Michaela Kaniber (l, CSU), Bayerische Landwirtschaftsministerin, und Markus Söder (r, CSU), Ministerpräsident des Freistaats Bayern, gehen durch den Reichswald.
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Michaela Kaniber und Markus Söder

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Söder will mehr Kompetenzen für Landwirtschaftsministerium

Wie werden Nutztierställe kontrolliert? Laut Tierschützern zu lasch, Landwirte dagegen fühlen sich oft schikaniert. Markus Söder will die Kontrollen nach der Landtagswahl 2023 vom Umwelt- ins Landwirtschaftsministerium verlagern. Ist das sinnvoll?

Ist das bereits ein Wahlversprechen für die Landtagswahl 2023? Auf der Landesversammlung des Bayerischen Bauernverbandes Anfang Dezember versprach Ministerpräsident Markus Söder den Landwirten, er wolle auf alle Fälle ein eigenes Landwirtschaftsministerium in Bayern behalten und: "Das Ressort soll gestärkt werden und weitere Kompetenzen bekommen, nämlich die Lebensmittelkontrollen und das Veterinärwesen." Die Bauern waren freudig überrascht, doch was sagen die betroffenen Ministerien, Tierärzte und Tierschützer dazu?

Wer ist für Kontrollen zuständig?

Wenn heute ein Kuhstall, ein Schweinestall, eine Metzgerei oder Bäckerei kontrolliert wird, dann sind dafür Veterinäre und Lebensmittelkontrolleure der Landratsämter zuständig.

Die oberste Aufsicht hat das bayerische Umwelt- und Verbraucherschutzministerium, das auch für Tiergesundheit und Seuchen zuständig ist, also tätig wird, wenn zum Beispiel die Vogelgrippe oder die Schweinepest in Bayern ausbricht. Diesen kompletten Bereich will Söder nun offensichtlich Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) wegnehmen und stattdessen in die Zuständigkeit von Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) verlagern.

Ministerium war nicht informiert

Von beiden Ministerien gibt es auf Anfrage von BR24 nur kurze Statements. Das Umweltministerium schreibt: "Die Kolleginnen und Kollegen leisten in diesem für die Menschen und das Tierwohl so wichtigen Aufgabenbereich hervorragende Arbeit. Weitergehende Fragen stellen sich erst nach der kommenden Landtagswahl. Das Umwelt- und Verbraucherschutzministerium beteiligt sich bis dahin nicht an Spekulationen."

Und aus dem Landwirtschaftsministerium heißt es: "Wir sagen dazu gar nichts. Das wird Teil von Koalitionsverhandlungen nach der Landtagswahl im Herbst 2023 sein." Nach Auskunft von Pressesprecher Franz Stangl war man über das Ansinnen Söders nicht informiert.

Landwirte hoffen auf "mehr Fingerspitzengefühl" bei Kontrollen

Freudig überrascht reagieren hingegen die Landwirte. Bisher empfinden viele Tierhalter eine Stallkontrolle als Schikane, manche Bauern werfen den Amtsveterinärinnen und Veterinären vor, von landwirtschaftlicher Praxis keine Ahnung zu haben. Die Verlagerung der Veterinärkontrollen ins Landwirtschaftsministerium ist zwar keine konkrete, aktuelle Forderung des Bayerischen Bauernverbands (BBV), aber das Thema ist nicht neu.

Laut BBV-Generalsekretär Georg Wimmer wäre eine Verlagerung deshalb grundsätzlich begrüßenswert, weil es viele übergreifende Fragestellungen gebe, die momentan immer zwischen beiden Ministerien koordiniert werden müssen. Außerdem erhoffe man sich im Landwirtschaftsministerium mehr Verständnis für die Bauern: "Gerade beim Thema Veterinärkontrollen bedarf es Fingerspitzengefühl im Umgang mit den Menschen und Ermessensspielräume, denn Tierwohl lässt sich nicht allein in Zentimetern der Haltungseinrichtungen messen." Klar ist allerdings, die Kontrolleure wären dieselben Personen, nur die oberste Chefetage wäre eine andere.

Tierschutzbund: "Wahlkampfgetöse von Söder"

Doch gerade dieses Mehr an Verständnis für die Landwirte und eventuell andere Dienstanweisungen von der Chefetage an die Veterinäre sehen Tierschützer kritisch. Laut Ilona Wojahn, der Präsidentin des Bayerischen Tierschutzbundes, dürfe man nicht Tiernutzung und Tierschutz unter einem Dach ansiedeln: "Eine Verlagerung ins Landwirtschaftsministerium könnte durchaus den Bock zum Gärtner machen und Interessenskollisionen zur Folge haben." Zwar bestehe beim bisherigen Kontrollsystem durchaus Optimierungsbedarf, doch die Ankündigung von Söder sei "Wahlkampfgetöse", damit wolle sich die CSU die Unterstützung der Landwirte sichern.

Tierärzte: "Charmante Idee"

Und was sagen die Veterinäre zur Ankündigung Söders? "Wir waren nicht informiert, das ist uns zugetragen worden", sagt Dr. Iris Fuchs, Amtstierärztin und Vizepräsidentin der Bayerischen und der Bundestierärztekammer. Einerseits sieht die Veterinärmedizinerin eine Verlagerung ähnlich wie der Tierschutzbund kritisch: "Das wäre sozusagen eine Eigenkontrolle. Andererseits ist die Idee charmant, denn bisher gibt es oft ein Kuddelmuddel zwischen Landwirtschaftsverwaltung und Veterinären. Insofern wäre es nicht schlecht, wenn alles gebündelt unter einem Dach wäre. Aber dann muss man eine richtige Reform machen, mit sauberen Strukturen, das würde was bringen!" Außerdem gebe es in vielen Bundesländern ohnehin nur ein Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt und nicht wie in Bayern zwei eigenständige Ministerien.

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