Wie geht es mit dem Aschaffenburger Schlachthof weiter? Diese Frage wird heiß diskutiert. Die Bayerische Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV) hat den Betrieb nach angeblichen Verstößen gegen den Tierschutz geschlossen.
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Wie geht es mit dem Aschaffenburger Schlachthof weiter? Die Bayerische Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit hat den Betrieb geschlossen.

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Schlachthof-Vorwürfe: Warum hat es niemand bemerkt?

Schlachthof-Vorwürfe: Warum hat es niemand bemerkt?

Schweine, denen Augen herausgerissen wurden, Folter mit Elektroschockern: Es sind Szenen, die die SOKO Tierschutz beschreibt und die sich im Aschaffenburger Schlachthof abgespielt haben sollen. Vor Ort bleibt die Frage: Warum hat es niemand bemerkt?

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Wie geht es mit dem Aschaffenburger Schlachthof weiter? Diese Frage wird nicht nur in der Kommunalpolitik heiß diskutiert. Die Bayerische Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV) hat den Betrieb nach angeblichen Verstößen gegen den Tierschutz geschlossen. Das ARD-Magazin "Fakt" strahlt am Dienstagabend, um 21.45 Uhr einen Beitrag mit Bildern aus, die von der SOKO Tierschutz im Aschaffenburger Schlachthof aufgenommen wurden. Am Montag hatte der Betreiber zum ersten Mal auf die Vorwürfe reagiert.

Misshandlungen trotz Kontrollen?

Das Unverständnis vor Ort ist groß. Denn der Aschaffenburger Schlachthof beschäftigt einen Tierschutzbeauftragten, zudem ist wohl bei jeder Schlachtung ein amtlicher Tierarzt der Stadt Aschaffenburg dabei. Außerdem gibt es Begutachtungen der Bayerischen Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen – aber nur stichprobenartig.

Auch Meinhard Gruber, Rechtsreferent der Stadt Aschaffenburg, kann es sich nicht erklären, warum die Kontroll-Kaskade nicht funktioniert hat. Der Tierschutzbeauftragte des Schlachthofs habe bisher keine Verstöße gemeldet, so Gruber auf BR-Nachfrage.

Kommunalpolitik fordert Aufklärung

Die Causa Schlachthof wird in den Stadtratsfraktionen heiß diskutiert. Fünf Anträge wurden bereits gestellt. CSU, SPD, Grüne und KI (Kommunale Initiative) fordern eine umfängliche Aufklärung und mehr Transparenz beim innerbetrieblichen Ablauf des Schlachthofs. Die CSU fordert einen sofortigen Geschäftsführer-Wechsel. Am weitesten geht der Antrag der SPD: Sie fordert, den Betreibervertrag umgehend zu kündigen. Der Fraktionsvorsitzende Erich Henke sagte gegenüber dem BR: "Wir hatten ja bereits 2015 einen Skandal im Schlachthof und waren sicher, dass mittels Kameras und Kontrollen der Tierschutz nun eingehalten wird. Wir brauchen einen zuverlässigen Betreiber – so wie es jetzt läuft, das muss ein für alle Mal der Vergangenheit angehören!"

Fehlner: Es gab seit Längerem Hinweise

Dem stimmt auch Stadtratskollegin Martina Fehlner zu. Die SPD-Politikerin ist tierschutzpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion und sie fragt sich: "Es gab bereits seit Längerem Hinweise auf Tierschutzverstöße im Aschaffenburger Schlachthof. Warum bedurfte es dann erst des Tipps eines Landwirts und der Recherche von Tierschutzaktivisten, um die Behörden zum Handeln zu bewegen?" Fehlner fordert die Pflicht zur staatlichen Videoüberwachung an tierschutzrechtlich neuralgischen Stellen der Schlachthöfe: "Der im Mai vorgestellte Entwurf der Bundesregierung zur Reform des Tierschutzgesetzes sieht eine solche verpflichtende Überwachung vor. Es ist wichtig, dass sich dieser Vorschlag auch im finalen Gesetz wiederfindet und dann schnellstmöglich umgesetzt wird."

Landwirte und Metzger entsetzt

Sechs Gesellschafter sind am Aschaffenburger Schlachthof beteiligt, wie Landwirte und Metzger. Auf BR-Nachfrage wollte sich bislang nur der ehemalige Gesellschafter Marco Häuser zu den Vorwürfen äußern. Er betreibt mehrere Metzgereien und Filialen in Stadt und Landkreis Aschaffenburg sowie dem benachbarten Hessen. "Das ist eine Katastrophe! So etwas darf nicht passieren – doch ich kenne leider die Aufnahmen nicht", sagt Marco Häuser. Er lässt aktuell in Fulda, Aub und Großheubach schlachten und betont: "Mit unseren Schlachtgebühren zahlen wir auch dafür, dass die Mitarbeiter und Veterinäre auf eine tierschutzgerechte Schlachtung achten und ihre Aufgabe ernst nehmen!"

Bauernverband fordert Konsequenzen

Stefan Köhler, Präsident des Bauernverbands in Unterfranken, spricht von einer schwierigen Situation für Landwirte und auch Metzger in der Region: "Wir ziehen unsere Tiere mit viel Liebe und Überzeugung groß und versuchen, das Beste zu geben. Wenn das am Schlachthof dann so schlimm zugeht, dass Tiere gequält werden, dann ist das einfach unmöglich. Das lehnen wir ab und das muss auch Konsequenzen haben."

Einigen Mitarbeitern wurde bereits gekündigt, die Betriebsleitung spricht von einem neuen Tierschutz-Konzept. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Ob und wann der Schlachthof wieder den Betrieb aufnimmt, ist noch unklar.

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