Judith Gerlach (Archivbild)
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Wie will Judith Gerlach die großen Probleme der Kliniken und in der Pflege lösen? Seit vier Monaten ist die Unterfränkin Gesundheitsministerin.

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Gesundheitsministerin Gerlach: Zum Erfolg verdammt?

Gesundheitsministerin Gerlach: Zum Erfolg verdammt?

Seit vier Monaten ist Judith Gerlach bayerische Gesundheitsministerin. Sie hat riesige Aufgaben, aber eher wenig Geld zur Verfügung. Welche Akzente setzt die CSU-Politikerin? Ein Porträt.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Judith Gerlach hat mit ihren 38 Jahren schon eine bemerkenswerte politische Karriere hingelegt. Leicht aber hat die Unterfränkin es bislang nicht im Kabinett Söder: In der letzten Legislatur ernannte der Regierungschef sie zur Digitalministerin. Ein Mega-Thema. Aber der mit Abstand kleinste Etat. Vor genau vier Monaten dann, am 8. November, übernahm Gerlach das Gesundheitsministerium von Klaus Holetschek. Wieder steht sie einem Haus vor, das Mammutaufgaben mit vergleichsweise wenig Geld bewältigen muss: Gesundheit, Pflege, Krankenhäuser, Prävention.

Mega-Themen, Mini-Etat

Gut 900 Millionen Euro hat Gerlach dafür laut Haushaltsentwurf in diesem Jahr zur Verfügung, nicht mal eine Milliarde. Zum Vergleich: Der gesamte Staatshaushalt 2024 umfasst mehr als 70 Milliarden Euro. Gerlachs Chef Markus Söder nannte das Haus einst "Lebensministerium", als er selbst Gesundheits- und zusätzlich Umweltminister war. Es geht bei der Gesundheitsversorgung um existenzielle Fragen, um Emotionen. "Wir sind zum Erfolg verdammt", fasste Ende Februar der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Bernhard Seidenath (CSU), die Lage zusammen. Was auch heißt: Seine Parteifreundin muss liefern.

Dynamisch und digital

Das weiß die gebürtige Würzburgerin auch. Der Antrittsbesuch der neuen Gesundheitsministerin im zuständigen Landtagsausschuss erzählt schon einiges über die ehrgeizige CSU-Politikerin, die ihren Wahlkreis in Aschaffenburg hat: dynamischer Schritt, die Haare streng zum Pferdeschwanz zurückgebunden, Tablet in weiß-grau marmorierter Hülle, ein fester Händedruck für jeden Abgeordneten. Gerlach präsentiert sich digital affin, als moderne Managerin. Den Ausschussmitgliedern ist sie zugewandt. Sie versucht, die Abgeordneten über Parteigrenzen hinweg für sich einzunehmen. Etwa, wenn sie die Parlamentarier mehrfach zur Zusammenarbeit aufruft und bittet, "Ideen" mit ihr zu teilen: "Vielleicht schaffen wir es ja auch gemeinsam, ein Paket zu schnüren, parteiübergreifend!" Das kann ein Zeichen von Unsicherheit sein. Oder aber eines konstruktiven Politikverständnisses.

Gerlach will Themen "abarbeiten"

Judith Gerlach scheint jedenfalls bewusst zu sein, dass sie nicht von oben nach unten durchregieren kann. Macht und finanzielle Ressourcen einer Landesministerin sind im komplexen Gesundheitswesen mit so unterschiedlichen Kosten- und Verwaltungsträgern ernüchternd gering. Auf der anderen Seite scheinen die Probleme fast unlösbar.

Roland Engehausen, Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft, sieht die Gestaltungsmöglichkeiten auch weniger in Gesetzesinitiativen als in Kommunikation: "Indem man an einen Tisch kommt und mit der Autorität einer Staatsministerin dafür sorgt, dass die Akteure des Gesundheitssystems gut zusammenarbeiten." Gerlachs Vorgänger Klaus Holetschek konnte das besonders gut, findet nicht nur Engehausen. Und die Neue? "Frau Gerlach ist da noch deutlicher auf den Punkt, sie hört gut zu und möchte Themen dann auch abgearbeitet haben." Sprich, Gerlach muss nicht nur, sie will offenbar auch liefern. Doch tut sie es?

Weiter gegen Lauterbachs Krankenhausreform

Einarbeitungszeit oder "Schonfrist" habe sie keine gehabt, sagt Gerlach. Schon wenige Tage nach Amtsantritt war das erste Treffen mit den anderen deutschen Gesundheitsministern zur Krankenhausreform. Bayern ist ein erbitterter Gegner der Pläne des SPD-Bundesministers Karl Lauterbach. Gerlachs Vorgänger Holetschek hatte den Widerstand öffentlich zelebriert, und sich selbst gleich mit, als entscheidender Gegenspieler des Bundesministers und Kämpfer für den Erhalt der wohnortnahen Krankenhausversorgung.

