Ein sonniger Februartag am Spitzingsee. Ein kleines Skigebiet in Oberbayern, etwa eine Stunde Autofahrt von München. So oft wie es geht, kommt Skitrainerin Malin Friese mit ihren Kindern nach der Schule oder in den Ferien zum Skifahren.
Friese ist Vorsitzende des Skiclubs Miesbach und engagiert sich im Stadtrat für die Grünen. Sie selbst hat in dem Skigebiet Spitzingsee das Skifahren gelernt, kennt jeden Hang und hat alle Veränderungen miterlebt. Seit ihrer Kindheit in den 1980er Jahren hat sich viel getan: Aus alten Tellerliften wurden moderne Sessellifte, zahlreiche Schneekanonen säumen den Pistenrand.
Bayern und Österreich: Unterschiede beim Liftausbau
Um den Wandel der Skigebiete in Bayern und in Österreich in Zahlen zu fassen, haben BR-Journalisten und Journalistinnen Daten aus fast 40 Jahren Skifahren analysiert. Basis für die Datenauswertung sind Skiatlanten des ADAC sowie aktuelle Daten von schneehoehen.de.
Die Modernisierung der Skigebiete zeigt sich besonders an den gestiegenen Liftkapazitäten. Das bedeutet: Der Anzahl der Personen, die pro Stunde auf den Berg transportiert werden können. Über die Jahre wurden aus steilen Schleppern beheizte Sessellifte. Neben mehr Komfort sind so auch die Wartezeiten an den Liften kürzer geworden.
BR-Datenanalyse zu Liftkapazität in Bayern und Österreich
Die neue BR-Datenanalyse macht den Ausbau deutlich: In Bayern hat die Liftkapazität seit 1993 um 15 Prozent zugenommen. In Österreich war der Anstieg massiver: Dort wuchs die Kapazität im selben Zeitraum um 56 Prozent. Viele Skigebiete im angrenzenden Tirol setzten immer mehr auf Massenbetrieb: Die Liftkapazität wuchs um 76 Prozent.
Der ADAC-Skiatlas dokumentierte von 1986 bis 2019 regelmäßig technische Details wie Lifte, Pistenlängen und Beförderungskapazitäten. Für die Analyse hat ein Team von BR Data und BR Berge 183 Skigebiete in den deutschen und österreichischen Alpen untersucht, 35 davon in Bayern.
Bayern: Schneekanonen kamen später
Ohne Kunstschnee ist der Skibetrieb über die ganze Saison in vielen Gebieten heute kaum möglich – gerade in Zeiten der Klimakrise. Peter Lorenz, früherer Geschäftsführer der Alpenbahnen Spitzingsee, bestätigt: "Ohne Beschneiung bringt man die Qualität der Pisten nicht mehr her."
Nach einer Insolvenz 2003 wurden 20 Millionen Euro in das Skigebiet investiert – unter anderem in neue Lifte, Pistenraupen und Schneekanonen.
BR-Datenanalyse zu Beschneiung in Bayern und Österreich
Die aktuelle BR-Datenauswertung zeigt: In Österreich begann der Ausbau der Beschneiung früher als in Bayern. Bereits Mitte der 1980er Jahren gibt in Österreich laut ADAC jedes dritte Skigebiet an, dass künstlich beschneit wird. 1993 gibt es in jedem zweiten österreichischen Skigebiet Schneekanonen.
In Bayern sind es zu diesem Zeitpunkt erst 16 Prozent der Skigebiete, die künstlich beschneien. Hier wurde ab Mitte der 1990er mit dem Bau von Beschneiungsanlagen nachgezogen. Heute sind fast alle Skigebiete in Bayern und Österreich großflächig beschneit.
Millionen für Schneesicherheit?
Doch nicht überall lohnt sich künstliche Beschneiung. Am Spitzingsee entschied das Seilbahnunternehmen 2015, die Taubensteinbahn im Winter nicht mehr zu betreiben. Ein Teil des Skigebiets wurde damit stillgelegt. Der nötige Kunstschnee für den steinigen Untergrund wäre zu kostspielig gewesen. Diese Investitionen hätten sich nicht rentiert, erzählt der damalige Geschäftsführer Peter Lorenz.
Jürgen Schmude, Tourismusforscher an der LMU München, sagt: Viele bayerische Skigebiete hätten inzwischen erkannt, dass das Skifahren in niedrigeren Höhenlagen endlich ist. "Wir hatten eine Phase, in der man überzeugt war, dass sich das Problem der Klimakrise mit technischen Lösungen lösen lässt." Diese Phase sei mittlerweile vorbei.
Bayerische Staatsregierung will Skitourismus weiter fördern
Die bayerische Staatsregierung unterstützt den Skitourismus seit 2009 mit einem Förderprogramm. Die Seilbahnförderung soll bei Ausbau und Modernisierung von Bergbahnen unterstützen, auch um kleine Skigebiete konkurrenzfähig zu halten. Bislang wurden insgesamt 27 Förderanträge bewilligt und fast hundert Millionen Euro ausgezahlt. In 19 bayerischen Skigebieten auch für Schneekanonen und Wasserspeicher. Ende 2025 läuft die aktuelle Förderrichtlinie aus.
Der CSU-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Klaus Holetschek, spricht sich für eine Verlängerung aus: "Wir unterstützen natürlich auch alles, was weggeht vom reinen Skifahren. Aber das Skifahren ist immer noch ein zentraler Bestandteil." Naturschutzverbände und der Deutsche Alpenverein kritisieren die staatlichen Investitionen in Kunstschnee schon lange als nicht nachhaltig.
"Wann holen uns die Temperaturen tatsächlich ein?"
Die Miesbacher Skiclubvorsitzende Malin Friese teilt die Kritik an der öffentlichen Förderung: "Ich finde es tatsächlich nicht mehr gerechtfertigt, muss ich ganz hart sagen, obwohl mein Herz fürs Skifahren schlägt." Friese stellt sich die Frage, wie weit moderne Technik in Zukunft noch helfen wird: "Wie viel kann man sinnvoll investieren und mitgehen? Wann holen uns die Temperaturen tatsächlich ein?"
Denn klar ist: Bei hohen Temperaturen kann kein Kunstschnee produziert werden. Deshalb ist am Spitzingsee schon seit Jahren auch das Sommergeschäft wichtig – nicht zuletzt, um unabhängiger vom Skifahren zu sein.
Über das Thema berichtet das Politikmagazin Kontrovers am 5. März um 21.15 Uhr im BR-Fernsehen.
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