Drei Frauen und ein Mann sitzen auf einer Bank.
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Im vergangenen Jahr hat Bayern bei der fairen Bezahlung von Frauen schlechter abgeschnitten, als die meisten anderen Bundesländer.

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Gender Pay Gap 2023: Bayern schneidet besonders schlecht ab

Heute ist deutschlandweit "Equal Pay Day". Die Aktion will darauf aufmerksam machen, dass Frauen in Deutschland knapp ein Fünftel weniger verdienen, als Männer. In Bayern ist die Differenz noch größer.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Frauen verdienen in Deutschland weniger als Männer. Das Phänomen heißt "Gender Pay Gap" und ist in Bayern nochmal stärker ausgeprägt als im bundesweiten Vergleich. Darauf macht das Bayerische Landesamt für Statistik mit Sitz in Fürth anlässlich des heutigen "Equal Pay Day" aufmerksam.

Die Kampagne, initiiert vom Familienministerium, will zeigen, wie frei Männer und Frauen ihre Zeit einteilen können. Denn: "Noch immer arbeiten Frauen fast dreimal so häufig in Teilzeit wie Männer, da meist Frauen den Großteil der Care-Arbeit übernehmen", heißt es auf der Website. Das sei ein Grund dafür, dass Frauen auch im Jahr 2023 18 Prozent weniger Geld verdient haben, als Männer. In Bayern waren es sogar 21 Prozent, erklärt das Bayerische Landesamt für Statistik mit Sitz in Fürth am Mittwoch. Laut dem Deutschen Gewerkschaftsbund Bayern (DGB) liegt Bayern damit auf dem vorletzten Platz unter den Bundesländern.

Theoretisch haben Frauen bis zum 6. März umsonst gearbeitet

Frauen verdienen im Freistaat laut DGB 5,61 Euro weniger als Männer. Oder, anders gerechnet: Frauen arbeiten im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen quasi 66 Tage ohne Vergütung. Deshalb fällt der "Equal Pay Day" in diesem Jahr auf den 6. März. In Bayern sind es sogar 77 Tage, erklärt das Landesamt – streng genommen wäre der landesweite "Equal Pay Day" also erst am 17. März. Der unbereinigte Gender Pay Gap ist sowohl in Bayern als auch in Deutschland im Vergleich zum Jahr 2022 unverändert geblieben.

Der um strukturelle Unterschiede zwischen den Geschlechtern bereinigte Gender Pay Gap – zum Beispiel hinsichtlich Qualifikation, Beruf und Arbeitserfahrung – beläuft sich im Freistaat im Jahr 2023 wie auch 2022 auf sieben Prozent. Deutschlandweit liegt der bereinigte Wert bei sechs Prozent und damit einen Prozentpunkt niedriger als im Vorjahr. Der unbereinigte Gender Pay Gap beziffert den prozentualen Unterschied zwischen dem durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von Frauen im Vergleich zu dem der Männer. Beim bereinigten Gender Pay Gap wird der Teil des Verdienstabstands herausgerechnet, der auf Strukturunterschiede zwischen den Geschlechtern zurückzuführen ist. Er misst somit die Verdienstlücke zwischen Frauen und Männern mit vergleichbaren arbeitsmarkt- und berufsrelevanten Eigenschaften.

Wieso verdienen Frauen weniger?

Als Ursachen für die ungleiche Verteilung der Gehälter nennt das Familienministerium verschiedene Ursachen. Im Kern gehe es um fünf Punkte:

1. Frauen arbeiten öfter in sozialen Berufen wie Krankenschwester oder Erzieherin. Die Stellen sind schlechter bezahlt und versprechen weniger Entwicklungsmöglichkeiten, als die sogenannten Männerberufe. Laut Ministerium beeinflussen Rollenstereotype die unterschiedliche Berufswahl stark.

2. Frauen und Männer arbeiten auf unterschiedlichen Hierarchiestufen. Laut Statistischem Bundesamt ist nur jede dritte Führungskraft eine Frau – immerhin Tendenz steigend. Anders als in den Chefetagen der Dax-Unternehmen: Dort waren laut Bericht der Allbright Stiftung im Jahr 2023 lediglich sieben der 160 Unternehmen von einer Frau als CEO geführt – im Jahr zuvor waren es noch neun.

3. Frauen arbeiten wegen der Familienplanung oder Pflege der Angehörigen weniger oder unterbrechen ihre Tätigkeit ganz. Das Familienministerium schildert: "Diese 'Fehlzeiten' und darauf folgende Einstiegshemmnisse haben lang nachwirkende Einbußen bei Lohn- und Einkommensentwicklung zur Folge."

4. Frauentypische Berufe werden schlechter bewertet und in der Folge auch schlechter bezahlt, als Männerberufe.

5. Gleiche Löhne könne es laut Ministerium nur geben, wenn die Arbeitnehmer transparent erfahren, was ihre Kolleginnen und Kollegen verdienen. Oft sei die Verteilung der Gehälter aber intransparent.

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg sieht noch einen weiteren Grund: "Ob und wie viel Frauen weniger verdienen als Männer, hängt sehr stark von den konkreten Beschäftigungsmöglichkeiten vor Ort ab", heißt es in einer Mitteilung. In Baden-Württemberg ist die Lohnlücke mit 26,6 Prozent am höchsten. Der Bodenseekreis sei stark vom Maschinenbau geprägt. Dort arbeite der Großteil der Männer in gut dotierten Berufen der Maschinenbau- und Betriebstechnik.

Was muss sich ändern?

Das Familienministerium setzt sich dafür ein, frauentypische Berufe besser zu bezahlen – und Berufe generell von Geschlechter-Stigmata zu lösen. Außerdem können die Unternehmen selbst viel für Gleichstellung tun, stellt eine Studie des IAB aus dem vergangenen Jahr fest. Der zufolge sei die ungleiche Bezahlung in Betrieben mit Gleichstellungsmaßnahmen kleiner als in Unternehmen ohne. Gezielte Förderung der Gleichstellung zeige also Wirkung. Zu den Maßnahmen in den Unternehmen zählen zum Beispiel Angebote der betrieblichen Kinderbetreuung oder die Unterstützung des weiblichen Nachwuchses – zum Beispiel durch ein Mentoring-Programm.

Außerdem sei es hilfreich, wenn Frauen bezüglich Zeit und Ort flexibel arbeiten können. Der Deutsche Gewerkschaftsbund Bayern (DGB) sieht zudem Tarifverträge als ein wichtiges Mittel zur Gleichstellung. "In Betrieben, die nach Tarif zahlen, erhalten Frauen durchschnittlich 3,70 Euro pro Stunde mehr als Frauen in nicht-tarifgebundenen Unternehmen", erklärt Verena Di Pasquale, stellvertretende Vorsitzende des DGB Bayern in einer Mitteilung.

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