Bayerischer Landtag, 16.10.2024: Der AfD-Abgeordnete Oskar Lipp am Rednerpult, im Hintergrund Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU).
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Bayerischer Landtag, 16.10.2024: Der AfD-Abgeordnete Oskar Lipp am Rednerpult, im Hintergrund Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU).

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Gegen AfD-Abgeordneten: Landtag verhängt erstmals Ordnungsgeld

Gegen AfD-Abgeordneten: Landtag verhängt erstmals Ordnungsgeld

Zum ersten Mal hat das Präsidium des Bayerischen Landtag ein Ordnungsgeld gegen einen Abgeordneten verhängt. Ein Mitglied der AfD-Fraktion hatte ein Wort aus der NS-Zeit verwendet. Erst im vergangenen Jahr hatte das Parlament die Regeln verschärft.

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Es ist ein Novum in der bayerischen Parlamentsgeschichte: Erstmals hat der Landtag ein Ordnungsgeld gegen einen Abgeordneten verhängt. Das Ordnungsgeld richtet sich gegen den AfD-Abgeordneten Oskar Lipp und beträgt 1.000 Euro. Das gab Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) am Dienstag zu Beginn der Plenardebatte bekannt. Laut Landtagspräsidium hat Lipp dagegen Widerspruch eingelegt.

Lipp hatte Ende Februar in einer Plenardebatte über den Krieg in der Ukraine das Wort "Endsieg" gebraucht, einen Propagandabegriff der Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg. Wörtlich sagte Lipp in Richtung der anderen Fraktionen: "Es gibt Friedensverhandlungen zwischen den USA und Russland. Sie sabotieren das. Sie wollen weiterhin den Endsieg." Unmittelbar darauf erteilte der sitzungsleitende Vizepräsident des Landtags, Markus Rinderspacher (SPD), Lipp einen Ordnungsruf.

Aigner: Nicht hinnehmbare verbale Entgleisung

Am Ende der Plenardebatte schob Rinderspacher nach, das Präsidium des Landtags behalte es sich vor, ein Ordnungsgeld wegen eines besonders schweren Verstoßes gegen die Geschäftsordnung zu verhängen. "Wir werden es nicht dulden, dass nationalsozialistischer Jargon hier im Hohen Hause Einzug hält", sagte Rinderspacher. Nun ist die Entscheidung gefallen.

Der Begriff "Endsieg" sei insbesondere in der letzten Phase des Zweites Weltkriegs als "Beschwörungsformel der NS-Propaganda" verwendet worden, sagte Aigner in ihrer Begründung. Das Wort impliziere nicht nur den militärischen Sieg Deutschlands, sondern sei auch stark mit der rassistischen Ideologie des Nationalsozialismus verbunden. "Dass ein solcher Begriff heute wieder in einem deutschen Parlament Verwendung findet, stellt aus Sicht des Präsidiums eine nicht hinnehmbare verbale Entgleisung dar", so Aigner.

Was sich für Lipp mildernd auswirkt – und was erschwerend

Im Kontext des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine komme der Begriff einer Täter-Opfer-Umkehr gleich. Die Behauptung, andere Fraktionen und Abgeordnete wollten durch die Unterstützung der Ukraine den "Endsieg" herbeiführen, sei "eine grobe Herabwürdigung des angesprochenen Personenkreises". Auch nach Abwägung mit der verfassungsrechtlich verbrieften Redefreiheit des Abgeordneten und dem freien Mandat reiche ein Ordnungsruf nicht mehr aus.

Bei der Höhe des Ordnungsgelds habe das Präsidium Lipp zugutegehalten, dass gegen ihn bislang keine Ordnungsmaßnahmen verhängt wurden. Allerdings sei erschwerend berücksichtigt worden, dass die Wortwahl "nicht wie eine impulsive Spontanäußerung wirkte", so Aigner. Der Abgeordnete habe in einem Schreiben sogar eingeräumt, das Wort "Endsieg" bewusst gewählt zu haben – wobei ihm laut eigenen Angaben bewusst gewesen sei, "dass dieser Begriff emotional hoch aufgeladen ist". Über den von Lipp eingelegten Widerspruch berät der Ältestenrat am Mittwoch.

Im vergangenen Sommer hatte das Parlament aufgrund zahlreicher Rügen seine Regeln verschärft. Bei gravierendem Fehlverhalten, Störungen oder Pöbeleien droht seither im Bayerischen Landtag ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 2.000 Euro, im Wiederholungsfall von bis zu 4.000 Euro.

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