Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (Archivbild)
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Holetschek: E-Patientenakte braucht bessere Kommunikation

Holetschek: E-Patientenakte braucht bessere Kommunikation

Bayerns Gesundheitsminister Holetschek unterstützt die Einführung der elektronischen Patientenakte, befürchtet aber einen schwierigen Weg bis dorthin. Der Datenschutzbeauftragte stellt bei BR24 zwei Bedingungen für die geplante Widerspruchslösung.

Über dieses Thema berichtet: Thema des Tages am .

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) spricht von einem nötigen "Neustart", Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) von einem "Kick-Start": Beide beziehen sich auf zukünftige Schritte zur Digitalisierung im Gesundheitswesen. Am Donnerstag stellte Lauterbach seine Pläne für digitale Patientenakten vor - inklusive Widerspruchslösung.

Die E-Akten sollen bis Ende 2024 für alle gesetzlich Versicherten zur Regel werden - es sei denn, man lehnt das aktiv ab. Möglich werden sollen auch mehr Datenauswertungen für die Forschung. Patientenvertreter und Gesundheitsbranche zeigten sich offen für mehr Schwung, viele Fragen sind aber noch zu klären.

Holetschek: Lauterbach vergisst, Bürger und Leistungserbringer mitzunehmen

Auch Holetschek hält die Ansage vom Grundsatz für richtig, der Weg dorthin habe aber noch einige schwierige Phasen. "Digitalisierung in Gesundheit und Pflege ist ein Staffellauf - und der Bundesgesundheitsminister vergisst, Bürgerinnen und Bürger und vor allem die Leistungserbringer mitzunehmen", hieß es in einer Pressemitteilung. Die Bundesregierung müsse das Vorhaben jetzt verständlich erklären und kommunizieren. "Ein Verweis auf eine Homepage genügt nicht. Ich würde mir wünschen, dass zum Beispiel eine Hotline und eine zentrale digitale Unterstützungsstelle eingerichtet werden, bei der sich Versicherte zur elektronischen Patientenakte informieren können", ließ Holetschek mitteilen.

Auch das Gespräch mit Ärztevertretern sei wichtig. "Die Frage, wie bisherige Patientendaten in die Akte übertragen werden, muss praxisorientiert gelöst werden, beispielsweise mit einer Schnittstelle zu den bestehenden Praxisverwaltungssystemen, um Daten direkt übertragen zu können."

Forderungen: Wenig Bürokratie, Mehrwert erklären

Für Ärzte dürfe es keinen Mehraufwand, sondern es müsse Synergien geben, erklärte Holetschek am Abend bei BR24 im BR Fernsehen. Die Befüllung der Akte müsse "so weit es geht" automatisert werden. "Die Ärzte haben eh schon wenig Zeit, sie sollen Zeit gewinnen." Wenig Bürokratie sei entscheidend.

Die Widerspruchslösung befürwortet Holetschek. Bessere Medizin und Forschung erreiche man nur mit Daten - doch um eine hohe Widerspruchsquote zu vermeiden, müsse aktiv auf die Bürger zugegangen werden, um ihnen Sorgen zu nehmen. Außerdem machte Holetschek am Donnerstag klar, dass aus seiner Sicht vor allem gelte, "den Gesundheitsdatenschatz datenschutzkonform, also Datenschutz und Datenschatz gemeinsam fürs Patientenwohl zu nutzen".

Bayerischer Datenschutzbeauftragter sieht Widerspruchslösung kritisch

Diesbezüglich äußerte sich der bayerische Datenschutzbeauftragte Thomas Petri kritisch zu den Vorhaben von Lauterbach. Dabei geht es vor allem um den Plan, dass künftig für jeden Versicherten eine elektronische Akte angelegt wird, wenn sie oder er nicht ausdrücklich widerspricht. Im "Thema des Tages" bei BR24 sagte Petri, er befürworte eine aktive Einwilligung der Patienten. Lauterbach drehe mit einer Widerspruchslösung das Aufwandverhältnis um: "Nicht derjenige, der die Patientenakte will, muss einen Antrag stellen, sondern derjenige, der sie nicht will, muss aktiv werden, um das zu unterbinden."

Diese Lösung ist aus Sicht des bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz nur akzeptabel, wenn zwei Bedingungen erfüllt werden. Laut Petri muss das Widerspruchsverfahren für die Betroffenen unkompliziert sein. "Das darf nicht in einem Bürokratiemonster ausarten." Außerdem dürfe es nicht dazu führen, dass auch die Datenspeicherung ohne Zustimmung der Betroffenen erfolgt.

Petri forderte im Radiointerview, dass es für die elektronische Patientenakte einen hohen Sicherheitsstandard gibt, auch in der unmittelbaren IT-Umgebung der Akte. "Es reicht nicht aus, wenn die Daten in einer sicheren Cloud-Lösung gespeichert sind, sondern auch die Anbindung an die Cloud muss sicher sein", so Petri.

Ärztekammer-Präsidenten fehlt Umsetzungsstrategie

Auch Ärzteverbände forderten den Bundesgesundheitsminister schon auf, die geplante elektronische Patientenakte benutzerfreundlich zu gestalten. Die Bundesärztekammer erklärte in Berlin, die Digitalisierung im Gesundheitswesen werde nur dann Erfolg haben, wenn die Patientenakte Patienten und Ärzten spürbar nutze.

"Sie muss sowohl die Sicherheit der Patientendaten gewährleisten als auch eine praktikable Befüllung und einen einfachen Zugriff auf die in der Akte abgelegten Daten sicherstellen", forderte Ärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt. "Vertrauen auf Seiten der Patientinnen und Patienten setzt Transparenz und eine praktikable Möglichkeit zum Widerspruch, zum Beispiel gegen die Nutzung durch die Industrie, voraus." Bislang fehle eine entsprechende Umsetzungsstrategie.

Mit Informationen von dpa und KNA

Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, bei der Pressekonferenz
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Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, bei der Pressekonferenz

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