Das Landesamt für Umwelt und der Landesbund für Vogelschutz sind sich einig: In den nächsten Jahren ist zu befürchten, dass die Uferschnepfe in Bayern ausstirbt. Schlecht steht es ebenfalls um die Bekassine oder den "Vogel des Jahres 2023", das Braunkehlchen. Die Bestände der Wiesenbrüter-Arten in Bayern sind in den vergangenen Jahren weiter zurückgegangen.
Naturschützer spüren Vögel mit Drohnen auf
Deshalb wird sogar versucht mit Drohnen ihre Gelege aufzuspüren und sie vor dem Tod durch landwirtschaftliche Maschinen zu schützen. Auch das Ergebnis einer groß angelegten Zählung des Landesamtes für Umwelt (LfU) und des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) bestätigt, dass der Bestand vieler Wiesenbrüter gefährdet ist.
450 Ehrenamtliche haben dafür 200.000 Hektar Wiesenbrüter-Gebiet in Bayern untersucht. Die Daten will das LfU am Freitag in einem Wiesenbrütergebiet bei Oberndorf (Lkr. Donau-Ries) vorstellen. Sie liegen dem BR bereits vor.
"Große Bedenken bei Wiesenbrütern"
"Die Wiesenbrüter sind für uns - nach wie vor - die Sorgenkinder im Artenschutz. Insgesamt haben wir große Bedenken, was das Überleben der Wiesenbrüter in Bayern angeht", sagte Norbert Schäffer, Vorsitzender des LBV in einem Gespräch mit dem BR. Die Zahl der Kiebitz-Brutpaare ist um 14 Prozent gesunken. Beim Braunkehlchen gibt es einen Schwund von rund einem Fünftel – im Vergleich zu 2015.
Die neue Zählung fand schon 2021 statt. Jetzt hat das LfU die Daten ausgewertet und in einer Veröffentlichung zusammengefasst. Schon seit 1980 gibt es in Bayern die Wiesenbrüter-Zählung, meist in Abständen von sechs bis acht Jahren.
Positiv-Beispiel in Ostbayern, Rückschläge in der Mitte Bayerns
Positiv sei die Entwicklung der Wiesenbrüter jedoch zum Beispiel in der Regen-Talaue in Ostbayern, heißt es beim LBV. Besonders schlecht sehe es im Altmühltal oder im Donaumoos bei Ingolstadt aus.
Laut dem LBV hat der Rückgang der Wiesenbrüter vor allem mit fehlendem Lebensraum zu tun. Die meisten dieser Vogelarten seien auf Feuchtwiesen angewiesen. Dort brüten sie auf dem Boden und suchen im feuchten Erdreich nach Insekten und Würmern.
Brachvogel scheitert mit Schnabel an ausgetrocknetem Boden
Viele Wiesen seien nach wie vor über Drainagen trockengelegt, dazu kämen die trockenen Sommer durch den Klimawandel, sagte der LBV-Vorsitzende Schäffer dem BR. Wenn der Boden austrockne, hätten zum Beispiel Brachvogel und Uferschnepfe mit ihren langen Schnäbeln schlicht das falsche Werkzeug bei der Futtersuche, um im harten Boden zu stochern.
So habe sich die Zahl der Brachvögel zwar stabilisiert, aber die Vögel hätten kaum noch Bruterfolg. "Die Jungvögel verhungern regelrecht", so Schäffer. Auf den ausgetrockneten Flächen schafften es die Brachvögel nicht mehr, genug Futter für sich und ihren Nachwuchs zu finden. Nur weil die Vögel sehr alt würden, gehe die Anzahl zurzeit noch nicht zurück.
Drohne und Wärmebildkamera zur Bestandskontrolle
Im Nördlinger Ries werden die Brachvögel besonders geschützt: Jedes einzelne Gelege in den Wiesen wird eingezäunt. Zum Schutz vor dem Fuchs und damit Bauern wissen, wo sie nicht mähen sollten.
Lara Müller ist hier die Gebietsbetreuerin. Ihre Arbeit wird vom Landkreis Donau-Ries und Naturschutzvereinen bezahlt. Mit Hightech überprüft sie jetzt im April regelmäßig die Gelege: Mithilfe einer Drohne und Wärmebildkamera ist zu erkennen, wie viele Eier die Brachvögel legen und ob die Brut erfolgreich ist.
Wiesen später mähen und wiedervernässen
Laut dem Landesamt für Umwelt sind für den Arterhalt der Wiesenbrüter weitere Anstrengungen nötig. Die Vögel bräuchten offene Landschaft, die hierzulande meist intensiv landwirtschaftlich genutzt werde, teilte ein Sprecher des LfU dem BR mit. Würden Wiesen später im Jahr das erste Mal gemäht, würde das den Wiesenbrütern helfen. Auch eine Verbesserung des Wasserhaushalts - sprich: eine Wiedervernässung von Wiesen - sei eine weitere wichtige Maßnahme.
LBV fordert mehr Geld für Bäuerinnen und Bauern
Norbert Schäffer vom LBV sagte dem BR: "Wir machen den Landwirten keinen Vorwurf!" Stattdessen bräuchte es bessere Angebote, damit sich eine weniger intensive Bewirtschaftung der Flächen auch finanziell lohne. Den Bauern müsse ein ausbleibender Gewinn nicht nur erstattet werden, sondern die Landwirte müssten dafür belohnt werden, wenn sie sich um die Wiesenbrüter kümmerten.
Trockengefallene Wiesen, die wieder vernässt werden, speichern außerdem viel CO2. So sei Wiesenbrüterschutz auch Klimaschutz und umgekehrt, so Norbert Schäffer vom LBV.
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