Judith Gerlach warnt zwar ebenso vor einer zentralistischen und unausgegorenen Krankenhausplanung, sie wirft Lauterbach vor, die Kliniken in einen "kalten Strukturwandel" zu führen, und fordert mehr Geld aus Berlin für die Kliniken. Aber sie tut das leiser. Sie ist weniger präsent: in den Medien, aber auch vor Ort: Holetschek habe mehr Termine gemacht, vor und hinter den Kulissen, heißt es in der Branche.

Pflege: eine gewisse Ratlosigkeit

Wilfried Mück, Geschäftsführer der Freien Wohlfahrtspflege Bayern, unter deren Dach private Träger wie Diakonie, Caritas und AWO zusammenarbeiten, schreibt auf Anfrage, er könne noch nicht viel sagen zur neuen Pflege-Ministerin. In den vier Monaten habe man erst einen gemeinsamen Termin gehabt. Gerlach sei zumindest "interessiert" gewesen, vor allem am Thema Fachkräftemangel. Zu wenig Beschäftigte, das ist aktuell das Hauptproblem in der Pflege. Deshalb und auch wegen stark gestiegener Betriebskosten musste manch ambulanter Dienst und auch das ein oder andere Heim in Bayern zuletzt schließen.

Was heißt das für die von Söder versprochene Pflegeplatzgarantie? Wird Gerlach sie umsetzen? Im Gesundheitsausschuss antwortet die Ministerin ausweichend. Verweist darauf, dass viele Pflegebedürftige ja ohnehin lieber zu Hause versorgt werden wollen. Eine neue Lösungsidee hat sie nicht.

Fremdelt die Ministerin mit dem Themengebiet?

Vielleicht ist das nach vier Monaten auch zu viel verlangt, sagt Roland Engehausen von der Bayerischen Krankenhausgesellschaft. Er würde sich aber wünschen, dass die ehrgeizige Ministerin sich von der theoretischen Arbeit löst. Fremdelt Gerlach mit dem wichtigen Thema Pflege?

Sie arbeitet sich jedenfalls ein. Im Gesundheitsausschuss berichtet Gerlach von einem "Praktikum" in einem Seniorenstift. Sie sei überrascht gewesen, wie zeitintensiv und individuell die Betreuung von alten, kranken Menschen sei. Wie lange es gedauert habe, einen Mann mit Behinderung zu füttern.

Persönliche Handschrift "Digitalisierung"

Deshalb will Gerlach den Pflegekräften Zeit verschaffen. Mithilfe der Digitalisierung. Die frühere Digitalministerin will den Pflegekräften Tablets in die Hand geben, damit sie ihre Daten "nicht erst mal irgendwo auf einen Zettel schreiben und dann wieder in den Computer übertragen" müssen.

Digitalisierung scheint die Handschrift der neuen Gesundheitsministerin zu sein, hier will sie auch in anderen Bereichen vorangehen, etwa bei der Vernetzung der Kinderkliniken sowie telemedizinischen Angeboten.

SPD sieht kaum neue Akzente

Es sei "nicht ungeschickt von der Ministerin", das Thema Digitalisierung voranzustellen, sagt Ruth Waldmann, Gesundheitspolitikerin der Landtags-SPD. Schließlich kenne sich Gerlach damit aus. Eigene Akzente habe sie bei der Ministerin in den drängenden Fragen dagegen noch nicht festgestellt, das sei schon "enttäuschend", so Waldmann.

Grüne und AfD warten ab

Andere Oppositionsvertreter üben keine Kritik. Eher im Gegenteil: Matthias Vogler von der AfD etwa findet, Gerlach habe sich bislang gut präsentiert. Und der gelernte Krankenpfleger Andreas Krahl von den Grünen jubelt nach dem Antrittsbesuch sogar "Chapeau, Frau Staatsministerin". Sie habe sich schnell eingearbeitet in das komplexe Themenfeld.

Die Zurückhaltung der Opposition zeigt, dass Gerlachs Politikstil bislang aufgeht. Das Händeschütteln im Landtag, der Aufruf, gemeinsame Ideen zu entwickeln, all das hat den Kritikern der bayerischen Gesundheitspolitik erst einmal den Wind aus den Segeln genommen.

Damit aber ist noch kein Krankenhaus gerettet und noch keine Pflegekraft eingestellt. Und so schließt der Grüne Andreas Krahl an sein Lob noch einen Appell an die Ministerin an: "Jetzt gilt es, zu arbeiten".

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