Beim Kontrollgang durch den Wald haben die Augsburger Förster die Augen ganz oben in den Baumkronen. Manche Nadelbäume haben kahle Kronen, andere ganze Äste voll mit rostroten Spitzen. Daneben steht ein blühender Wildapfelbaum am Wegrand, mitten im Herbst: Was andere freuen mag, ist für Forstamtsleiter Jürgen Kircher ein Alarmzeichen: "Wenn im Oktober die Apfelbäume blühen, ist das schon komisch, wir interpretieren das so, dass auch die Natur durcheinander ist". Eine Notblüte sei das, erklärt Kircher, weil der Baum jetzt nach dem Hagelschaden erneut nachtreibt. Das sei Stress pur für das noch junge Bäumchen - durch das Extremwetter-Ereignis.
Riesige Schäden in Kissing und Umgebung
In der Gemeinde Kissing wurde das Dach eines Altenheims abgedeckt und ein Bierzelt weggeweht, es gab riesige Schäden an Autos und Hausdächern durch golfballgroße Hagelkörner. Das geht auch an der Natur natürlich nicht spurlos vorbei. Ganze Triebe und Äste wurden abgeschlagen, das Material bildet jetzt zum Teil dicke Teppiche auf dem Waldboden.
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Unmittelbar nach dem Hagelgewitter waren viele Wege unpassierbar, auch Bäche und Gräben mussten erst mühsam freigeräumt werden, so viel Material kam von den Bäumen herunter. "Es war an manchen Stellen im Wald auf einmal viel heller, weil keine Blätter mehr auf den Bäumen waren", erinnert sich Kircher.
Hagelkörner reißen die Rinde auf
Die Wucht des Unwetters ist heute noch nachvollziehbar: Die Hagelkörner haben regelrechte Dellen in der Rinde mancher Bäume hinterlassen. Diese Schrunden sind jetzt leider ideale Eintrittspforten für Krankheitserreger oder Pilze.
Die braunen Nadelspitzen in der Krone einer Kiefer verheißen nichts Gutes, weiß Christian Ripperger, Revierleiter im Augsburger Stadtteil Haunstetten: "Es deutet vom Krankheitsbild auf einen Pilzbefall hin, der von der feuchtwarmen Witterung im Frühjahr profitiert hat, von der Hitze im Sommer. Und der Hagel, der die Kiefern geschädigt hat, hat das Ganze noch begünstigt." Und bei den Fichten, so der Förster, da habe der Borkenkäfer leichtes Spiel nach einem Hagelschlag.
Klimawandel bedingt Extremwetter
Hagelschäden habe es zwar auch im Wald schon immer gegeben, aber der Stress für die Bäume nehme aktuell immer weiter zu, so die Forstexperten. "Mit Klimawandel und Co ist einfach die ganze Situation anders. Die Bäume sind schon so vorgeschädigt, dass so ein Ereignis dann irgendwas auslösen kann und ein Pilz beispielsweise überhand nimmt."
Ein Pilz setzt sich auf die Hagellöcher
Wie der Pilz Diplodia sapinea etwa, der in südlichen Ländern nach Hagelschäden bereits ganze Nadelwald-Bestände zerstört hat. Das bereitet den Experten Sorge. Denn gerade der Augsburger Stadtwald sei nicht einfach nur ein Stück Forst oder Erholungsgebiet. Seine Bedeutung reiche viel weiter, sagt Jürgen Kircher: "Er hat eine Schutzfunktion für das Trinkwasser, das Augsburger Trinkwasser quillt direkt unter uns hervor. Der Wald schützt unser Trinkwasser."
Deshalb sollen jetzt Experten der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft klären, wie der Pilz wieder zurückgedrängt werden kann im Bestand. Zumal der sogenannte "lichte Kieferwald" am Augsburger Lech Lebensraum für seltene Pflanzen und Insekten ist, wie es ihn so fast nirgends mehr gibt in Bayern. Die Augsburger Forstleute hoffen, dass dann möglichst viele Bäume mit den Folgen des Hagelschlags klarkommen. Und dass ein derart extremes Wetterereignis so schnell nicht noch einmal zuschlägt.
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