Es gebe weder Gewinner noch Verlierer, so beschrieb CSU-Chef Markus Söder die Ergebnisse der ersten Etappe hin zu einer möglichen schwarz-roten Koalition. Die Unterhändler von CDU, CSU und SPD haben ein Sondierungspapier erarbeitet, die Grundlage für Koalitionsverhandlungen. Es sei ein "Kompromiss", in dem sich alle Parteien wiederfänden, so Friedrich Merz, Kanzlerkandidat der Union, und Lars Klingbeil, Co-Parteichef der SPD.
Söder zeigte sich insgesamt zufrieden: "Aus bayerischer Sicht würde man sagen: Passt schon". Einige Vorachläge, die die CSU in ihrer "Bayern-Agenda" zur Bundestagswahl formuliert hatte, finden sich auch im Sondierungspapier wieder. Gleichwohl gibt es laut Söder auch einige "dicke Brocken".
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Migration: "Begrenzt wie noch nie seit 2015"
Bei der Migration hat sich die gemeinsame Linie von CDU und CSU weitgehend durchgesetzt. Die Parteispitzen verabredeten deutlich striktere Regelungen, um die illegale Migration einzudämmen. Sie werde "begrenzt wie noch nie seit 2015", so Söder. Auch Menschen mit Asylgesuch sollen künftig an der Grenze abgewiesen werden. Man wolle hier "alle rechtsstaatlichen Mittel" ausschöpfen. Zudem wolle man den Familiennachzug aussetzen. Flüge aus Afghanistan im Rahmen des Freiwilligenprogramms werde es nicht mehr geben.
Nicht ins Papier geschafft hat es die CSU-Forderung, das Grundrecht auf Asyl zu ändern. Auch das Staatsbürgerschaftsrecht, das die Ampelparteien eingeführt hatten, bleibt.
Arbeit und Soziales: Die Mütterrente kommt
Ein spezielles CSU-Kernanliegen, das sich nicht im gemeinsamen Wahlprogramm mit der CDU niederschlug, verhandelte Söder ins Sondierungspapier hinein: die Ausweitung der Mütterrente. Auch für vor 1992 geborene Kinder sollen drei statt bisher maximal zweieinhalb Erziehungsjahre bei der Rente angerechnet werden.
Beim Bürgergeld hat sich die CSU - gemeinsam mit der Schwesterpartei CDU - ebenfalls durchgesetzt: Aus dem Bürgergeld soll wieder eine Grundsicherung werden. Wer arbeiten könnte und sich verweigert, muss dann wohl mit einem "vollständigen Leistungsentzug" rechnen.
Die langjährige Forderung von Bayerns Arbeitsministerin Ulrike Scharf (CSU), das Arbeitszeitgesetz zu reformieren, findet sich ebenfalls: Künftig soll eine wöchentliche statt eine tägliche Höchstarbeitszeit gelten.
Zugeständnisse machen mussten Söder und Merz beim Mindestlohn. Während die CSU eine "starke" und "unabhängige" Mindestlohnkommission fordert - also keine politische Einmischung -, wurde auf Drängen der SPD nun ein Mindestlohn von 15 Euro in Aussicht gestellt.
Steuerpolitik: Pendlerpauschale rauf, Gastrosteuer runter
CSU-Handschrift dagegen wieder bei der Pendlerpauschale: Sie soll erhöht werden, Details sind noch nicht verabredet. Die CSU hatte sich darauf festgelegt, dass schon ab dem ersten Kilometer 38 Cent gezahlt werden sollen. Aktuell können Berufstätige ab dem 21. Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsplatz 38 Cent geltend machen, für die ersten 20 Kilometer 30 Cent.
Bei der Gastrosteuer vereinbarten Union und SPD, die Umsatzsteuer für Speisen dauerhaft auf sieben Prozent zu reduzieren. Allerdings kann Söder nur einen Teil-Erfolg verbuchen. Die CSU hatte sich für eine Absenkung der Gastrosteuer neben Speisen auch bei Getränken ausgesprochen.
Wirtschaft: Bekenntnis zur Automobilindustrie
Formulierungen aus der Bayern-Agenda der CSU finden sich auch in der Wirtschafts- und Energiepolitik. Etwa beim "Bekenntnis zur Automobilindustrie als deutsche Leitindustrie". Man wolle Strafzahlungen aufgrund der Flottengrenzwerte abwehren sowie die Förderung von E-Mobilität ausbauen. Auch die CSU-Forderung nach Technologieoffenheit findet sich im Papier.
Energie: Förderung auch von Wasserkraft und Geothermie
Einen Akzent setzen konnte Söder offenbar auch bei der Förderung der Erneuerbaren Energien. Bayern werde durch die "Fokussierung" auf Wind und Sonne "benachteiligt", hieß es im Wahlkampf. Der Grund: Der Freistaat sieht mehr Potenzial bei Wasserkraft und Geothermie als etwa bei Wind - aufgrund der natürlichen Gegebenheiten. Statt vorwiegend auf Wind und Sonne zu setzen, forderte die CSU in ihrer Agenda, Wasserkraft, Biomasse und Geothermie stärker zu berücksichtigen. Diese Absicht ist im Sondierungspapier formuliert.
High-Tech-Agenda auch für Deutschland
Auch eines der Lieblingsthemen von Söder hat es ins Sondierungspapier geschafft: So wie für Bayern, soll es auch für Deutschland eine "Hightech-Agenda" geben. Ein konkretes Ziel: "Der erste Fusionsreaktor der Welt soll in Deutschland stehen", und wenn es nach Söder geht, in Bayern. Der Freistaat hat bereits ein Zehn-Milliarden-Euro-Paket beschlossen, um Forschung in diesem Bereich zu fördern. Die SPD in Bayern bezeichnete diesen "Masterplan Kernfusion" im Wahlkampf als "Luftschloss".
Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version des Artikels hieß es, dass die CSU-Forderung nach Technologieoffenheit in der Automobilindustrie nicht im Sondierungspapier steht. Dies ist jedoch nicht korrekt, wir haben die entsprechende Passage korrigiert.
Im Video: Einigung bei Sondierungsgesprächen
Union und SPD haben sich auf ein gemeinsames Sondierungspapier geeinigt.
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