Das erste Inklusionscafé im Landkreis Dachau.
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Das erste Inklusionscafé im Landkreis Dachau hat einmal pro Monat geöffnet. Es soll Menschen mit Beeinträchtigung neue Perspektiven ermöglichen.

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Kellnern mit Beeinträchtigung? Neue Chancen im Inklusionscafé

In Hebertshausen hat ein Café eröffnet, in dem Menschen mit und ohne Behinderung zusammen arbeiten. Das erste Inklusionscafé im Landkreis Dachau. Einmal pro Monat hat es geöffnet – und soll Menschen mit Beeinträchtigung neue Perspektiven ermöglichen.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Im Café riecht es bereits nach frisch gebackenen Waffeln. An einem Wochenende pro Monat öffnet das Inklusionscafé "Stimmt so" in Hebertshausen. In der Küche wird gerade alles vorbereitet. An der Waffelstation steht heute Emilia Sorgatz. Die 22-Jährige hat eine leichte kognitive Beeinträchtigung und ist nun schon das dritte Wochenende dabei.

Anfangs hatte sie Bedenken, ob die Arbeit im Café etwas für sie ist. So viele neue Menschen kennenzulernen, hat ihr etwas Angst gemacht. Mittlerweile ist sie aber froh, dass sie zugesagt hat.

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Emilia Sorgatz hatte anfangs Bedenken, ob die Arbeit im Café etwas für sie ist. Mittlerweile ist sie aber froh, dass sie zugesagt hat.

Letztes Mal hat Emilia sich auch mal im Service versucht: Ihre Aufgabe – die Teller mit Kuchen und Waffeln zu den Tischen tragen. Das sei ein bisschen anstrengend gewesen, weil so viel los war, habe ihr aber auch Spaß gemacht.

Waffelanleitung mit Bildern

Das Café hat sich auf belegte Waffeln spezialisiert – mit Früchten, Eis, Soßen oder Schokolade. In der Küche an der Wand hängen mehrere Bilder, auf denen Schritt für Schritt abfotografiert wurde, wie zum Beispiel eine Erdbeerwaffel belegt werden muss. Damit auch Menschen, die nicht lesen können, zurechtkommen. Für alle, die lesen können, gibt es zusätzlich eine Schritt-für-Schritt-Anleitung in leichter Sprache.

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Spezialität im "Stimmt so" sind belegte Waffeln.

Draußen zeigt Tanja Patti derweil den ersten Gästen schon ihre Tische. Sie ist die Inklusionsbeauftragte von Hebertshausen und hatte die Idee zum Café. Denn Tanja ist selbst Mutter eines Kindes mit Behinderung.

Ihr Sohn Valentino ist in der achten Klasse und wird inklusiv beschult. Als Eltern seien sie immer am Überlegen, wie es danach für ihn weitergehen könnte. Ihr Wunsch sei es, dass er nicht in die Behindertenwerkstatt gehen muss, sondern auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Anstellung findet.

Mehr Chancen für Menschen mit Behinderung

Als Inklusionsbeauftragte hatte sie ein Schmankerldinner in der Gemeinde organisiert und dabei gemerkt: Das ist ein Tätigkeitsfeld, das Menschen mit Behinderung, besonders mit kognitiver Einschränkung, gut bewältigen können. Sie hat mehrere Inklusionscafés besucht, zum Beispiel das Café Miteinand in Bad Tölz und mit ihrem Mann beschlossen: So etwas braucht es im Landkreis Dachau auch. Denn die Hürden für Menschen mit Behinderung, einen Praktikumsplatz oder eine Anstellung zu finden, sind noch immer hoch. Ihr Ziel ist deshalb, dass die Menschen in ihrem Café eine Chance haben, um sich zu praktisch zu qualifizieren.

Das Café hat erst das dritte Wochenende geöffnet und Tanja merkt schon jetzt, wie viel die Helfer hier lernen. Das Schönste seien aber die Sozialkontakte. Es gehe um Inklusion in der Gesellschaft: "Viele kommen aus Hebertshausen und finden hier wieder Anschluss und freuen sich jedes Mal, wenn sie dabei sein können."

Einsatz nach Fähigkeiten

Tanja und ihr Team wollen, dass jeder nach seinen Stärken eingesetzt wird. 14 Helfer sind pro Tag eingeteilt, einige im Tandem, Es habe sich schnell herauskristallisiert, wen man wo einsetzen kann. Ihr Sohn könne die Waffelstation zum Beispiel noch nicht bewältigen, sei dafür aber gut im Service. Café-Mitarbeiterin Bianca Erhard backe dafür die schönsten Waffeln.

Dafür bekomme sie auch viel Anerkennung, erzählt ihre Mutter Sabine, die ebenfalls im Café hilft. Doch nicht nur die Tochter profitiert vom Café. Auch Sabine habe gemerkt, wie allein sie die ganzen Jahre mit ihrer Tochter war. Es habe nur immer geheißen, "die können das nicht, das geht nicht und jenes ist nicht möglich". Das Projekt beweist das Gegenteil: "Man sieht, dass eben schon viel möglich ist", betont Sabine Erhard, "und dass Menschen mit Behinderung über sich hinauswachsen können."

Helfer arbeiten ehrenamtlich

Alle Helfer arbeiten ehrenamtlich im Café. Von den Einnahmen wird aktuell noch die Küchenausstattung abbezahlt und auch der Bau einer Behindertentoilette finanziert. Tanja Patti und ihr Team wollen zeigen, wie Inklusion funktionieren kann. Sie hofft deshalb, dass nicht nur das Café in Hebertshausen gut läuft, sondern dass es Nachahmer gibt. Ihr Wunsch: Dass sich auch andere Unternehmen dazu entscheiden, neue Wege zu gehen und Menschen mit Behinderung einzustellen.

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