Das Polizeipräsidium Oberpfalz hat am Dienstag bestätigt, dass es auf dem Pfingstfest in Bad Kötzting zu einem Vorfall gekommen ist, bei dem mehrere Personen augenscheinlich den sogenannten Hitlergruß gezeigt haben. Der Vorfall sei erst am Montag der Polizei gemeldet worden. Die Kriminalpolizei sucht jetzt nach den Personen und bittet um Zeugenhinweise.
Der Vorfall spielte sich laut Polizei am Festsonntag, dem 19. Mai, in der Weißbierhütte "Pfingst-Olm" ab. Während die drei Unbekannten in der Menge tanzten, hätten sie für wenige Sekunden ihren rechten Arm nach oben ausgestreckt. Diese Bewegung konnte augenscheinlich als Hitlergruß wahrgenommen werden, so die Polizei.
- Zum Nachhören: Rechtsextreme Parolen - Mittlerweile gesellschaftsfähig?
Handyvideo soll Hitlergruß zeigen
Ein Gast befand sich zu dieser Zeit in der Bar und filmte die Partyszene mit dem Handy. Das Video liegt dem BR vor. Es zeigt viele junge Menschen in der Holzhütte, die auf Bierbänken stehen und ausgelassen feiern. Der DJ spielt zu später Stunde das Lied "Sonne" von der Band Rammstein. Das Licht ist gedimmt, die bunte Partybeleuchtung sorgt für Club-Stimmung. Plötzlich schwenkt das Handy nach rechts auf eine Gruppe junger Männer in Tracht. Sie grölen den Song von Rammstein mit. Mindestens drei von ihnen halten den rechten Arm nach oben ausgestreckt und zeigen, was aussieht wie der sogenannte Hitlergruß. Kurz darauf wird das Video beendet.
Polizei sucht Zeugen
Der Vorfall ist erst gut eine Woche später bei der Polizei angezeigt worden. Die Beamten suchen jetzt nach Hinweisen aus der Bevölkerung. Wer am besagten Abend in der sogenannten "Pfingst-Olm" in Bad Kötzting war und Angaben zu den Männern machen kann oder Videos oder Fotos gemacht hat, soll sich mit der Kriminalpolizei Regensburg unter der Telefonnummer 0941/506-2888 oder jeder anderen Polizeidienststelle in Verbindung setzen.
Zahlreiche Polizeieinsätze
Insgesamt zieht die Polizei nach dem Ende des Bad Kötztinger Pfingstfestes ein gemischtes Fazit. Demnach gab es zahlreiche Einsätze, unter anderem wegen betrunkener Gäste und gewalttätiger Auseinandersetzungen, bei denen auch Personen verletzt wurden. An einer großen Schlägerei waren laut Polizei am vergangenen Samstag insgesamt zehn Personen beteiligt. Unter anderem wurde ein am Boden liegender Mann durch mehrere Tritte gegen den Kopf verletzt. Auch diesbezüglich bittet die Polizei um Zeugenhinweise.
Polizei in Bad Kötzting besorgt über "exzessive Gewalt"
Der Leiter der Polizeiinspektion Bad Kötzting, Christian Pongratz, zeigte sich besorgt über das "Aggressionspotential gerade junger und berauschter Festbesucher" und die Auseinandersetzungen unter "exzessiver Gewaltanwendung". Dennoch sprach die Polizei mit Blick auf die hohen Besucherzahlen von einem "sicheren Fest".
Noch weitere fremdenfeindliche Vorfälle bekannt
Der rassistische Vorfall in der Weißbierhütte war auf dem Pfingstfest kein Einzelfall. Wie die Polizei mitteilt, riefen an unterschiedlichen Abenden mehrere Personen ausländerfeindliche Parolen, während das Lied "L'Amour Toujours" von Gigi D'Agostino gespielt wurde. Nach BR-Recherchen ereignete sich der erste Vorfall am 18. Mai in der Weißbierhütte "Pfingst-Olm" während eines DJ-Sets. Der zweite Vorfall am 25. Mai, geschah im Bierzelt, als eine Band das Lied spielte. Der Staatsschutz ermittelt wegen des Verdachts auf Volksverhetzung.
Bürgermeister zieht Konsequenzen
Bad Kötztings Bürgermeister Markus Hofmann (Freie Wähler) zeigte sich schockiert und zog für den letzten Festtag am 27. Mai Konsequenzen aus den Vorfällen: Im Fall der rechtsextremen Parolen habe er anordnen lassen, dass das Lied "L'Amour Toujours" von Gigi D'Agostino am Montagabend auf dem Pfingstfest sowie bei künftigen Veranstaltungen nicht mehr gespielt werden darf.
Medienpädagogin: Unwissenheit bei Kindern und Jugendlichen
Sind rechte Parolen mittlerweile gesellschaftsfähig? Birgit Zwicknagel ist Medienpädagogin am Gymnasium Bad Kötzting im Kreis Cham und Expertin der Jugendschutz-Initiative "Die Computermäuse". Sie sagt im BR-Interview, sie sei von den jüngsten Rassismus-Vorfällen nicht wirklich überrascht.
Sie beobachtet, dass an den Schulen – teilweise auch in den jüngeren Jahrgängen – solche Vorfälle zunehmen. An der Schule habe es mehr Schmierereien in Schultoiletten, an Tischen oder Wänden gegeben. Das habe sich sogar gravierend gesteigert, so Zwicknagel. "Mehrfach hat die Polizei wegen Hakenkreuz-Schmierereien oder einschlägigen Parolen in Chat-Nachrichten an die Schulen kommen müssen. Das hat vor allem auch bei uns im ländlichen Raum stark zugenommen."
Kritik an bayerischem Lehrplan
Zwicknagel kritisiert, dass das Thema Nationalsozialismus erst ab der achten Jahrgangsstufe im Unterricht angesprochen werde. Das sei viel zu spät. Oftmals wüssten die Kinder einfach nicht genug über den Nationalsozialismus und Hitler oder hätten nur Halbwissen. Auch zu Hause werde zu wenig aufgeklärt. Oder aber die Kinder würden von den politischen Ansichten der Eltern negativ beeinflusst.
"Die Erfahrung zeigt, dass den Schülern oder Jugendlichen oft gar nicht klar ist, dass es sich hier um eine Straftat handelt. Das wird dann aus Spaß in der Gruppe gesungen. Hier braucht es deutlich mehr Aufklärung und Sensibilisierung." Birgit Zwicknagel, Medienpädagogin
Rechtsradikale Inhalte: Fehlendes Problembewusstsein
Vor allem auch den Eltern komme laut Zwicknagel eine wichtige Rolle zu. Sie sollten darauf achten, was Kinder aus dem Netz herunterladen. "Oft wissen die Kinder gar nicht, was sie da machen oder dass es sich dabei auch um rechtsextreme und antisemitische Inhalte handelt."
Wenn rechtsradikale Texte in den sozialen Medien und in Chats ohne Konsequenzen geteilt werden können, würden diese salonfähig, man stumpfe ab. Auch von Elternseite würde das oft verharmlost: "Hier fehlt es an Problembewusstsein." Diese Probleme würden sich durch alle Gesellschaftsschichten und Schulformen ziehen, sagt Zwicknagel.
Im Video: Rassistische Vorfälle auf dem Bad Kötztinger Pfingstfest
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