Markus Söder sprach in der BR24 Wahlarena über Cannabis und die Drogen-Lage in den Niederlanden
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Markus Söder sprach in der BR24 Wahlarena über Cannabis und die Drogen-Lage in den Niederlanden

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#Faktenfuchs: Söders Aussagen zu Drogen im Check

Markus Söder hat in der BR24 Wahlarena Fragen zur Cannabis-Legalisierung mit Hinweisen zur Lage in den Niederlanden beantwortet. Er warnt vor Kriminalität - bis hin zu Morden. Seine Behauptungen sind jedoch verkürzt.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Wahlarena am .

Dieser Text ist Teil des Faktenchecks der BR24 Wahlarena vom 13.09.2023 mit Markus Söder (CSU) und erstmals am 14.09.2023 erschienen. Den Artikel finden Sie hier.

Die Behauptung:

Markus Söder, CSU: "Das Argument, es würde zu keiner Kriminalität führen, kann man in Holland sehen, wie absurd das ist. Denn in Holland war die weitgehende Freigabe bislang. Dort finden Morde auf der Straße statt von Drogenbanden. Die Tochter des Königshauses wird bedroht von solchen Drogenbanden."

Der Kontext:

Internetnutzer fragten Söder in der BR24 Wahlarena: "Wann wird Bubatz legal?" und "Wie kann man gegen eine Legalisierung von Cannabis sein und gleichzeitig in 100 verschiedenen Bierzelten Wahlkampf betreiben?" Markus Söder entgegnete darauf, dass Bierzelte "etwas anderes" seien. Die Frage nach der Kriminalität im Zusammenhang mit der Legalisierung von Cannabis wurde nicht gestellt.

Richtig oder falsch?

Diese Aussage ist verkürzt. In den Niederlanden gibt es Drogenbanden, die schwerste Straftaten begehen und offenbar auch die Kronprinzessin entführen wollten. Diese sind aber laut der NGO "The Global Initiative Against Transnational Organized Crime" hauptsächlich im Bereich von synthetischen Drogen und Heroin tätig. Die Organisierte Kriminalität habe sich in den Niederlanden aber aufgrund der Drogenpolitik ausbreiten können, sagte ein Experte.

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Die Fakten:

Der Gesetzesentwurf zur teilweisen Legalisierung von Cannabis in Deutschland wurde vor rund einem Monat vom Bundeskabinett beschlossen und damit auf den Weg gebracht. Der Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, dass der Besitz von 25 Gramm Cannabis für erwachsene Privatpersonen straffrei sein soll.

Tatsächlich sollte die niederländische Kronzprinzessin offenbar von der Drogenmafia entführt werden. Die kriminellen Gruppen kontrollieren laut Europol einen großen Teil des Kokainhandels in Europa. Sie werden zudem für das Attentat auf den Investigativ-Journalisten Peter de Vries und andere Morde verantwortlich gemacht.

In den Niederlanden sind alle Drogen verboten

Anders als häufig angenommen, sind in den Niederlanden alle Drogen verboten. Der Verkauf von höchstens fünf Gramm Cannabis (Marihuana/Haschisch) in "Coffeeshops" und der Besitz von höchstens fünf Gramm Cannabis zum Eigenverbrauch sind an strenge Auflagen geknüpft und werden nicht strafrechtlich verfolgt. Seit den 1970er Jahren dürfen die Coffeeshops Cannabis für den Eigenbedarf verkaufen.

Der Einkauf wurde nie geregelt, und das sei ein großer Fehler gewesen, schrieb der Kriminologe Robin Hofmann von der Universität Maastricht dem #Faktenfuchs auf Anfrage: "In den 70er Jahren etablierten sich in Folge der niederländischen Toleranzpolitik gegenüber Cannabis überall im Land Coffeeshops. Es entstand die sogenannte Hintertürproblematik: nach vorn ging Cannabis quasi legal an die Kunden der Coffeeshops hinaus. Zur Hintertür kam das Gras illegal hinein, da der Staat versäumt hatte, auch Anbau und Vertrieb des Cannabis zu legalisieren."

Kriminelle Netzwerke in den Niederlanden nutzen Gesetzeslücken

In diese Lücke seien kriminelle Netzwerke gestoßen, die Cannabis aus der Türkei und Marokko importierten. In den 1990er Jahren "sattelten diese Netzwerke vermehrt auf das profitablere Kokain um", so Hofmann. Der Kokainhandel ist ihm zufolge heute maßgeblich für den ausufernden Drogenkonflikt verantwortlich. "Kriminologen sind sich hier jedoch weitgehend einig, dass der inkonsequente Umgang mit Cannabis die Situation heute zumindest begünstigt hat", schrieb Hofmann dem #Faktenfuchs.

In den Niederlanden gibt es mehrere Drogenbanden und Mafia-ähnliche Rockerstrukturen, die in verschiedene kriminelle Märkte verwickelt sind, darunter in die Herstellung und den Handel mit synthetischen Drogen, den Waffenhandel und den Menschenhandel. Das geht aus dem Global Organized Crime Index hervor, der von der Nichtregierungsorganisation "The Global Initiative Against Transnational Organized Crime" herausgegeben wird.

Allerdings bedienen diese Banden demnach nicht die Cannabis-Drogengeschäfte, sondern sind im Bereich von sogenannten harten Drogen aktiv, die auch in den Niederlanden verboten sind. Weil der Konsum von Cannabis toleriert wird, finde "der Markt unter freiem Himmel statt und wird nicht als bedeutende Quelle lokaler Gewalt angesehen, obwohl die Lieferketten illegal und unkontrolliert sind", so die Global Initiative.

Weitere Fakten zu diesem Thema können Sie in diesem #Faktenfuchs nachlesen.

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