86 Seiten voller grüner Ideen und Ziele: vom 29-Euro-Klimaticket über weniger Nutztiere bis hin zum Klimacheck für alle Gesetze und Ausgaben. Was die Grünen am Montag vorgelegt haben, ist ein Wahlprogramm, mit dem sie als Gegenpol zur CSU in den Wahlkampf ziehen wollen.
Fraktionschefin und Spitzenkandidatin Katharina Schulze sagte bei der Präsentation: "Wir wollen in die Regierung und haben den besten Plan für Bayern. Darum heißt es auch Regierungsprogramm." Die aktuellen Umfragen sehen die bayerischen Grünen zwar weiterhin als zweitstärkste Kraft im Freistaat. Eine Koalition mit den Grünen schließt Ministerpräsident Markus Söder (CSU) aber seit einiger Zeit regelmäßig aus.
Grünen-Wahlprogramm: Mehr erneuerbare Energien, mehr Unterstützung für Kommunen
Genauso wie die Staatsregierung wollen die Grünen Bayern bis 2040 klimaneutral machen. Die Bemühungen der Staatsregierung würden dafür aber nicht ausreichen, so die Grünen. Sie wollen deshalb ein Klimagesetz mit einem verbindlichen CO2-Budget für alle. Daneben stehen im Programm bekannte grüne Forderungen: mehr Windstrom, mehr Sonnenstrom. Ein öffentliches Energieunternehmen, die Bayern-Energie, soll sämtliche Aktivitäten in diesem Sektor bündeln. Kommunen, die bei Geothermie-Probebohrungen ein erhebliches finanzielles Risiko tragen müssen, sollen per Bürgschaft entlastet werden.
Auch beim Thema Mobilität wollen die Grünen eine Kurskorrektur. Ein "Klimaticket Bayern" für 29 Euro im Monat und Gratis-ÖPNV für Kinder, Jugendliche und Azubis unter 28 Jahren. Also eine Weiterentwicklung des von der Bundesregierung beschlossenen 49-Euro-Tickets, das zum 1. Mai eingeführt wird. Für Sanierung und Erhalt des Straßennetzes soll Geld zur Verfügung stehen, für einen Ausbau des Straßennetzes nicht. Die Reaktivierung von Bahnlinien, ebenfalls ein Herzensanliegen der Grünen, sei ein echtes Bekenntnis zu den Menschen am Land, sagte Parteichef Thomas von Sarnowski.
Kinder im Fokus: Weniger Notendruck, Schwimmunterricht
Neben dem grünen Kernthema "Klima" nehmen die Grünen Kinder und Jugendliche in den Fokus. Ziel sei es, sagt Fraktionschefin Schulze, "sie aus dem toten Winkel der Politik zu holen". Eine Idee: Jedes Kind soll bis zum Ende seiner Grundschulzeit schwimmen gelernt haben. Dafür müsse man in Schwimmbäder investieren, den Schulschwimmunterricht stärken. Außerdem soll die Mittagsverpflegung an allen Schulen kostenlos werden. Um Viertklässler nicht so stark unter Druck zu setzen, planen die Grünen, die Übertrittsnote abzuschaffen. Stattdessen sollen die Eltern - nach guter Beratung durch die Lehrkräfte - die geeignete Schule für ihr Kind auswählen.
Damit Bayern als Standort für Unternehmen und Betriebe attraktiv bleibt, soll es weiterhin viel Geld für die Wirtschaft geben. Rund eine Milliarde Euro wird laut Co-Parteichefin Eva Lettenbauer aktuell dafür investiert. Die Grünen wollen diese Subventionen stärker an der Klimafreundlichkeit ausrichten. Alle Ausgaben und Gesetze sollen zudem einem "Klimacheck" unterworfen sein. Klimaschädliche Subventionen und Steuergeschenke sollen so nicht mehr möglich sein.
Wasser-Cent und weniger Nutztiere
"Wir haben die Erde nur von unseren Kindern geborgt" zitierte Ludwig Hartmann, Co-Fraktionschef, eine indianische Weisheit. Mehr Schutz der Natur sei nötig. Dazu gehöre es, die Wasserschutzgebiete zu verdoppeln. Hartmann forderte ein Grundwasser-Kataster, "damit wir endlich wissen, wie viel Grundwasser überhaupt entnommen wird". Seit längerem schon fordern die Grünen den sogenannten "Wasser-Cent" für Unternehmen, die Grundwasser entnehmen. Und weil Gewässerschutz laut Hartmann nur mit einem geringeren Tierbestand funktioniert, soll der Nutztierbestand bis 2030 um 20 Prozent zurückgehen. "Unsere Klimaziele lassen sich nur erreichen, wenn wir die Tradition des Sonntagsbratens wiederbeleben und insgesamt weniger Tiere halten – aber die mit deutlich mehr Platz und Lebensqualität als bisher", so Hartmann.
❗❗ Mitdiskutieren lohnt sich: Die folgende Passage hat die Redaktion aufgrund von Userkommentaren, unter anderem von "Nora50" und "Josteu", im Rahmen des BR24 Projekts "Dein Argument" ergänzt.
Auf die Frage, wie die Vorschläge finanziert werden sollen, antwortet die Partei auf Nachfrage von BR24 unter anderem damit, die Schuldenbremse lockern zu wollen. Weitere Möglichkeiten, die Vorschläge zu finanzieren, sehen die Grünen einem Sprecher zufolge in der Abschaffung von Steuergeschenken und des "Gießkannenprinzips". Zudem sollen durch den Klimacheck Ausgaben identifiziert werden, die dem Klimaschutz nicht nutzen und Einsparungspotentiale bieten. ❗❗
Insgesamt 86 Seiten umfasst der Programmentwurf – darüber abgestimmt wird erst beim Parteitag im Mai. Als erste der im Landtag vertretenen Parteien hatte die FDP am Wochenende ihr Wahlprogramm beschlossen.
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