Mehrfach geraten ein 39-Jähriger und ein 27-Jähriger am 16. April 2024 gegen 21:20 Uhr am Bahnhofsplatz in Würzburg mit einem alkoholisierten Mann aneinander. Zunächst verbal, dann kommt es zu heftigen Schlägen und Tritten der beiden Angreifer gegen den Mann. Häufig gezielt gegen den Kopf, auch als das Opfer schon regungslos am Boden liegt. Der 27-Jährige schlägt so hart zu, dass er sich die Hand bricht. Die beiden Männer steigen in eine Straßenbahn und fahren weg. Kurz danach werden sie verhaftet.
Das Urteil des Landgerichts fast ein Jahr später: sechs Jahre Haft für den 39-Jährigen und sieben Jahre Haft für den 27-Jährigen, in beiden Fällen wegen schwerer Körperverletzung. Was den Prozess erheblich beeinflusste: Die Ereignisse am Bahnhofsplatz wurden von den Überwachungskameras aufgezeichnet, die dort seit September 2023 angebracht sind.
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Hochauflösende Videos als starkes Beweismaterial
Die Kameraaufnahmen machten im zweitägigen Prozess manche Diskussion und Vernehmung überflüssig. Der Vorsitzende Richter Thomas Schuster nannte die hochauflösenden Aufzeichnungen ein "seltenes Glück" für einen Prozess.
Als wichtiges Beweis- und Fahndungsmittel hat sich die Videoüberwachung in diesem Fall also allemal erwiesen. Aber: Hätte die Polizei an diesem 16. April nicht noch Schlimmeres verhindern können?
Straftaten trotz Videoüberwachung gestiegen
Die Bilder der Kameras an den beiden überwachten öffentlichen Plätzen in Würzburg, dem Bahnhofsplatz und dem Barbarossaplatz, laufen in Echtzeit bei der Polizeiinspektion Würzburg Stadt ein. Da beide Plätze mit hoher Kriminalität sind, ist das datenschutzrechtlich zulässig. Lediglich private Räume in der Umgebung können die Beamten nicht einsehen, sie werden bereits in der Ansicht geschwärzt. Die Aufnahmen werden nach drei Wochen gelöscht, außer es kommt zu einer Straftat.
Für die Polizei sei die Videoüberwachung "ein Baustein der Sicherheitsarchitektur für die Stadt Würzburg", sagt Martin Kuhn, Sprecher des Polizeipräsidiums Unterfranken. Der Schwerpunkt liege ausdrücklich auf der Prävention von Straftaten. Dass nach einem Jahr laut Kriminalitätsstatistik ausgerechnet an den videoüberwachten Plätzen die Anzahl der Straftaten gestiegen ist – um 4,7% am Barbarossaplatz und um rund 20% am Bahnhof, ordnet Kuhn unter anderem so ein: "Wenn wir einen Bereich vermehrt in den Blick nehmen, dann ist es normal, dass sich auch mehr feststellen lässt. Da müssen wir einige Jahre abwarten für eine aussagekräftige Bilanz."
Polizei überwacht Videoaufnahmen nicht dauerhaft
In der Zentrale haben Beamte ein Auge auf die Bilder der Überwachungskameras – aber eben nicht ausschließlich, betont Martin Kuhn: "Die Videoüberwachung läuft in diesem Raum 24/7 ein. Allerdings ist es nicht so, dass Kollegen dauerhaft abgestellt sind, die nur die Bildschirme betrachten. Sondern: die Bildschirme werden mitbetrachtet."
Die Angriffe der beiden Männer am 16. April 2024 waren nicht spontan und überfallartig. Die Wortgefechte, Schubser sowie schließlich Schläge und Tritte fanden mit Unterbrechungen statt. Die Ereignisse zogen sich über etwa zehn Minuten hin. Hätte also durch eine durchgängige Beobachtung der Überwachungsvideos vom Bahnhofsvorplatz Schlimmeres verhindert werden können?
Videoüberwachung in Würzburg
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