Der angeklagte Arzt vor dem Urteil im Gerichtssaal in Landsberg am Lech.
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Wegen 112 Masken-Befreiungsattesten: Bewährungsstrafe für Arzt

Wegen 112 Masken-Befreiungsattesten: Bewährungsstrafe für Arzt

Das Amtsgericht Landsberg hat einen Kauferinger Arzt zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung verurteilt. Er habe während der Pandemie 112 Masken-Befreiungsatteste ausgestellt, ohne Patienten zu untersuchen.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Das Amtsgericht Landsberg hat einen Arzt und Homöopathen aus Kaufering wegen Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse in 112 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten - ausgesetzt auf Bewährung - verurteilt. Zudem muss er 1.581 Euro als Wertersatz zahlen. Innerhalb eines Jahres nach Rechtskräftigkeit des Urteils muss der Arzt außerdem 10.000 Euro für krebskranke Kinder ans Haunersche Kinderspital bezahlen.

Nach Verhandlungsende applaudierte der Arzt dem Schöffengericht. Auf die Frage, ob er weiterhin - wie vorab angekündigt - Rechtsmittel einlegen wolle, sagte sein Anwalt, das müsse er mit seinem Mandanten noch besprechen.

Geltendes teilweises Berufsverbot aufgehoben

Das Gericht blieb mit seinem Urteil deutlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die eine Freiheitsstrafe von drei Jahren gefordert hatte. Außerdem setzte das Gericht die Strafe von einem Jahr und neun Monaten zur Bewährung aus, weil der 60-Jährige Ersttäter sei und eine positive Sozialprognose habe, da er etwa in geordneten Verhältnissen lebe. Auch das geforderte teilweise Berufsverbot sah das Gericht nicht als nötig an, weil der Angeklagte aus gesundheitlichen Gründen schon seit zweieinhalb Jahren nicht mehr praktiziere und eine Tatwiederholung ohne Maskenpflicht nicht möglich sei. Deshalb hob das Gericht auch das derzeit für den Angeklagten geltende teilweise Berufsverbot auf.

Für seine letzten Worte, die er sich auf gut 17 Seiten notiert hatte und für die er eine Stunde zum Vortragen brauchte, erhielt der Angeklagte in der Pause vor der Urteilsverkündung Zustimmung und Gratulationen von den Zuschauenden. Vor Verhandlungsbeginn versammelten sich draußen viele Leute, die nicht mehr in den Gerichtssaal passten und wünschten ihm alles Gute. Das Gericht verteilte je nach Ankunftszeit Platzkarten für die 24 Zuschauerplätze. Zunächst erhielt auch die Familie des Angeklagten keine Plätze mehr. Auf seine Bitte hin verzichteten zwei andere Zuschauer auf ihre Plätze.

Große Nachfrage für Masken-Atteste

Nach Auffassung des Gerichts seien die Atteste durchaus als solche ausgegeben worden und nicht als reine Empfehlungen, wie vom Verteidiger angegeben. Vom Angeklagten seien die Strukturen dafür aufgebaut worden: Er habe Blankoatteste ausgestellt und seine Mitarbeiterinnen angewiesen, diese zu verschicken - zu einem Preis von 17 Euro. Die Nachfrage sei sehr groß gewesen, wie der Angeklagte selbst in einem Video gesagt habe: In der Anklageschrift war ursprünglich von 4.700 Fällen die Rede, in seinem Plädoyer sprach der Staatsanwalt dann noch von 4.000. Tatsächlich konnte dem Arzt dann aber lediglich in 112 Fällen nachgewiesen werden, Blankoatteste ausgestellt zu haben.

Gericht: Angeklagter habe ärztliche Sorgfaltspflicht vernachlässigt

Dass dem Angeklagten bewusst gewesen sein muss, dass sein Vorgehen nicht in Ordnung war, zeigen nach Meinung des Gerichts etwa Hinweise einer Mitarbeiterin, die Sache vertraulich zu behandeln, oder Beratungsangebote, wenn Atteste eingezogen wurden. Das Gericht sei zu der Überzeugung gekommen, dass der Angeklagte den Leuten tatsächlich habe helfen wollen, dabei aber der ärztlichen Sorgfaltspflicht nicht genügt habe. Denn die Schilderungen von Symptomen seien per Mail an die Assistentinnen gegangen.

Der Arzt hat nun eine Woche Zeit, um das Urteil zu akzeptieren oder Rechtsmittel einzulegen.

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