Samstagmorgen, in einem Wald bei Oberdachstetten. Praxistag für den Jagdkurs der Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Westmittelfranken. Die zehn Kursteilnehmer sollen eine Nachsuche üben. Das heißt, ein Tier wurde vom Jäger nicht tödlich getroffen und hüpft verwundet davon. Dann muss es von einem speziellen Hundeführer gesucht werden, um es von seinen Qualen zu erlösen. Der Ausbilder hat am Vorabend eine künstliche Fährte gelegt, Schweißhund Ferro rennt los, die Übung beginnt.
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Teilnehmerin des Jagdkurses: "Selbst etwas bewirken"
Diese Tage sind für Kursteilnehmerin Carola Reiner besonders spannend, denn sie sind praxisnah. "Ich habe bisher nur die Wildschäden gesehen", sagt Reiner, "aber nun lerne ich die Jägerseite kennen." Die 30-Jährige ist Landwirtin und Waldbesitzerin. Sie hat ernste Probleme: Ihre Getreidefelder werden von Wildschweinen umgegraben, die jungen Eichen und Buchen im Wald sind vom Rehwild verbissen. Mit dem Jagdschein verbindet sie große Hoffnungen: "Ich möchte gern dort auf die Jagd gehen, wo wir Äcker oder Wald haben, damit ich was bewirken kann."
Ob das so funktioniert, wird sie sehen. Denn auch mit Jagdschein darf sie nicht automatisch auf ihren eigenen Flächen schießen: Die Reviere sind oft über Jahre verpachtet. Sie kann den Jäger bitten, sie dort schießen zu lassen, als eine "Mit-Jägerin" sozusagen. Oder sie setzt darauf, dass sie bei der nächsten Verpachtung als Jägerin zum Zuge kommt.
Im Video: Waldbesitzer machen die Jägerausbildung
Ausbilder: "Jagd ist Handwerk"
Ferro schnüffelt an einem Blutstropfen im Schnee und zeigt seinem Hundeführer so, dass er auf der Fährte ist. Die Jagdschüler sollen lernen, solche Zeichen richtig zu deuten. "Jagd ist Handwerk", sagt Ausbilder Hans Webersberger. Er ist auf die Arbeit mit dem Jagdhund spezialisiert und seit Beginn der Jägerausbildung dabei. Vor vier Jahren haben er und andere engagierte Jäger den Jagdkurs zusammen mit der Forstbetriebsgemeinschaft ins Leben gerufen.
Jäger mit Wald im Fokus
Es gibt die Jägerausbildung des Bayerischen Jagdverbandes, des Ökologischen Jagdvereins und privater Schulen. Warum braucht es einen Jagdkurs der Waldbauernvereinigung? "Bei uns liegt der Fokus auf der Waldjagd", sagt Martin Brunner von der FBG Westmittelfranken. "Wir haben festgestellt, dass viele klassische Jäger ihren Hochsitz immer noch auf die Wiese stellen und warten, dass ein Reh aus dem Wald kommt. Das funktioniert nicht."
Während Ferro weiter nach dem verwundeten Reh sucht, zeigt Martin Brunner den Jagdschülern, wie sie Wildwechsel im Wald erkennen und wo sie ihre Hochsitze entsprechend aufstellen.
Staatliche Prüfung
Acht Monate dauert die Jägerausbildung der FBG Westmittelfranken. Sie ist für alle Bewerber offen – egal, ob Waldbesitzer oder nicht. 120 Stunden in Theorie und Praxis müssen die Teilnehmer laut bayerischer Prüfungsordnung nachweisen, in Fächern wie Biologie, Naturschutz, Waldbau, Hygiene und Jagdrecht. Die Prüfungen sind im Mai und Juni. Sie werden von einer staatlichen Kommission abgenommen; egal, wo ein Jagdschüler die Ausbildung gemacht hat.
Carola Reiner möchte erst einmal den Jagdschein in der Tasche haben, dann wird sie sich um eine Jagdgelegenheit kümmern, am liebsten eben am eigenen Wald oder Acker. Für Hund Ferro war die Übungsfährte übrigens kein Problem, er hat das Reh rasch gefunden. Echte Nachsuchen können Tage dauern.
Dieser Artikel ist erstmals am 27. Januar 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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