Den Anschein einer militanten Chaotin macht Maja Winkelmann nun wirklich nicht. Im Gegenteil: Die Nürnbergerin wirkt eher zurückhaltend, fast brav. Die 23-Jährige hat gerade ihr Design-Studium abgeschlossen und zuvor eine Ausbildung zur Veganen Ernährungsberaterin absolviert. Doch die Klimakrise bewegt sie seit langer Zeit und sie betont, dass es einen Zusammenhang zwischen Lebensmittelverschwendung und CO2-Ausstoß gebe. Deswegen will sie die den Druck auf die Bundesregierung erhöhen. Die Regierung solle ein Gesetz schaffen, das große Supermärkte zu Lebensmittelspenden verpflichtet. Dafür hat Maja Winkelmann erstmals an einer Straßenblockade teilgenommen.
Geplante Autobahnblockade wird zu Straßenblockade
Ursprünglich hatten die Aktivisten vom Bündnis "Letzte Generation" eine Autobahnblockade bei München geplant, diese musste aber wegen eines Coronafalles abgesagt werden.
Stattdessen hatten am Dienstagvormittag acht Aktivisten aus Bayreuth, Nürnberg und München eine Kreuzung der Bismarckstraße - eine Einbahnstraße nahe der Bayreuther Luitpoldschule - gesperrt und Flugblätter an Autofahrer verteilt. Die Folge: Die Autofahrer drehten einfach herum, fuhren rückwärts oder über den Fußgängerweg an der Blockade vorbei. Nach etwa einer halben Stunde wurde die Aktion abgebrochen. Der Großteil der Autofahrer zeigte kein Verständnis für die Blockade.
"Die haben doch einen Schlag. Wenn ich da vorne stehen würde, würde ich die einfach zur Seite schieben." Eine Busfahrerin in Bayreuth
Einige wenige Verkehrsteilnehmer solidarisierten sich mit der Forderung der Aktivisten nach einem Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung. Nach Auskunft von "Letzte Generation"-Sprecher Luca Thomas war dies die einzige Aktion in Bayern an diesem Tag.
Wochenlange Vorbereitung
Dass Maja Winkelmann im Vorfeld der Aktion ein wenig mulmig zumute gewesen ist, sah man ihr an. Doch sie ist von ihrer Sache überzeugt und hat sich deswegen gemeinsam mit ihren Mitstreitern darauf vorbereitet. Vor allem darauf, dass sie auch mit Gewalt konfrontiert werden könnte, etwa von Autofahrern, die keinerlei Verständnis für die Blockade aufbringen. Dabei ist es keinesfalls ihr Ziel, dem einzelnen Autofahrer zu schaden, betont sie.
Besteht ein Zusammenhang zwischen Supermärkten und Straßen?
Doch was hat die Blockade von Straßen mit der Lebensmittelverschwendung in Supermärkten zu tun? Dass sowohl das eine als auch das andere beim Thema Klimaschutz ein Problemfeld ist, liegt für die Aktivistinnen und Aktivisten auf der Hand. Vor allem sei die Blockade einer Autobahn aber eine Störung, die die nötige Aufmerksamkeit erlangen könne, um die Bundesregierung zum Handeln zu zwingen.
Unterstützung durch Jesuitenpater Jörg Alt
Zumindest moralische Unterstützung erhalten die Demonstranten durch den Nürnberger Jesuitenpater Jörg Alt, der in jüngster Vergangenheit selbst mit Aktionen des zivilen Ungehorsams für Schlagzeilen gesorgt hatte. Alt hatte Ende vergangenen Jahres "containert", also Lebensmittel aus Müllbehältern "gerettet" und sich somit strafbar gemacht – denn rein juristisch handelt es sich dabei um Diebstahl. Weil dies angesichts von 800 Millionen hungernden Menschen in der Welt und 12 Millionen Tonnen Lebensmitteln, die in Deutschland jährlich weggeworfen werden, auf ihn absurd wirkt, hat Alt sich anschließend selbst angezeigt.
Alt: Autobahnblockade ist "geniale Wahl"
Wenn junge Menschen nun seine Ziele nach einem anderen Umgang mit Lebensmitteln unterstützen, tritt der Jesuitenpater gerne als Vermittler auf – auch wenn er einräumt, dass er anfangs Probleme mit der Idee von Autobahnblockaden hatte. Doch inzwischen hält er die Blockade von Autobahnen für eine, wie er sagt, "geniale Wahl": So könne symbolisch deutlich gemacht werden, dass "uns das ungebremste Weiter-So irgendwann an die Wand fahren lässt. Jetzt haben wir noch die Chance, umzusteuern. In einigen Jahren wird es zu spät sein", sagt Alt. Denn die kurzzeitige Störung durch die Blockierer stehe in keinerlei Verhältnis zu dem, "was uns bevorsteht, wenn wir jetzt nicht für das Klima handeln", betont der Pater. Wenn durch den Klimawandel immer häufiger "Bäume auf die Straßen fliegen, können wir nichts mehr verändern", ist Alt überzeugt.
Politiker warnen vor Autobahn-Blockaden
Auf wenig Verständnis dürfte diese Form des Protests dagegen bei der Bayerischen Staatsregierung stoßen. Dies machte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) Anfang Januar klar, nachdem Mitglieder der Querdenker-Szene am Autobahnkreuz München-Ost und bei Erlangen versucht hatten, den Verkehr lahmzulegen. Herrmann bezeichnete die Aktionen als "lebensgefährlich", "absolut inakzeptabel" und "schwere Straftaten". Auch Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) hält offenbar wenig von derartigen Blockade-Aktionen - auch wenn es um Ziele geht, die er selbst für legitim hält. Angesprochen auf Klimaschützer, die zuletzt in Berlin und anderswo immer wieder Straßen für ein "Essen-Retten-Gesetz" blockiert hatten, sagte der Grünen-Politiker: "Ich glaube, dass Straßenblockaden unserem gemeinsamen Ziel schaden".
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