Viehschau am 3. Mai 1933 auf dem Gelände der Allgäuer Tierzuchthalle. Zu diesem Zeitpunkt nutzte auch bereits die NSDAP das Gelände für Versammlungen.
Bildrechte: Stadtarchiv Kempten, Fotosammlung Alt-Kempten, Bd. X, 0755
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Viehschau am 3. Mai 1933 auf dem Gelände der Allgäuer Tierzuchthalle.

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Geschichtsprojekt: Die Allgäuer Landwirtschaft in der NS-Zeit

Geschichtsprojekt: Die Allgäuer Landwirtschaft in der NS-Zeit

"Butter, Vieh, Vernichtung" heißt ein neues Geschichtsprojekt in Kempten. Dabei geht es nicht etwa um die Butterberge aus den 1970er und 1980er-Jahren. Es geht um Nationalsozialismus und Landwirtschaft im Allgäu.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Unter dem Titel "Butter, Vieh, Vernichtung" soll ein Geschichtsprojekt die Beziehung von Landwirtschaft und Nationalsozialismus im Allgäu aufarbeiten. Finanziert wird das Projekt von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ). Die Ergebnisse sollen in einer Ausstellung in der Kemptener Kälberhalle zusammenlaufen. Seit 1931 wurde sie für Viehauktionen genutzt. Die Nationalsozialisten brachten im Zweiten Weltkrieg Zwangsarbeiter dort unter und funktionierten sie zum Außenlager des Konzentrationslagers Dachau um.

Zwangsarbeiter kommen an der Kälberhalle an

Markus Naumann vom Heimatverein Kempten erklärt den Bezug zur Landwirtschaft: Auf dem Gelände der Allgäuhalle, zu der die Kälberhalle gehört, habe sich die Landwirtschaft aus der Region getroffen. Hier hätten die Bauern ihr Vieh ge- und verkauft. Gleichzeitig seien hier auch die Zwangsarbeiter angekommen, um von den Ortsbauernführern auf die landwirtschaftlichen Betriebe verteilt zu werden. "Also die Zwangsarbeit in der Landwirtschaft lässt sich an diesem Ort ausstellungsmäßig schön veranschaulichen", sagt Naumann.

Nationalsozialistische Ideologie verfängt

Veronika Heilmannseder, eine der Organisatorinnen des Projekts, beschreibt, wie das Allgäu ab den 1920er Jahren als Zentrum der Milch- und Viehwirtschaft aufgebaut wurde. Diese Strukturen hätten den Nationalsozialisten in die Hände gespielt. Heilmannseder nennt Vorstellungen von Heimat, Hierarchie und der Funktionsweise einer bäuerlichen Familie mit dem Bauern als Oberhaupt. Die Verbindung von heimatlicher Tradition und Ideologie sei "ein Phänomen, das man hier wie unter einer Glasglocke sehr gut beobachten" könne.

Quellen aus der Region sollen sichtbar werden

Das Projekt ist offen gestaltet: Gemeinsam mit Künstlerinnen und Künstlern werden Workshops organisiert, um Menschen einzuladen, auf Spurensuche zu gehen. Mal mit musikalischen Mitteln – mal mit der Fotokamera – mal als Theaterstück. Veronika Heilmannseder hofft, im Laufe des Projekts an möglichst viele Quellen aus der damaligen Zeit zu kommen. "Wir sind froh, wenn jemand kommt und sagt, ich habe noch Fotos, Briefe oder Zeugnisse aus der Zeit, die zum Thema passen und wir damit einen unmittelbaren Blick in die NS-Zeit in unserer Region bekommen", betont Heilmannseder.

Ausstellung in Kempten im Herbst 2025

Aus Sicht der finanzierenden Stiftung EVZ ist "Butter, Vieh, Vernichtung" ein bundesweites Vorzeigeprojekt. Der Zeitplan ist ehrgeizig, der erste Fotoworkshop des Projekts startet Mitte November. Die Ausstellung mit den Ergebnissen aus den Workshops und der gleichzeitig laufenden wissenschaftlichen Aufarbeitung soll dann im nächsten Herbst in der Kälberhalle zu sehen sein.

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