Kein Geld für den Winterdienst: Die Stadt Starnberg hat insgesamt 52 Wege gesperrt. Anwohner, Schulkinder und Spaziergänger sind betroffen.
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Kein Geld für den Winterdienst: Die Stadt Starnberg hat insgesamt 52 Wege gesperrt. Anwohner, Schulkinder und Spaziergänger sind betroffen.

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Kein Geld für Winterdienst: Starnberg sperrt Wege

Kein Geld für Winterdienst: Starnberg sperrt Wege

Noch liegt kein Schnee, aber die Stadt Starnberg hat vorsorglich schon jetzt 52 Wege gesperrt. Die Stadt muss sparen, auch beim Winterdienst. Die vielen Absperrungen bleiben nun bis Ende März 2025 stehen. Der Ärger darüber ist in Starnberg groß.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Kein Durchgang: Rot-weiße Absperrgitter und Verbotsschilder stehen seit Anfang November in ganz Starnberg. Warum das so ist – dazu steht dort keine Erklärung. Insgesamt sind 52 "beschränkt-öffentliche" Wege, darunter auch Treppen, betroffen. Sie sind meist Querverbindungen in Starnberg und wichtig für Anwohner, Schulkinder und Spaziergänger. Der Ärger und die Aufregung sind groß.

Kopfschütteln bei den Starnbergern

"Völlig verrückt!" - "Ein Wahnsinn!" - "Ist hier 'Verstehen Sie Spaß' unterwegs?" Hört man sich in Starnberg um, ist die Empörung groß. So auch bei Anwohner Rupert Bopp: "Das ist ärgerlich! Ich wohne hier und das ist ein Hürdenlauf." Spaziergängerin Therese Kaltnicker ist wütend: "Wenn ich einen Sinn darin sehe, okay, aber so?" Auch Familienvater Martin Seidel schimpft: "Meine Kinder gehen hier zur Schule. Der offiziell mit der Stadt und der Polizei abgestimmte Schulweg ist jetzt den ganzen Winter gesperrt. Das ist schwierig." So müssten die Kinder jetzt anstatt über die sicheren Wege an viel befahrenen Hauptstraßen zur Grundschule gehen. Erzählen die Starnberger.

Absperrungen werden ignoriert

Ein sonniger Herbsttag in Starnberg: Kinder kommen von der Schule, ältere Herrschaften gehen spazieren, andere Einheimische haben eingekauft oder sind wegen ihrer Arbeit unterwegs. Auffallend: Alle nutzen die Wege trotz Verbot, schieben die Gitter zur Seite oder gehen vorbei. "Ich muss halt aufpassen. Man hat ja auch ein bisschen Eigenverantwortung. Wenn Schnee liegt, muss ich halt vorsichtig sein", sagt eine Starnbergerin.

Starnberg spart 61.100 Euro durch Sperrung der Wege

Nun könnte manch einer meinen, Starnberg sei reich, weil hier viele vermögende Menschen wohnen. Dem ist aber nicht so, sagt Bürgermeister Patrick Janik (Unabhängige Wählergruppe). Die Stadt profitiere nicht von der Einkommenssteuer. Die Kassen sind leer. Starnberg muss sparen.

Allein im Verwaltungshaushalt klaffte zuletzt eine Lücke von fünf Millionen Euro. Neben den Einsparungen beim Winterdienst sind auch die Kita-Gebühren erhöht worden, es gab eine Gewerbesteuer und Grundsteuererhöhung, berichtet der Starnberger Bürgermeister. "Wir haben tatsächlich alles zusammenkratzen müssen, was ging. Wir haben drastische Maßnahmen diskutiert, auch die Schließung des Museums." Mit der Einstellung des Winterdienstes auf den 52 Wegen spart Starnberg nun rund 60.000 Euro ein.

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Auch Treppen sind seit Anfang November gesperrt. Alle Wege dürfen bis Ende März 2025 nicht betreten werden. Viele Starnberger sind sauer.

Starnberger Stadtrat hat Sperrung der Wege beschlossen

Laut Reinigungs- und Sicherheitsverordnung der Stadt Starnberg sind die Anlieger für den Winterdienst auf den beschränkt-öffentlichen Wegen zuständig. Der Stadtrat hatte vor Jahren beschlossen, diese Aufgabe zu übernehmen, teilt die Stadt auf BR-Anfrage mit. Die Wege wurden durch den Betriebshof und Fremdfirmen bisher geräumt und gestreut. Um Kosten zu sparen, hat der Starnberger Stadtrat im Februar dieses Jahres erstmals entschieden, diese Wege zu sperren. Den Winterdienst den Anliegern wieder zu übertragen, fand im Stadtrat keine Mehrheit.

Der Hinweis "Kein Winterdienst, Benutzung auf eigene Gefahr" sei keine Lösung, da er keine haftungsrechtliche Bedeutung habe, erklärt Bürgermeister Patrick Janik. Die Stadt sei auch bei den beschränkt-öffentlichen Wegen für die Verkehrssicherheit zuständig.

Starnberger Bürgermeister nicht glücklich mit der Regelung

Der Bürgermeister als ausführendes Organ musste den Beschluss des Stadtparlaments umsetzen. Zufrieden ist er damit aber nicht. "Ich verstehe jeden Bürger, der das für einen Auftritt aus Absurdistan hält. Hier trifft unsere klamme Finanznot auf eine allgemein zu beobachtende Tendenz, dass die Eigenverantwortung immer mehr abgeschafft wird." Das sei schon absurd, klagt Janik.

Der Bürgermeister will das Thema nun in der nächsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses des Stadtrats am Montag, 18. November, erneut zur Beratung vorlegen. Er wolle dann vorschlagen, so Patrick Janik gegenüber dem BR, dass die Stadt in diesem Winter noch einmal den Winterdienst an den Kindergarten- und Schulwegen sowie ein bis zwei weiteren stark frequentierten Wegen, zum Beispiel der Brücke beim Kandler, übernimmt. Alle anderen Wege sollen gesperrt bleiben.

Andere Städte und Kommunen in Oberbayern sperren keine Wege

Starnberg und seine gesperrten Wege aus Sparzwängen sind offenbar ein Einzelfall in Oberbayern. Andere Städte und Gemeinden wie Traunstein, Bad Tölz, Fürstenfeldbruck, Freising oder Pfaffenhofen an der Ilm teilen auf BR-Anfrage mit: Sie planen keine Einsparungen beim Winterdienst.

Starnberg wird Kontrollen durchführen

Die Stadt Starnberg wird Kontrollen an den gesperrten Wegen durchführen, kündigt Bürgermeister Patrick Janik an. Aber auf Bußgelder werde die Stadt verzichten.

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