Es war denkbar knapp: Die CSU sei "dem Teufel (...) noch einmal von der Schippe gesprungen", sagte CSU-Chef Markus Söder am Tag nach der Bundestagswahl. Denn: Wäre das Bündnis Sahra Wagenknecht mit nur 0,028 Prozentpunkten mehr in den Bundestag eingezogen, hätte es für Schwarz-Rot nicht gereicht, und die CSU hätte auch mit den Grünen über eine Zusammenarbeit sprechen müssen. "Gut, dass sich das erledigt hat", betonte Söder. "Für uns waren die Grünen immer ein No-Go."
Den politischen Aschermittwoch nutzte die CSU für neue Attacken auf die Grünen. Generalsekretär Martin Huber rief: "Die Grünen sind ein Auslaufmodell, sie sind Ramschware!" Söder verkündete feierlich: "Grün ist raus! Grün ist raus!" Dem Grünen-Politiker Robert Habeck rief er zu: "Auf Nimmerwiedersehen!"
Dabei war zu diesem Zeitpunkt schon klar: Ganz erledigt hat es sich für die Union nicht mit den Grünen. Für die geplante Lockerung der Schuldenbremse ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig. Und die bekommt Schwarz-Rot im alten Bundestag nur mit Stimmen der Grünen. CDU, CSU und SPD müssen also mit den Grünen verhandeln.
Söder: "Das macht Friedrich Merz"
Wie er denn nun um die Grünen werben wolle, wurde Söder am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Caren Miosga" gefragt: "Ich gar nicht! Das macht Friedrich Merz (...) Ich glaube, das ist für beide Seiten besser", betonte der CSU-Chef und sprach von "Prinzipientreue".
Im Interview mit Bayern2 sagte Söder am Montagmorgen, er sei sich sicher, "dass Friedrich Merz am Ende eine Lösung finden wird". Es gehe nicht um "klassische Kategorien vielleicht von Eitelkeit oder von Verletztheit", sondern um etwas "Größeres".
Ramsauer: "Müssen uns Hände nicht unbedingt schmutzig machen"
Ähnlich äußerte sich Anfang der Woche im "Politico"-Podcast (Externer Link, möglicherweise Bezahlinhalt) der ehemalige CSU-Bundesminister Peter Ramsauer: "Verhandeln tut Friedrich Merz, und der ist bekanntlich Vorsitzender der CDU. Also: Wir müssen uns da die Hände nicht unbedingt schmutzig machen."
Zugleich verteidigte Ramsauer, der dem neuen Bundestag nicht mehr angehören wird, Attacken auf die Grünen: "Das Lästern über die Grünen, das gehört eigentlich so ein bisschen zur DNA der CSU", erläuterte er. "Wer diese bayerische CSU-Attitüde nicht versteht, der wird sich daran gewöhnen müssen."
Für die CSU spricht Dobrindt mit den Grünen
Tatsächlich ist aber seit Montag auch die CSU an den Gesprächen von Union und SPD mit den Grünen beteiligt: mit CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, der im Wahlkampf ebenfalls nicht mit Kritik an den Grünen gespart hatte. Nach ersten Verhandlungen zeigte er sich am Montagabend im BR24-Interview zuversichtlich, dass trotz des Neins der Grünen zu den schwarz-roten Plänen "das letzte Wort noch nicht gesprochen ist".
Am Dienstagabend lobte Dobrindt die Gespräche mit den Grünen als "vertrauensvoll": "Erstmal geht es darum, dass wir anständig miteinander umgehen, gute Gespräche haben, unsere gemeinsame Verantwortung wahrnehmen." Es brauche die Bereitschaft, auch inhaltlich aufeinander zuzugehen. Zu konkreten Gesprächsinhalten könne er nichts sagen: "Damit würde ich ja die Vertraulichkeit an der Stelle brechen. Und auch das gehört zu einem vernünftigen Stil und einem anständigen Umgang, dass man das dann heute Abend nicht im Fernsehen tut."
"Wir schauen nach vorne"
Ob es denn klug gewesen sei, den Grünen noch vor einer Woche "auf Nimmerwiedersehen" zuzurufen? "Man könnte sich gegenseitig jetzt Vorhaltungen machen", sagte der CSU-Landesgruppenchef. Auch von den Grünen habe es Kritik an der Union gegeben. "Wir wollen es aber gar nicht gegenseitig aufwiegen, sondern wir schauen nach vorne."
Auf die Frage, ob das auch ein Appell an CSU-Chef Söder sei, sich zurückzuhalten, schmunzelte Dobrindt kurz und sagte: "Ich glaube, dass wir uns alle an der Stelle dieser Verantwortung bewusst sind. Und die wird wahrgenommen."
Söder: "Ich bin heute friedlich"
Ministerpräsident Söder traf derweil am Vormittag auf der Internationalen Handwerksmesse in München bei einer Podiumsdiskussion auf Wirtschaftsminister Habeck. Dabei rief der CSU-Chef die Grünen zum Einlenken auf. Im Bundestag werde man am Donnerstag erleben, wie vor allem die AfD "grölend und feixend" auftreten werde. "Ich weiß nicht, ob wir am Ende in Deutschland ihnen diesen Erfolg gönnen und möglich machen sollten." Es gehe um Verantwortung.
Auf eine erneute Attacke auf die Grünen verzichtete Söder. Als Habeck stichelte, die Union übernehme mit den Finanzplänen grüne Positionen, antwortete der CSU-Vorsitzende: "Herr Habeck, ich verstehe alles, auch Wahlergebnisse müssen verarbeitet werden. Ich bin heute friedlich."
Video: CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt im BR24-Interview
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt im BR24-Interview
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