In Bayern dürfen bei Kulturveranstaltungen und in Kinos wieder 75 Prozent der Plätze besetzt werden, bisher waren es 50 Prozent. 2Gplus und Maskenpflicht gelten weiterhin. Zwei Jahre Pandemie haben der Kulturbranche einiges abverlangt. Um unter Corona-Bedingungen Auftritte zu ermöglichen, waren kreative Ideen notwendig.
Ein "Gutes Beispiel" aus Fürth
Die Initiative "Kultur vor dem Fenster" aus Fürth beispielsweise hat dafür gesorgt, dass Künstlerinnen und Künstler im kleinen Kreis, im Hinterhof oder in Gärten, auftreten konnten. Im Lockdown war das fürs Publikum oft die einzige Möglichkeit, um Kultur live zu erleben. Für die Kulturschaffenden war es eine Chance, wenigstens etwas Geld zu verdienen.
Im vergangenen Jahr hat "Kultur vor dem Fenster" beim Bayern 2-Wettbewerb "Gutes Beispiel" den zweiten Platz erreicht. Bayern 2 zeichnet einmal im Jahr fünf Projekte aus, die sich für eine bessere Gesellschaft einsetzen. Zu gewinnen gibt es insgesamt 10.000 Euro. Bis zum 21. Februar läuft aktuell die Bewerbungsphase für 2022.
"Kultur vor dem Fenster" ist immer noch aktiv
Im Vorgarten eines Nürnberger Vororts stehen Dieter Weberpals und Edda Lang in dicken Jacken und checken ihre Instrumente. Es weht ein kalter Wind. Lang spielt Handpan, ein Blech-Schlaginstrument, das aussieht, als ob zwei Woks aneinandergeklebt wurden. Weberpals hat mehrere Flöten mitgebracht. "Holzinstrumente sind immer kälteempfindlich. Die verstimmen sich dann", erklärt er und sagt dann: "Probieren wir's mal."
Wer ein Privatkonzert im Garten oder Hinterhof haben will, kann auf der Internetseite des Projekts "Kultur vor dem Fenster" unter 150 Gruppen oder Einzelkünstlern aus dem Großraum Nürnberg/Fürth aussuchen. Termin und Preis macht man mit den Künstlern direkt aus. Der Nürnberger, in dessen Garten das Duo spielt, hat sich das Konzert selbst zum Geburtstag geschenkt. Er war zuletzt sehr eingeschränkt, weil er krank geworden ist und kaum aus dem Haus kam. "Das ist für mich eine Möglichkeit, schöne Musik zu hören", sagt er.
Für die Musiker ist es eine Möglichkeit, mit einem Auftritt wieder Geld zu verdienen. "Es ist der einzige in den letzten vier Monaten", sagt Musiker Dieter Weberpals. "Auch in den nächsten zwei Monaten ist mein Kalender immer noch tot."
Künstler Marc Vogel: Lage bleibt bescheiden
Vor allem die kleinen Ensembles und Bühnen haben unter der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Regeln gelitten – etwa den Publikumsbeschränkungen.
Die Vermittlung von "Kultur vor dem Fenster" sei immer noch notwendig, betont einer der Gründer, der Feuer-Künstler Marc Vogel. "In den Zeiten, wo es lockerer war, passierte nicht so viel mit 'Kultur vor dem Fenster'." Der kulturelle Lockdown habe für mehr Zuspruch gesorgt, aber dennoch bleibe die Lage für freischaffende Künstler bescheiden, so Vogel.
Die Aktion "Gutes Beispiel" sorgt für Aufmerksamkeit
Rock-Musik, klassische Ensembles, Kabarett und Akrobatik – alles ist bei "Kultur vor dem Fenster" dabei. Manche Künstlerinnen und Künstler hätten mehr Auftritte, manche weniger, berichtet Marc Vogel. Werbung ist dabei wichtig. Der zweite Platz bei der Bayern 2-Aktion "Gutes Beispiel" im vergangenen Jahr sei eine große Hilfe gewesen.
"Das hat natürlich auch den positiven Nebeneffekt gehabt, dass die Buchungen nach oben gegangen sind," erzählt Vogel. "Dann ist es so, dass wir das Preisgeld in Werbung investiert haben und der ganzen Geschichte damit einen Booster geben konnten."
Auch in anderen Städten etwa Augsburg und Heidelberg gibt es Kultur vor dem Fenster. Im Raum Nürnberg/Fürth unterstützen inzwischen städtische Kulturämter das Projekt. Es soll nämlich auch nach der Pandemie weiterbestehen, dann unter dem Namen "Kultur aus der Region".
Ein Auftritt, der Nachbarn zusammenbringt
Kultur sei Seelen-Nahrung, sagt Musiker Weberpals bei seinem Konzert im Garten. Während er und Lang in der Winterkälte spielen und singen, schauen immer wieder Nachbarn neugierig aus dem Fenster. Oder sie kommen vorbei, um zuzuhören. Das Fazit einer Anwohnerin: "Ich find's eine geniale Idee, schön in diesen Zeiten. Das bringt was Leichtes mit sich."
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