Integrationskurs in der Kolping Akademie in Würzburg
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In Integrationskursen lernen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sieben Monate lang Deutsch und das Wichtigste über Land und Leute.

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Budget unklar: Was das Ampel-Aus für Integrationskurse bedeutet

Budget unklar: Was das Ampel-Aus für Integrationskurse bedeutet

Integrationskurse sollen Migranten dabei helfen, Deutsch zu lernen und Arbeit zu finden. Die Bundesregierung dachte darüber nach, die Mittel zu kürzen. Doch nach dem Ampel-Aus bleibt für die Kursbetreiber weiterhin unklar: Wie viel Geld bekommen sie?

Über dieses Thema berichtet: Stadt Land Leute am .

In zwei Wochen geht das Jahr zu Ende. Doch Stefan Bothe und das Team der Kolping Akademie Würzburg wissen immer noch nicht, wieviel Geld ihnen im kommenden Jahr zur Verfügung steht. Die Bildungsakademie bietet sogenannte Integrationskurse an. Mehrere gleichzeitig, etwa 500 Personen nehmen teil. Sie kommen aus Afghanistan, Somalia oder der Ukraine. In den Kursen sollen sie vor allem Deutsch lernen. Durch den Haushaltsstreit und das Ampel-Aus ist jedoch weiterhin unklar, wieviel Geld der Bund dafür ausgeben will.

Kurse sollen bei Integration unterstützen

Aus Sicht der Kolping Akademie sind die Kurse ein Erfolgsmodell. Sieben Monate lang dauern sie. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernen nicht nur die Sprache. Der Unterricht behandelt auch Geschichte, Kultur, Rechte und Pflichten in Deutschland. Vielen der Absolventen gelingt es anschließend Arbeit zu finden, berichten die Verantwortlichen bei Kolping. "Jeder Euro, der hier ausgegeben wird, ist ein gut ausgegebener Euro", sagt Stefan Bothe, Geschäftsführer der Akademie.

Finanziert werden die Kurse aus dem Bundeshaushalt. Allerdings sah der Haushaltsentwurf der Ampel-Regierung für 2025 nicht einmal die Hälfte des Etats des laufenden Jahres vor. Statt 1,1 Milliarden Euro sollten es lediglich 500 Millionen Euro sein. Wochenlang warnten die Kursbetreiber: Das sei zu wenig. Die Hoffnungen ruhten auf den abschließenden Haushaltsberatungen. Dann folgte auf den Haushaltsstreit das Ampel-Aus. Bei den Bildungsträgern bleibt die Unsicherheit groß.

Kurse gehen weiter, Etat ungewiss

Zwar hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Trägern kürzlich in einem Rundschreiben mitgeteilt, dass die Integrationskurse erhalten bleiben. Außerdem sollen "erforderlichenfalls notwendige Mehrbedarfe für 2025 auch während einer vorläufigen Haushaltsführung" gedeckt sein. Unklar bleibt jedoch: Welcher Etat steht den Trägern zur Verfügung?

Für die Kurse zuständig ist in Berlin das Bundesinnenministerium. Das erklärt: Die Kurse können fortgesetzt werden. Ein Sprecher betont außerdem, dass 2025 neue Kurse beginnen und abgerechnet werden dürfen. Einen Finanzrahmen für das kommenden Jahr nennt das Ministerium auf wiederholte Nachfrage nicht. Die Abrechnung der Kurse erfolge nachträglich: "Insoweit erhalten einzelne Träger auch bisher kein festes Budget vorab zugewiesen."

Volkshochschulverband: "Signal ohne Zahl"

Von einem "Signal ohne Zahl" spricht der Deutsche Volkshochschulverband. Die Träger müssen Lehr- und Verwaltungspersonal bezahlen, Räume mieten und unterhalten. Sie gehen also in Vorleistung, ohne abschließend zu wissen, in welchem Umfang die Kurse im kommenden Jahr finanziert werden. "Als Volkshochschulen versuchen wir eine normale Planung aufrecht zu halten, solange es möglich ist. Ein Herunterfahren des Systems hätte fatale Folgen", befürchtet Regine Sgodda, Vorständin des Bayerischen Volkshochschulverbands. Fast 20.000 Lehrkräfte sind bundesweit im Integrationskursbereich tätig, viele von ihnen freiberuflich. Träger befürchten, dass sie sich zwischenzeitlich neue Tätigkeiten suchen.

Befürchtung: Wartezeiten könnten steigen

Der Verband der Kolping-Bildungsunternehmen Deutschland rechnet derzeit mit einem Budget von 500 Millionen Euro, das in der Phase der vorläufigen Haushaltsführung bundesweit zur Verfügung steht. Das ist die Summe, die auch im Haushaltsentwurf der Ampel-Regierung stand. Das genüge lediglich, um die ersten Monate des kommenden Jahres zu finanzieren, so die Kritik. Gewissheit, wie viel Geld darüber hinaus zur Verfügung steht, gibt es voraussichtlich erst mit einer neuen Regierung und einem verabschiedeten Bundeshaushalt. Also erst Mitte kommenden Jahres – so die Befürchtung.

Bei den Verantwortlichen in Würzburg sorgt die Situation für Kopfschütteln. Die bundesweiten Teilnehmerzahlen sind wiederholt gestiegen auf 363.000 Personen im vergangenen Jahr. Schon jetzt warten Teilnehmende in Würzburg oft mehrere Monate, bis ein Kursplatz frei wird. Die Kolping Akademie rechnet nun mit längeren Wartezeiten. Das wiederum könnte den Zugang zum Arbeitsmarkt erschweren, Integration verzögern. Geschäftsführer Bothe sagt: "Die Folgekosten für andere Maßnahmen, wenn eine Integration nicht gelingen sollte, sind um ein Vielfaches höher."

Im Audio: Integrationskurse: Wie viel Geld bekommen sie?

Integrationskurs in der Kolping Akademie in Würzburg
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In Integrationskursen lernen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sieben Monate lang Deutsch und das Wichtigste über Land und Leute.

Dieser Artikel ist erstmals am 17.12.2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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