Die Fraktionschefin der Grünen im Bayerischen Landtag, Katharina Schulze, wirft der CSU "nicht nur Wortbruch" vor, sondern: "Sie haben Ihre Wählerinnen und Wähler auch glatt belogen!"
Es geht um das Ergebnis der Sondierungen auf Bundesebene. Union und SPD wollen die Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben lockern und ein Sondervermögen für Infrastruktur einrichten, alles in allem Schulden von einer Billion Euro. Eine Überraschung? Ansichtssache, wie sich zeigt.
Schulze: "Spielgeld für Einzelinteressen"
Die Grünen durften diesmal das Thema der Aktuellen Stunde im Landtag setzen: "Schuldenbremse für strukturelle Reformen öffnen statt für Selbstbedienungsladen." Der Vorwurf: Union und SPD machten Schulden für zentrale Herausforderungen, um im regulären Haushalt "Spielgeld für Einzelinteressen" zu haben, nämlich die Ausweitung von Mütterrente und Pendlerpauschale.
Hat die Union die Wähler nun getäuscht? Die Probleme der Bundeswehr und der Infrastruktur sind, wie Schulze in Erinnerung ruft, ja tatsächlich lange bekannt und unbestritten. Aber die Union habe den Geldbedarf bis zur Wahl ignoriert, um ihn nun überrascht festzustellen. "Wie dilettantisch bereiten Sie sich eigentlich auf eine Regierung vor?", ruft die Fraktionschefin Richtung CSU.
Freie Wähler: "Salto mortale" der CSU
Damit finden sich die Grünen plötzlich an der Seite der Freien Wähler: Parteichef Hubert Aiwanger hatte der Union bereits vergangene Woche die "Glaubwürdigkeit eines Heiratsschwindlers" attestiert. Im Landtag legt nun sein Parteifreund Bernhard Pohl nach und wirft dem Koalitionspartner CSU einen "Salto mortale" vor.
Für die AfD rechnet Andreas Winhart vor, dass eine Billion Euro zusätzliche Schulden eine neue Pro-Kopf-Verschuldung von 12.000 Euro bedeuteten. "Die Kohle fliegt nur noch raus!"
Als der SPD-Abgeordnete Volkmar Halbleib ans Pult tritt, klingt der neue Sound zwischen den potenziellen Bundes-Koalitionspartnern auch auf Landesebene an: Er sei "dankbar, dass sich die Union den politischen Realitäten stellt und bereit ist, über den eigenen Schatten zu springen". Den "Kurswechsel" bei der Schuldenbremse kritisiere er, aber nicht das Ergebnis.
CSU wehrt sich: Müssen nichts umschreiben
Die CSU-Redner wollen den Vorwurf der Täuschung entkräften. Wolfgang Fackler sagt, er würde "nicht von einem Salto mortale sprechen". Und verweist auf die sicherheitspolitischen Umwerfungen, die in den letzten Tagen "einen neuen Höhepunkt erreicht" hätten, in den USA wie Russland. Finanzminister Albert Füracker ruft in Erinnerung, was er zwei Wochen zuvor an gleicher Stelle gesagt hatte. Er sei persönlich "für eine stringente Schuldenbremse". Zugleich habe er selbst als "kleiner Unternehmer" immer Schulden gemacht "und mit der Rendite aus der Investition meine Schulden getilgt sowie die Zinsen bezahlt", so der Minister Ende Februar, vor Ende der Sondierungen. Diese Rede müsse er heute "in keinem einzigen Punkt, in keinem einzigen Komma umschreiben".
Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Josef Zellmeier (CSU), erinnert daran, dass Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) im November gesagt hatte, die Schuldenbremse sei "nicht unantastbar". Das stimmt zwar, allerdings steht im Wahlprogramm der Union: "Wir halten an der Schuldenbremse fest."
Freie Wähler: Länderfinanzausgleich reformieren!
Mindestens genauso wie an den Grünen im Bundestag hängt das Finanzierungskonzept von Union und SPD an den Freien Wählern im Freistaat: Sie könnten mit einem Veto verhindern, dass Bayern im Bundesrat der Grundgesetzänderung zustimmt. Damit wäre das Konzept gescheitert. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gibt sich bisher überzeugt, dass sein Koalitionspartner sich nicht querlegt.
Der FW-Haushaltsexperte Pohl nennt im Landtag nun erstmals Bedingungen für ein Ja der Freien Wähler: Der Länderfinanzausgleich müsse neu verhandelt werden. Bayern zahle zu viel. Auch dürfe zusätzliches Geld nicht "für irgendwelche Prestige-Projekte" im Bund verwendet werden, vielmehr würden die Mittel am dringendsten in den Kommunen benötigt: "Da müssen wir schon etwas deutlicher werden, dass es tatsächlich am Ende des Tages, wenn es Änderungen gibt, Änderungen zu Gunsten der Kommunen gibt."
Im Audio: Landtag streitet über Schuldenbremse
Plenarsitzung im Landtag
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