Fünf Jahre hat der 52-jährige Robert Höckmayer vor Gericht für eine höhere Grundrente gekämpft. Am Sozialgericht München konnte jetzt ein Vergleich mit einem Vertreter des Freistaats geschlossen werden. Sein "Grad der Schädigung" wird von 50 auf 60 Prozent hochgestuft.
26. September 1980: Oktoberfestattentat
Das Datum werden viele nie vergessen: 26. September 1980. Damals detonierte am Haupteingang zum Münchner Oktoberfest eine Bombe. 13 Menschen - darunter der rechtsextreme Attentäter - kamen ums Leben. Über 200 Menschen wurden teils schwer verletzt. Zu ihnen gehört auch der damals zwölfjährige Robert Höckmayr. Noch immer leidet er an den Folgen des Anschlags – und noch immer kämpft er um die Anerkennung des Leids der Überlebenden und Hinterbliebenen, auch vor Gericht.
Mehr Grundrente für Opfer des Oktoberfestattentats
Robert Höckmayr, sein Anwalt sowie der Vertreter des Freistaats konnten sich ohne ein Urteil des Sozialgerichts München auf einen höheren "Grad der Schädigung" als Folge des Anschlags einigen. Damit bekommt der 52-jährige statt bislang knapp 300 Euro Grundrente im Monat ungefähr 100 Euro mehr. Für Robert Höckmayr geht es dabei auch um seine Altersabsicherung. Er hat wegen seiner körperlichen und psychischen Probleme nie einen richtigen Beruf erlernen können, Ursprünglich wollte er Feuerwehrmann werden. Er musste sich dann aber als Hilfsarbeiter durchschlagen. Seit 2009 ist er jetzt bei der Stadt München angestellt. Weil er später keine allzu hohen Rentenansprüche haben wird, ist das Geld aus der Grundrente, die er durch seine Behinderung bekommt, wichtig. Damit die aufgestockt wird mussten unzählige Gutachten vorgelegt und bewertet werden. Mit einer Entscheidung durch das Gericht, wäre der Ausgang ungewiss gewesen. Durch den Vergleich weiß Robert Höckmayr nun woran er ist.
Ein Leben voller Leid
Rober Höckmayr hat ein langes Leben voller Leid seit dem Anschlag 1980 hinter sich. Den damals Zwölfjährigen haben unzählige Splitter der Bombe getroffen, 30 sind noch immer in seinem Körper, obwohl er 42 Mal operiert worden ist. Er hat bis heute Probleme beim Gehen, mit dem Gehör, mit dem Rücken. Das alles sei in den letzten Jahren schlimmer geworden, sagt Höckmayr. Auch die psychischen Probleme wurden größer. Die Bombe auf dem Oktoberfest tötete damals zwei seiner vier Geschwister. Seine Eltern und zwei weitere Geschwister wurden schwer verletzt - sie haben sich später beide das Leben genommen.
Kampf um Anerkennung
Genau wie viele andere Überlebende des Oktoberfestattentats hat Robert Höckmayr bis heute das Gefühl, dass er mit seinem Schicksal nicht ernst genommen wurde, dass er eigentlich keinen, vor allem professionellen, Beistand bekommen hat nach dem Attentat. Vor Gericht sagte er, dass man ihn sogar als Simulant und Lügner hingestellt habe. Gutachter hätten seine Probleme auch einfach mit seiner Herkunft aus dem Münchner Hasenbergl erklärt, einer wenig angesehenen Gegend. Dass bei den bisherigen Bewertungen nicht alles optimal gelaufen ist, hat vor Gericht auch der Vertreter des Freistaats zugegeben.
Vielleicht nicht die letzte Gerichtsverhandlung
Mit dem heutigen Vergleich vor Gericht ist der Kampf um Gerechtigkeit für Robert Höckmayer womöglich noch nicht beendet. Es besteht die Möglichkeit, dass sich seine Leiden weiter verschlechtern. Dann könnte er mit seinem Anwalt einen "Verschlimmerungsantrag" stellen. Der Anwalt von Robert Höckmayer deutete bei der Verhandlung an, dass auch eine Klage auf Entschädigung denkbar wäre, weil sein Mandant zeitlebens weniger Geld verdient habe, als wenn er zum Beispiel seinen Traumberuf Feuerwehrmann hätte ausüben können. Das wiederum hätte auf die Altersrente Auswirkungen. Alles das müsste dann aber wieder belegt und berechnet werden.
Signalwirkung des Vergleichs für andere Terror-Opfer
Kristofer Herbers, Jugendsekretär des DGB in München betreut jedes Jahr die Gedenkveranstaltung zum Oktoberfestattentat. Er begleitet seit fünf Jahren das Verfahren um Robert Höckmayer. Er begrüßt das Entgegenkommen des Freistaats Bayern und den dadurch geschlossenen Vergleich "und dass eben nicht alles bis aufs Blut ausgefochten wurde". Es sei zwar vor Gericht um den Einzelfall Robert Höckmayer gegangen, aber es gehe auch um all die anderen Opfer des Attentats. Sie würden diesen Fall besonders genau beobachten wie mit Opfern von terroristischen Anschlägen umgegangen werde zum Beispiel auch mit den Überlebenden der Anschläge am Breitscheidplatz in Berlin oder in Hanau. Sie alle hätten eines gemeinsam: den Kampf gegen die Bürokratie, ein ewiges Bittstellertum und die Aufgabe "alles bis zu 30 mal zu belegen und das ist psychisch enorm belastend", sagt der DGB-Jugendsekretär.
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