Fleisch essen – ja gerne, sagen über 80 Prozent der Deutschen. Darüber, wie die Tiere, die später auf dem Teller landen, gehalten werden, wissen wir dank verschiedener Siegel auch immer mehr. Aber über das Thema Schlachten ist wenig bekannt. Nur wenn es Skandale gibt, wenn Tierschützer heimlich gedrehtes Material aus Schlachthöfen veröffentlichen, so wie die SoKo Tierschutz vergangenes Jahr aus dem Schlachthof Aschaffenburg, dann wird Schlachten ein Thema.
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SoKo Tierschutz hält System Schlachthof für gescheitert
In Aschaffenburg wurden Tiere nicht ausreichend betäubt, und die Zuständigen sollen externe Kontrollen vorab verraten haben. Viele Tierschützer wollen angesichts dessen alle Schlachthöfe abschaffen. Schlachten "verroht die Leute wirklich unglaublich schnell. Es zieht gewisse Strukturen an. Es ist sehr verlockend für Tierquälerei, Kriminalität", sagt Friedrich Mülln von der SoKo Tierschutz. Gerade das Beispiel Aschaffenburg zeige, wie leicht all das, was der Staat verspricht, beim Schutz der Tiere im Schlachthof ausmanövriert werden könne.
Bauern und Metzger wollen Schlachthof Aschaffenburg erhalten
Aber Bauern und Metzger brauchen Schlachthöfe. So auch in Aschaffenburg, wo die Stadt den Schlachthof schließen will, aber Bauernverband, Betreiber und Metzger für den Erhalt kämpfen. Sie hoffen auf Unterstützung von der bayerischen Politik – um bis spätestens 2029 einen neuen Schlachthof bauen zu können und bis dahin den alten weiterzubetreiben. Denn je mehr Schlachthöfe schließen, desto weiter werden die Entfernungen, die Bauern mit ihren Tieren auf dem letzten Weg zurücklegen müssen. Marco Häuser, Obermeister bei der Metzgerei-Innung Aschaffenburg, berichtet: Regional sei für seine Kunden das neue Bio. Und da gehörten auch kurze Wege zum Schlachthof dazu.
Im Video: Zwischen Tierschutz-Skandal und Wirtschaftlichkeit: Schlachthof unter Druck | Unser Land
Schlachthof Bamberg schließt – aus wirtschaftlichen Gründen
In Aschaffenburg ist nach einer ersten Gerichtsverhandlung über die Räumungsklage noch alles offen – ob es weitergeht oder der Schlachthof womöglich doch noch zusperren muss. So wie der städtische Schlachthof in Bamberg. Dort gab es keinen Tierschutz-Skandal, sondern wirtschaftliche Probleme. Obwohl auch große Fleisch-Konzerne wie VION und Tönnies als "Großkunden" hier schlachten ließen, war der Betrieb Anfang des Jahres nicht ausgelastet, es fehlten Rinder. Der Schlachthof machte Verluste, die von der Stadt Bamberg ausgeglichen werden mussten: bis zu 40.000 Euro pro Woche! Am Freitag (31.05.) wird hier zum letzten Mal geschlachtet. In Zukunft entsteht womöglich ein Handwerkerhof oder ein "Food-Campus" für veganes Essen auf dem Gelände.
Mehr als 1.600 Schlachtstätten in Bayern – noch
Landwirte, die bisher ihre Tiere nach Bamberg gebracht haben, müssen künftig weitere Wege zurücklegen. Das bedeutet höhere Kosten und mehr Stress für die Tiere. Noch gibt es über 1.600 Schlachtstätten in Bayern (vom Metzger mit Schlachtbetrieb bis hin zum Großschlachthof), so viele wie in keinem anderen Bundesland. Ihre Zukunft wird auch davon abhängen, wie viel Fleisch wir künftig essen und wie viele Tiere gehalten werden. Eine Arbeitsgruppe mit Vertretern aus der Landwirtschaft und dem Fleischerhandwerk im bayerischen Landwirtschaftsministerium soll das klären. Fest steht: gerade mittelgroße Schlachthöfe stehen vielerorts unter Druck.
Mehr Videoüberwachung soll Tierleid verhindern
Wie es in den Schlachthöfen weitergeht, hängt auch von den Rahmenbedingungen der Politik zum Tierwohl ab. Tierschützer fordern mehr Kontrollen, Videoüberwachung in allen Schlachthöfen und eine Prüf- und Zulassungspflicht für die Geräte, die zur Betäubung von Tieren in Schlachthöfen eingesetzt werden. Zumindest die Verpflichtung zu Videoaufzeichnungen in Schlachthöfen steht im Entwurf zur Änderung des Tierschutzgesetzes, die das Bundeskabinett vergangenen Freitag beschlossen hat. So sollen sich Behörden künftig ein besseres Bild davon machen können, was in Schlachthöfen passiert.
Dass es künftig keine Schlachthof-Skandale mehr gibt, wünschen sich auch diejenigen, die auf die Schlachthöfe angewiesen sind – also Metzger und Landwirte. Marco Häuser, Obermeister bei der Metzgerei-Innung Aschaffenburg: "Man befördert ein Tier vom Leben zum Tod. Das ist auch nicht jedermanns Sache, das muss man auch sehen, aber das muss eben ethisch und tierschutzgerecht gut gemacht werden." Zumindest da sind sich alle einig.
Damit so etwas nicht passiert
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