In Deutschland traten im vergangenen Jahr mehr als 402.000 Menschen aus der katholischen Kirche aus. Das teilte die Deutsche Bischofskonferenz am Donnerstag in Bonn mit. 2022 waren es noch rund eine halbe Million Austritte. Trotz des leichten Rückgangs bewegen sich die Kirchenaustrittszahlen der katholischen Kirche auf einem hohen Niveau. Es ist der zweithöchste Wert der vergangenen Jahre. 2023 waren es immer noch mehr als dreimal so viele Menschen als noch vor 20 Jahren. 2003 verzeichnete die Deutsche Bischofskonferenz nur knapp 130.000 Austritte.
24 Prozent der Menschen in Deutschland katholisch
Von den 84 Millionen Menschen in Deutschland sind etwas über 20 Millionen Katholikinnen und Katholiken. Das macht 24 Prozent der Bevölkerung aus. In Bayern sind noch 42 Prozent der Menschen katholisch. Zum Vergleich: Rund 18,5 Millionen Mitglieder verzeichnet die evangelische Kirche in Deutschland 2023, ein Anteil von 22 Prozent an der Gesamtbevölkerung. Im vergangenen Jahr traten etwa 380.000 Protestanten aus. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hatte bereits im vergangenen Monat die Austrittszahlen mitgeteilt.
In Bayern traten 2023 106.000 Menschen aus der katholischen Kirche aus. Rund 1.200 Wiedereintritte und 320 Eintritte verzeichnet die Statistik der Deutschen Bischofskonferenz vergangenes Jahr. Zum Vergleich: 2022 verließen in Bayern noch 153.000 Katholikinnen und Katholiken die Kirche. Das ist ein Rückgang von rund 30 Prozent.
Rückgang der Austritte um rund 30 Prozent
Dieser Rückgang verteilt sich anteilsmäßig relativ gleichmäßig auf die sieben bayerischen Bistümer: In München und Freising gab es 32.000 Austritte (Austrittsquote 2,2 Prozent), in Augsburg 21.000 (1,8 Prozent), in Regensburg 17.000 (1,6 Prozent), in Würzburg 11.000 (1,7 Prozent), in Bamberg ebenfalls rund 11.000 (1,7 Prozent), in Passau 6.700 (1,6 Prozent) und in Eichstätt 6.000 (1,7 Prozent). Das bedeutet, im Erzbistum München und Freising treten im Verhältnis zur Gesamtzahl der Katholikinnen und Katholiken die meisten Menschen aus, in den Bistümern Passau und Regensburg am wenigsten. In absoluten Zahlen die meisten Austritte deutschlandweit verzeichnete das Erzbistum Köln mit über 40.000 Austritten.
In Bayern nehmen noch acht Prozent der fast 5,7 Millionen Katholikinnen und Katholiken regelmäßig an den Gottesdiensten teil - das sind etwa 460.000 Menschen. In Regensburg und Eichstätt sind sogar zehn Prozent regelmäßige Gottesdienstbesucher - deutschlandweit sind es nur sechs Prozent. Nach der Corona-Pandemie nimmt die Zahl der Gottesdienstbesucher also wieder langsam zu (5,7 Prozent 2022). In Bayern fanden 2023 über 42.000 Taufen statt, 47.000 Kinder feierten ihre Erstkommunion und 38.000 ließen sich firmen. 9.400 Paare in Bayern heirateten 2023 kirchlich. 66.000 Menschen wurden nach katholischem Ritus beerdigt. Im Vergleich zu 2022 zeigt sich, dass die Zahl der Taufen und Trauungen jeweils um 14 Prozent zurückgegangen ist. Bei den Erstkommunionen und Firmungen blieben die Zahlen nahezu konstant. Alleine Beerdigungen fanden häufiger statt - ein Plus von fast sechs Prozent im Vergleich zu 2022.
