Licht aus, Heizung runter - Bayerns Kommunen sparen
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Leeres gesperrtes Schwimmbad.

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Licht aus, Heizung runter: So sparen Bayerns Kommunen Energie

Licht aus, Heizung runter: So sparen Bayerns Kommunen Energie

Viele Städte und Gemeinden reagieren auf die steigenden Energiepreise. Hallenbäder schließen, Laternen bleiben aus. Reicht das? Welche Maßnahmen gibt es? Und was sagen die Bürger? Reporter des BR-Politikmagazins Kontrovers waren unterwegs in Bayern.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Wie gehen Bayerns Städte und Gemeinden mit der Energiekrise um? Eines haben sie alle gemeinsam: Sie machen sich Gedanken, schmieden Pläne und viele sind auch schon dabei, diese in die Tat umzusetzen. Zum Beispiel die Stadt Würzburg. Dort lautet die Devise: Nicht nur Energie sparen, sondern auch die gasunabhängige Energieproduktion hochfahren.

Würzburg: Mehr Energieproduktion durch Müllverbrennung

Alexander Kutscher, Geschäftsleiter des Zweckverbands Abfallwirtschaft Raum Würzburg führt die Kontrovers-Reporter durch die Würzburger Müllverbrennungsanlage. "Wir verwerten hier den Müll, indem wir ihn verbrennen und erzeugen damit Energie. Diese Energie ist zurzeit sehr viel wert!"

Denn damit will die Stadt die drohende Gasknappheit bekämpfen. Aktuell wird das Würzburger Fernwärmenetz zu 80 Prozent durch ein Gasheizkraftwerk bedient. Nur 20 Prozent der Energie stammen aus der Müllverbrennung. Künftig sollen es bis zu 40 Prozent sein. Dafür werden schon jetzt Müllvorräte in Depots angelegt, damit in der Heizperiode genügend vorhanden sind. "Das ist das erste Mal, dass wir diese Maßnahme ergreifen und das Zwischenlager so weit als möglich auffüllen", sagt Geschäftsleiter Kutscher.

Augsburg: Beleuchtung aus, Raumtemperatur runter

Auch die Stadt Augsburg ergreift bereits Maßnahmen. Dort ist nicht mehr viel zu sehen – zumindest von den historischen Gebäuden bei Nacht. Seit einer Woche beleuchtet die Stadt sie nachts nicht mehr. Normalerweise strahlen allein 22 Scheinwerfer das historische Rathaus an. Echte Energiefresser, sagt der Leiter der Rathausverwaltung Bernhard Maurmeir: "Das entspricht in etwa vier Haushalten, was wir jetzt nur bei diesem Gebäude einsparen."

Auch die Heizungen im Rathaus sollen im Herbst und Winter weniger aufgedreht werden. Möglich wäre eine Absenkung bis auf 19 Grad. Ganz ausgereift sind die Pläne noch nicht, der Personalrat muss solchen Maßnahmen zustimmen. Oberbürgermeisterin Eva Weber wirbt im BR-Politikmagazin Kontrovers dafür, denn schon ein Grad weniger Raumtemperatur bringe ungefähr sechs Prozent Energieersparnis. Und die ist dringend notwendig. Die Stadtspitze hat ausgerechnet: Wenn Augsburg so weiter macht wie bisher, würden die Energiekosten sich fast verdoppeln, von aktuell 15,9 Mio. Euro im Jahr auf rund 28,3 Mio. Euro.

Grafrath: Niedrigere Wassertemperatur im Hallenbad

Im Hallenbad in Grafrath treffen die Kontrovers-Reporter den Familienvater Dario Soller mit seiner Tochter. Für die beiden und viele andere Bürger aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck könnte es künftig ein Sprung ins ziemlich kalte Wasser werden. Die Gemeinde will Energie sparen, indem sie die Wassertemperatur des Hallenbads um mehrere Grad senkt. Dario Soller findet das nicht gut: "Kaltes Wasser ist für die Kinder problematisch. Und sie hatten eh schon wegen Corona keinen Schwimmunterricht."

Absenken oder nicht? Eine schwierige Entscheidung für Bürgermeister Markus Kennerknecht. Immerhin betreibt die 4.000-Einwohner-Gemeinde das einzige Hallenbad in der ganzen Umgebung - zudem ist es ein Schulschwimmbad. Doch die Not ist groß: "Absenken oder ganz schließen, wir haben kaum Alternativen", so der Bürgermeister.

Immerhin: Geheizt wird nicht mit Gas. Eine Holzpellets-Heizanlage versorgt Hallenbad und Grundschule mit Energie. Doch auch Holzpellets sind inzwischen teuer. Statt 180 Euro pro Tonne zahle man derzeit fast 350 Euro pro Tonne, so der Bürgermeister. Um Energie zu sparen, hat die Stadt Nürnberg beispielsweise gerade beschlossen, drei von vier Hallenbäder temporär ganz zu schließen.

So weit will Grafraths Bürgermeister Kennerknecht nicht gehen. Doch er glaubt nicht, dass die explodierenden Energiepreise dauerhaft durch Einsparungen von den Kommunen ausgeglichen werden können. Er würde sich einen Schutzschirm von Land oder Bund wünschen, "denn ganz ohne Energie werden wir nicht auskommen."

Bad Tölz: Eishockey-Betrieb um sechs Wochen verschoben

Die Stadt Bad Tölz spart bereits seit Wochen Energiekosten - bei der Eisproduktion. Die Jugend-Mannschaften des Eisclub Bad Tölz trainieren aktuell draußen vor der Halle statt drinnen auf dem Eis. Für Jugendtrainer Klaus Kathan, selbst ehemaliger Spieler des EC Bad Tölz, ein ungewohnter Verzicht. "Es ist besser als nichts, aber man muss halt schauen: Was ist der Nutzen und was sind die Kosten." Der Start der Sommersaison wurde um sechs Wochen nach hinten verschoben auf Mitte Juli. Erst seit ein paar Tagen wird das Eis aufgebaut. Dadurch spart Bad Tölz mehr als 30.000 Euro an Energiekosten.

Den späteren Saisonbeginn halten die Verantwortlichen der Stadt für einen zumutbaren Beitrag in der Energiekrise. Doch Eishockey hat Tradition in Bad Tölz, der EC spielt in der zweiten Liga. Bei vielen Bürgern sorgt die Maßnahme daher für Unverständnis. Der Sport habe ohnehin in Corona-Zeiten gelitten. Diese Maßnahme treffe nun ausgerechnet die Kinder- und Jugendarbeit, kritisieren einige Bad Tölzer Bürger. Ab Samstag ist die Eishalle nach der Sparpause regulär bespielbar. Wie lange? Das hängt vor allem von den Energiepreisen ab.

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