Caroline Douhaire (l-r), Anwältin, Arne Fellermann, Abteilungsleiter Klimaschutz beim BUND, und Pit Terjung, Sprecher von Fridays for Future
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Caroline Douhaire (l-r), Anwältin, Arne Fellermann, Abteilungsleiter Klimaschutz beim BUND, und Pit Terjung, Sprecher von Fridays for Future

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Klimaschützer fordern Rücktritt von Verkehrsminister Wissing

Klimaschützer fordern Rücktritt von Verkehrsminister Wissing

Der Verkehrssektor verfehlt regelmäßig die Klimaziele der Bundesregierung. Nun legen die Klimaaktivisten von Fridays for Future ein eigenes Maßnahmenpaket vor. Sie fordern auch den Rücktritt von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP).

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Sie haben ein eigenes Klimaschutzsofortprogramm geschrieben. Die Aktivisten von Fridays for Future (FFF) sind noch da. Über viele Monate hatten sie zu Schülerstreiks und Großkundgebungen aufgerufen, zuletzt war es ruhiger um Fridays for Future geworden, wofür auch die massiven Aktionen der Letzten Generation gesorgt haben dürften. Der FFF-Ärger richtet sich auch jetzt wieder vor allem gegen den Bundesverkehrsminister.

Fridays for Future fordert Wissings Rücktritt

Bei ihrer Pressekonferenz im Berliner Naturkundemuseum fordert Fridays-for-Future-Sprecher den Rücktritt von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP). Was Wissing beim Klimaschutz unternehme, sei Arbeitsverweigerung. In einem Unternehmen würde er dafür "sofort gekündigt". Deshalb legen die Aktivisten ein eigenes Sofortprogramm vor: Das sieht unter anderem Tempo 120 auf Autobahnen vor. Keine Autobahnneubauprojekte mehr, wie sie die Regierung derzeit plant. Stattdessen wollen die Aktivisten den Ausbau der Schieneninfrastruktur und des öffentlichen Personennahverkehr, autofreie Innenstädte und das Ende von fossilen Subventionen wie des Dieselprivilegs. "Common sense in der Fachwelt", nennt diese Forderungen Arne Fellermann, Abteilungsleiter Klimaschutz bei der Umweltorganisation BUND.

Vorwurf: Wissing hätte ein Sofortprogramm vorlegen müssen

Das sei "eines Rechtsstaates komplett unwürdig", sagt die Anwältin Caroline Douhaire bei der Pressekonferenz. Es handle sich um einen "Rechtsbruch". Die Bereiche Verkehr und Wohnen hatten auch vergangenes Jahr wieder die Emissionsziele verfehlt. Nach derzeit gültigem Klimaschutzgesetz hätten die zuständigen Minister Volker Wissing und Clara Geywitz (SPD) bis Montag Zeit gehabt ein Sofortprogramm mit Maßnahmen vorzulegen, wie sie diesen Rückstand möglichst schnell wieder einholen wollen. Das ist aus Sicht von Fridays for Future nicht passiert.

Stattdessen ist etwas anderes geschehen. Klimaminister Robert Habeck (Grüne) hatte im Juni ein Klimaschutzprogramm vorgelegt mit Einsparmaßnahmen für alle Sektoren. Und dieses Programm hat die Bundesregierung als Sofortprogramm eingestuft. Das ist juristisch möglich. Der Bundesverkehrsminister kann die Aufregung wohl deshalb nicht verstehen: "Die Regierung hat schon vorgelegt. Ich bin immer wieder erstaunt, dass das nicht wahrgenommen wird", sagt Wissing gegenüber BR24 am Rande eines Besuchs in Augsburg.

Wissing verweist auf kommende Maßnahmen

Die Forderungen von Fridays for Future ignorierten laut Wissing "die Lebenswirklichkeit der meisten Menschen in Deutschland". Das Programm würde Wirtschaft und Wohlstand schweren Schaden zufügen. "Unsere Aufgabe ist es, die Gesellschaft bezahlbar und klimaneutral mobil zu halten." Vieles sei auf den Weg gebracht worden. Wissing verweist auf die Einführung einer CO2-bezogenen LKW-Maut im kommenden Dezember. Wer viel CO2 ausstößt, zahlt dann mehr und die Einnahmen sollen dem Schienenverkehr zugutekommen. Ein Ministeriumssprecher ergänzt: Ausbau der Ladeinfrastruktur für PKW, das Deutschlandticket, ein Radverkehrsprogramm. Nur handelt es sich beim Großteil um eher langfristig wirksame Maßnahmen.

Neues Klimaschutzgesetz verschafft Wissing Zeit

Mehr Zeit bekommt Wissing auch durch ein geändertes Klimaschutzgesetz, das die Bundesregierung bereits im Kabinett verabschiedet hat. Es sieht vor, dass nicht mehr jeder Sektor sein eigenes Einsparziel erreichen muss, sondern dass die Einsparungen aller Bereiche verrechnet werden können. Heißt: Wenn der Bereich Industrie mehr einspart, als er muss (so geschehen 2022) und der Verkehr mehr ausstößt als er darf, dann ist das in Ordnung, solange die Gesamteinsparung stimmt. 2022 hat das knapp geklappt. Obwohl auch weiterhin veröffentlicht werden soll, wie sich die einzelnen Sektoren schlagen, geht aus Sicht von Umweltverbänden Transparenz verloren. Sie sprechen von einer "Verwässerung", einem "Papiertiger" sollte das Gesetz so durch den Bundestag gehen. Dort soll es im Herbst beraten werden.

Verkehrsbereich ist das Sorgenkind beim CO2-Ausstoß

Gerade dem Verkehrsbereich dürfte das neue Gesetz mit variablen Emissionen entgegenkommen. Nach 2020, in dem die Emissionsvorgaben für den Verkehr coronabedingt eingehalten wurden, stieg der Ausstoß wieder an. Wissing legte dem Expertenrat für Klimafragen ein Sofortprogramm mit Maßnahmen vor, das der Rat als „schon im Ansatz ohne hinreichenden Anspruch“ bezeichnete. 2022 stieg im Verkehrsbereich der Ausstoß sogar über den Wert des Vorjahres. Es wurden 9 Millionen Tonnen zu viel emittiert.

Eine Prognose des Umweltbundesamtes geht davon aus, dass diese Lücke bis 2030 auf 42 Millionen Tonnen anwachsen wird. Das Wirtschaftsministerium von Minister Robert Habeck, unter dessen Führung das Klimaschutzprogramm entstand, zeigt sich zuversichtlich, dass die Maßnahmen eine große Lücke beim CO2-Ausstoß bis 2030 schließen werden. Allerdings erklärt ein Sprecher gegenüber BR24: Man gehe "von einer Restlücke von etwa 200 Mio. Tonnen an CO2-Äquivalenten aus, welche weitestgehend auf den Verkehrssektor zurückzuführen ist." Die Maßnahmen aus dem Klimaschutzprogramm der Bundesregierung werden im Moment vom Expertenrat geprüft. Ende August könnte ihre Bewertung vorliegen. Spätestens dann könnte die Kritik an Bundesverkehrsminister Wissing wieder laut werden.

Video: Interview mit Volker Wissing zum Bahnausbau in Bayern

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