KKW Grafenrheinfeld steht noch 1 Woche.
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BR24live 18.15 Uhr: Kühltürme Grafenrheinfeld werden gesprengt

Sie sind weithin sichtbar, die beiden jeweils 143 Meter hohen Kühltürme am ehemaligen Kernkraftwerk Grafenrheinfeld. An diesem Freitagabend sollen sie gesprengt werden. Wir berichten in einem BR24live ab 18.15 Uhr.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Mainfranken am .

Bis zum Morgen haben die roten Signalleuchten an den Kühlturmumrandungen noch in die Dunkelheit gestrahlt, als Warnung für Flugzeuge und Hubschrauber. Diese Leuchten werden heute in den rund 55.000 Tonnen aus Beton und Stahl mit zerschellen. Denn geplant ist, dass die beiden Kühltürme des ehemaligen Kernkraftwerks Grafenrheinfeld an diesem Freitagabend gesprengt werden.

BR24live ab 18.15 Uhr mit Experten vor Ort

Wir berichten ab 18.15 Uhr in einem BR24live. Vor Ort ist BR-Reporter Florian Schwegler zusammen mit dem Sprengstoffexperten Jürgen Bartsch und dem Stromexperten Markus Lieberknecht. Weitere Informationen zum Thema Energie kommen von BR-Energie-Fachmann Lorenz Storch. Er ist per Skype zugeschaltet.

Fast eine Premiere

Bislang hat eine solche Sprengung erst einmal in Deutschland stattgefunden – im Mai 2020 im baden-württembergischen Philippsburg. Das Spektakel heute Abend in Unterfranken werden vermutlich hunderte, vielleicht tausende Menschen beobachten.

143 Meter hohe Riesen verschwinden

30 Sekunden soll die Sprengung insgesamt dauern. Damit verschwindet ein weithin sichtbarer Fixpunkt in der Region. "Seitdem ich denken kann, stehen die zwei Türme bei uns. Sie sind eine wichtige Landmarke. Sie waren für uns schon immer ein Symbol", sagt Grafenrheinfelds Bürgermeister Christian Keller vor der Sprengung.

Die Kühltürme in Grafenrheinfeld sollen aus zwei Gründen gesprengt werden: Einmal soll damit der Fortgang des Rückbaus sichtbar gemacht werden. Zum anderen braucht der einstige Betreiber "PreussenElektra" die Fläche eines Kühlturms, um darauf abgebaute Bauteile lagern zu können.

Der nach der Sprengung anfallende Schutt aus Beton und Stahl wird allerdings gar nicht so ein großes Volumen haben. Die Kühlturm-Wandstärke nimmt nach oben hin ab: unten beträgt sie 75 Zentimeter, oben 16 Zentimeter. Die beiden Kühltürme sind 143 Meter hoch, haben an der Basis einen Durchmesser von 105 Metern und an der Spitze von 64 Metern. Jeder Turm steht auf 36 Stützenpaaren. Für die Sprengung der beiden Kühltürme reist eine Sprengmeisterin aus Thüringen an.

Die Kühltürme des stillgelegten Kernkraftwerks Grafenrheinfeld
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Die Kühltürme des stillgelegten Kernkraftwerks Grafenrheinfeld

Letzter Windcheck vor der Sprengung

Das endgültige "Go" für die Sprengung hat der Netzbetreiber Tennet am Freitagvormittag gegeben. Vorab hatte Tennet den Wind beobachtet. Denn nahe der Kühltürme führen drei Hochspannungsleitungen von Tennet vorbei. Bei Nordwind hätten diese nach der Sprengung speziell kontrolliert und gereinigt werden müssen. Das will Tennet verhindern. Bei mehreren negativen Windereignissen wäre die Sprengung um einen Tag oder gar eine Woche nach hinten verschoben worden. Für die Sprengung schaltet Tennet ab 17 Uhr vier Stromkreise ab.

Geschichte der Kühltürme in Grafenrheinfeld

1975 starteten die Bauarbeiten für den Atommeiler. Tag und Nacht musste der Beton gegossen werden, damit keine Zwischenräume entstehen und so die Stabilität gewährleistet war. Damit die Türme größten Stürmen standhalten konnten, wurden später an den Wänden senkrecht verlaufende Bänder angebracht. Die sollten dafür sorgen, dass der Wind hinter den Türmen verwirbelt und neben dem Winddruck durch den Sog dahinter nicht zusätzliche Kräfte auf die Kühltürme wirkten.

1981 kamen die ersten Wasserdampfschwaden aus den Kühltürmen – nach der ersten nuklearen Kettenreaktion zur Stromerzeugung. Die letzten Dampfschwaden waberten dann am 27. Juni 2015 aus den Kühltürmen. Kurz vor Mitternacht wurde das Kernkraftwerk nach 33 Betriebsjahren endgültig abgeschaltet. Nun wird am Rückbau gearbeitet – bis Ende 2033 soll er abgeschlossen und bis 2035 sollen alle konventionellen Bauten des KKW Grafenrheinfeld verschwunden sein.

Proteste gegen das Kernkraftwerk

Von Beginn an gab es Proteste gegen das Kernkraftwerk. Babs Günther hat jahrelang gegen das Kraftwerk vor ihrer Haustüre protestiert. Und sie stört sich weiterhin – auch dann, wenn die Kühltürme weg sind. "Von den Kühltürmen ist keine Gefahr ausgegangen. Die Gefahr ist ausgegangen von dem, was in der Reaktorkuppel passiert ist. Und die Gefahr geht jetzt von den zwei Atommülllagern aus." Noch gibt es kein Atommüll-Endlager in Deutschland. In Grafenrheinfeld wird radioaktiver Müll daher zwischengelagert.

Beliebter Wendepunkt von Jets der US-Airforce

Vielen Anwohnern, werden die Kühltürme, auch, wenn sie nicht mehr stehen, noch aus einem anderen Grund in Erinnerung bleiben: Bei Tiefflugübungen nutzte die US-Airforce sie in der Nacht oft als Wendepunkt. Vor allem zwischen Ende 2010 und 2013 hatten US-Kampfjets immer wieder die Bevölkerung aufgeschreckt. Die Flugzeuge waren vielfach vom Stützpunkt Spangdahlem in der Eifel gestartet.

Die Flugverbotszone mit einem Radius von knapp 1,5 Kilometern um den einstigen Atommeiler und einer Höhe bis 617 Meter über Grund bleibt weiter bestehen. Der Grund dafür ist das Atommüllzwischenlager auf dem Gelände in Grafenrheinfeld.

BR24 überträgt die Sprengung der Kühltürme ab 18.30 Uhr live

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