Im historischen Flughafentower in München-Riem wurde jetzt das Konzept für einen Gedenkort vorgestellt. Dieser soll an den Anschlag erinnern, den Mitglieder einer palästinensischen Terrororganisation dort am 10. Februar 1970 auf ein israelisches Flugzeug verübt haben. Ein Mensch kam dabei ums Leben, neun weitere wurden teils schwer verletzt.
Terroristen warfen Sprengkörper
Die Attentäter – mutmaßlich jordanisch-stämmige Unterstützer einer palästinensischen Terrororganisation - wollten eigentlich eine israelische Maschine während der Zwischenlandung entführen. Sie drangen über den Transitbereich gewaltsam auf das Rollfeld vor und warfen Sprengkörper auf Fluggäste und Sicherheitskräfte.
Lebensretter musste sterben
Der 32-jährige Passagier Arie Katzenstein aus Tel Aviv starb, als er sich auf einen der Sprengsätze in einem Transferbus warf und damit vielen das Leben rettete. Zu den Verletzten gehörten auch Katzensteins Vater Heinz, der einst vor den Nazis aus Deutschland geflohen war, und die deutsch-israelische Schauspielerin Hanna Maron.
Emotionale Tage für Hinterbliebene
Arie Katzenstein hatte mit seiner Frau mehrere Jahre in München gelebt und auch hier studiert. Das erste seiner drei Kinder – Tochter Miki – wurde in der Stadt geboren. Miki Dror und ihr Bruder Ofer Katzenstein sind nun zur Vorstellung des Gedenkort-Konzepts gekommen. Sie seien sehr bewegt, es seien wirklich emotionale Tage, sagten sie.
Gedenkort mit Skulptur
Zentrales Element des künftigen Gedenkorts vor dem alten Tower wird eine mehr als acht Meter hohe Skulptur sein, geschaffen von der international renommierten Künstlerin Alicja Kwade. Als Modell ist es bereits in Riem zu sehen: Drei ineinander versetzte stählerne Rahmen fassen bronzene Ziffernblätter ein, die an die frühere, heute nicht mehr vorhandene Uhr am Tower erinnern. Sie zeigen die Zeiten der Detonationen an.
Auch Arie Katzensteins Name wird dort verewigt. Ihr Vater sei lebenslustig, gesellig und sportbegeistert gewesen, berichteten seine Kinder. Sicher hätte er sich gefreut über das, was in Riem entstehen soll: ein Ort, an dem sich viele Menschen gerne aufhalten, um sich zu informieren, und an dem auch Kunst vermittelt werde.
Unternehmen mit "historischem Gedächtnis"
Umgesetzt wird das Projekt von der Stadt München und dem Medizintechnikunternehmen Brainlab, das den Gedenkort an seinem heutigen Firmensitz auf dem ehemaligen Flughafen Riem größtenteils finanziert. Unternehmen müssten sich auch um das historische Gedächtnis kümmern, findet CEO Stefan Vilsmeier. Und Kunst sei "eine perfekte Brücke, um sich mit Geschichte auseinanderzusetzen".
Anschlag war "keine isolierte Aktion"
Ergänzend will das Münchener Kulturreferat mit Ausstellungen über das Attentat und seine Hintergründe informieren. Der Anschlag sei "keine isolierte Aktion" gewesen, betonte Kulturreferent Anton Biebl bei der Vorstellung des Gedenkort-Konzepts. So seien zum Beispiel noch im gleichen Monat Anschläge auf ein jüdisches Altenheim in München und auf ein Flugzeug verübt worden, das aus der Schweiz nach Tel Aviv fliegen sollte. Das Paket mit der Bombe sei in München aufgegeben worden.
Vorboten des Olympia-Attentats?
Der Kulturreferent fragt sich deshalb auch: Hätte man sich vor diesem Hintergrund anders auf die Olympischen Spiele 1972 vorbereiten müssen? Für die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) hätte der Anschlag in Riem den deutschen Behörden jedenfalls schon damals deutlich machen müssen, "dass der arabisch-palästinensische Terror Juden auf der ganzen Welt treffen kann". Bei dem Attentat während der Olympischen Spiele in München kamen elf Mitglieder der israelischen Mannschaft und ein Polizist ums Leben.
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