Die bayerische Landeskirche hat keine rechtliche Handhabe dagegen, dass der wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Schutzbefohlenen verurteilte evangelische Gemeindepfarrer von Schwarzach in Oberfranken weiterhin im dortigen Pfarrhaus wohnt.
Weil der Mann sich die Pfarrstelle mit seiner Ehefrau teile und auch dieser damit das Pfarrhaus als Dienstwohnung zugewiesen sei, müsse die Landeskirche derzeit hinnehmen, dass der verurteilte Mann weiterhin im Pfarrhaus wohne, sagte eine Kirchensprecherin.
Pfarrer verliert nach Verurteilung automatisch Job
Wie lange das aber noch so bleiben kann, ist fraglich. Weil der Mann im Verfahren vor dem Amtsgericht Kulmbach auf Rechtsmittel verzichtet hatte, ist die Verurteilung zu einem Jahr und neun Monaten Haftstrafe auf Bewährung bereits rechtskräftig.
Wird eine Pfarrperson zu mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt, verliert sie nach dem Pfarrdienstgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) automatisch ihren Job. Da der Mann nun als Stellenteiler wegfalle, könnte die Pfarrerin anschließend auch gegen ihren Willen versetzt werden.
Zwölfjähriges Mädchen sexuell missbraucht
Das Amtsgericht Kulmbach hatte den Mann bereits in der vorvergangenen Woche wegen insgesamt sechs Übergriffen auf ein zwölfjähriges Mädchen verurteilt. Die Übergriffe haben demnach im Pfarrhaus von Schwarzach bei Kulmbach zwischen Dezember 2023 und März 2024 stattgefunden.
Die Staatsanwaltschaft hatte die Kirche im September über die Ermittlungen gegen den Pfarrer informiert – offenbar auch inklusive Tatbestand. Dem Mann sei daraufhin die Ausübung des Pfarrberufs für die Dauer des Verfahrens untersagt worden.
Kirche benötigt amtliche Mitteilung der Staatsanwaltschaft zum Urteil
Die Sprecherin der Landeskirche stellte am Montag klar, dass man für die dienstrechtlichen Konsequenzen gegen den Mann eine amtliche Mitteilung der Staatsanwaltschaft zum Urteil benötige. Diese liege noch nicht vor, sei aber auch nochmals extra von der Kirche bei der Behörde angefordert worden. Höchstens einen Monat nach Zustellung des Dokuments müsse der Mann dann ganz offiziell aus dem Dienst entlassen sein, verwies die Sprecherin auf das Disziplinarrecht.
Headhunter holte Pfarrerspaar nach Deutschland
Der ehemalige Pfarrer und seine Frau waren bei ihrem Dienstantritt vor etwas mehr als drei Jahren überregional in die Medien gekommen: Das Pfarrerspaar war nämlich über einen "Headhunter" aus Brasilien nach Deutschland geholt worden, um die lange Vakanzzeit auf der Pfarrstelle zu beenden. Das Paar teilte sich die Stelle.
Die Ehefrau ist von dem Jobverlust ihres Mannes nicht betroffen. Sie hatte nach einer zweiwöchigen Pause weiter ihren Dienst in der Gemeinde versehen. Der Verurteilte hat mit seiner Frau zwei Kinder.
Im Audio: Pfarrer verliert Job nach Verurteilung wegen Kindesmissbrauchs
Mit Informationen von epd
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