber sie müssen mal auf so einem Schilfhalm rumbeißen. Ich glaube, das schmeckt der Kuh nicht."
Win-Win-Situation: Weidetiere nutzen Wiesenbrütern
Der Schilfwald trenne zwei Teile von dieser Vogelinsel, von dieser Weidefläche. Und damit die Weidetiere von links nach rechts und von rechts nach links wechseln können, wird durch das Schilf eine Schneise geschnitten, die dann von den Rindern und Ziegen genutzt werde. Dadurch soll im Laufe der Zeit das Schilf zurückgedrängt werden. Und davon haben dann auch die hier brütenden Vögel etwas, erklärt Sebastian Amler vom Landesbund für Vogelschutz in Weißenburg-Gunzenhausen: "Wir haben, und das ist ja das Wertgebende hier auf der Vogelinsel, auch sehr seltene Vögel. Und diese seltenen Vögel, Wiesenbrüter unter anderem, die da vorbei kommen, mögen es offen." Deswegen habe man auf der Insel eine Beweidung, um auch diese Strukturvielfalt zu fördern und zu optimieren. Und um wiederum die Beweidung zu optimieren, brauche es Einsätze von Freiwilligen, die zum Beispiel das Schilf teilweise beseitigen.
Freiwillige im Einsatz
Bei ihrer Arbeit sind die Natur- und Vogelschützer auch auf die Wetterlage angewiesen. Und weil das wochenlang nicht mitgespielt hat, hatten sie es bei ihrem Einsatz eilig und mussten in wenigen Stunden viel schaffen. Denn der Lärm stört auch die aktuellen Wintergäste, die Blässgänse. Die sind auch die Menschen nicht gewohnt, denn normalerweise gilt auf dem 70 Hektar großen Wiesen- und Wasserareal ein absolutes Betretungsverbot.
Kuhfladen als wichtige Basis für Vogel-Nahrung
Derzeit sind weit und breit auch keine Kühe und Ziegen zu sehen. Die tierischen Hecken- und Wiesenpfleger sind erst im Mai wieder im Einsatz. Allerdings sind ihre Hinterlassenschaften noch zu finden und die sind für die Vögel hier wichtiger als viele glauben. Die Kuhfladen werden von Claus Rammler ganz genau inspiziert, denn darin legen auch Fliegen ihre Eier ab, die Larven kriechen später durch den biologischen Restmüll, und sind am Ende Futterquelle für alles, was hier kreucht und fleucht. Besonders wertvoll sind für Claus Rammler die Kuhfladen. Eine 650 Kilo schwere Kuh produziere etwa eine eine Tonne Mist oder Kuhfladen pro Monat. Aus der Tonne könne man ganz vorsichtig geschätzt, 100 Kilo Insektenmasse erzeugen. Dieser werde von den Vögeln gefressen "und dann haben wir zehn Kilo Vogelmasse, das sind 20 Brachvögel pro Monat", rechnet der Naturschützer vor.
Alles vorbereiten für die Vogelwelt
Schnepfen stolzieren derweil auf der anderen Seite des Schilfwaldes herum. Dort kämpfen sich gerade vier Männer und Frauen mit Garten-Hacken ab. Weißdornsträucher haben sich über die ganze Weide ausgebreitet. Die sind zwar noch klein, müssen aber weg. Die Ausbreitung funktioniert ganz natürlich, schildert Andreas Lebender vom Wasserwirtschaftsamt Ansbach: "Wir sehen hier schon die Mutterbäume, die sind natürlich im Herbst voller Beeren. Und die Vögel fressen die Beeren, dann gehen die durch den Verdauungstrakt, und hinten kommt der Samen wieder raus und der liegt dann hier auf der Fläche und dann keimen die Weißdorne."
Auf dem insgesamt 200 Hektar großen Naturschutzgebiet Vogelinsel wirkt der Frühjahrsputz wie eine kleine kosmetische Veränderung – aber die soll in dem Ökosystem deutliche Verbesserung bringen. Und davon sollen auch die Störche profitieren. Die ersten brutwilligen stehen mit ihrer Nachwuchsplanung nämlich schon parat. Und auch für alle anderen Vogelarten soll der Tisch auf der Vogelinsel in ein paar Wochen reich gedeckt sein – dazu sollen die Arbeiten jetzt beitragen.
- Zu Artikel: Streit um Wiesenbrüter-Schutzgebiet
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