Im Video: Katholische Kirche - 2023 weniger Austritte als im Vorjahr
Höchster Katholikenanteil im Bistum Passau
Mit Blick auf die Situation in ganz Deutschland hat das Bistum Passau den höchsten Katholikenanteil. Über 60 Prozent gehören hier nach wie vor der katholischen Kirche an. Gefolgt vom Bistum Regensburg mit einem Katholikenanteil von über 50 Prozent. In den Bistümern Augsburg und Würzburg sind über 40 Prozent katholisch, in München und Eichstätt über 30 Prozent. Den geringsten Anteil an Katholiken hat in Bayern das Erzbistum Bamberg - dort sind nur noch über 20 Prozent Mitglied der katholischen Kirche. Deutschlandweit sind Katholikinnen und Katholiken vor allem in den Bistümern Dresden-Meißen, Magdeburg und Görlitz in der Minderheit. Dort sind unter vier Prozent der Einwohner katholisch. Auffällig ist, dass ausgerechnet die Katholikinnen und Katholiken dort mit über zehn Prozent zu den fleißigsten Kirchgängern gehören.
Dass sich der starke Rückgang der Katholikenzahlen aus dem Jahr 2022 "nicht so fortgesetzt hat" stimmt den Generalvikar der Erzdiözese München und Freising, Christoph Klingan, "verhalten optimistisch", auch wenn jeder einzelne Austritt für die Kirche schmerzhaft bleibe. Klingan hofft, "dass es bei den Gläubigen im Erzbistum ankommt, dass für uns die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch, die Hinwendung zu den Betroffenen und die Prävention zentrale Anliegen sind und bleiben. Wir stellen uns unserer Verantwortung." Zugleich setze die Erzdiözese alles daran, die positive Kraft des Glaubens erfahrbar zu machen, in der Seelsorge, der Caritas und der Bildung, sagt der Generalvikar. "Als Kirche wollen wir für die Menschen da sein und die stets aktuelle Botschaft Jesu Christi weiterhin glaubwürdig verkünden."
Augsburger Bischof freut sich über Gottesdienstbesucher
Der Augsburger Bischof Bertram Meier sieht die gesunkenen Austrittszahlen eher differenziert: "Ich trauere um jeden Menschen, der uns verlässt. Aber ich freue mich, dass im vergangenen Jahr der negative Trend abgemildert wurde." Erfreut zeigte er sich über die weiter wachsende Zahl der Gottesdienstbesucher, die im Jahr 2023 wieder annähernd das Vor-Corona-Niveau erreicht hat. "Kirche ist eine Gemeinschaft, zu der Gott uns zusammenruft. Dass der sonntägliche Gottesdienst in der Gemeinde wieder vermehrt als Ort der Stärkung und des Trostes wahrgenommen wird, erfüllt mich mit großer Dankbarkeit."
Bischof Oster: "Wir werden Jahr für Jahr weniger"
Der Passauer Bischof Stefan Oster bedauert: "Wir werden Jahr für Jahr weniger." Positiv angenommen werde mittlerweile die Firmung ab 16 Jahren, die im Bistum Passau vor einigen Jahren eingeführt worden war. Statt bereits in der sechsten Klasse gefirmt zu werden, sollten sich die Teenager mit 16 dann bewusst für die Firmung entscheiden. Zur Aufarbeitung der Missbrauchsthematik sagte Oster, das "gehe gut voran". Im kommenden Jahr soll eine historische Missbrauchsstudie der Universität Passau veröffentlicht werden und für mehr Transparenz im Bistum sorgen, so Oster.
Wir sind Kirche: "Keine Trendwende"
Die Bewegung "Wir sind Kirche" sieht die Kirchenstatistik als höchst bedauerliches Zeichen des kontinuierlichen Schrumpfungsprozesses der katholischen Kirche. Die rückläufigen Zahlen seien keine Trendwende, heißt es in der Pressemitteilung. "Vielmehr zeigen die verschiedenen Kennwerte einen sich verstetigenden Prozess des Abschieds von immer mehr Menschen von der verfassten Kirche in Deutschland." "Wir sind Kirche" fordert einen Abkehr von der "Hauptamtlichen-Kirche", hin zu einer "Teilhabe-Kirche". "Wenn nicht baldmöglichst die Ergebnisse des Synodalen Weges in Deutschland und die der Weltsynode in Rom auch an der Kirchenbasis spürbar werden, wird der Entfremdungsprozess ungebremst weiterlaufen und der Relevanzverlust der Kirche innerhalb der Gesellschaft weiter rapide zunehmen", prophezeit die Bewegung. "Dem dürfen wir nicht tatenlos zusehen."
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