Es ist für viele ein gewohntes Bild in diesem Winter: stabiles Hochdruckwetter, vielerorts Nebel, in Hochlagen sonnig.
Dieses Mal aber ist etwas anders: "Wir haben es hier mit einer Inversionswetterlage zu tun", sagt Meteorologe Dirk Mewes vom Deutschen Wetterdienst in München. Das bedeutet: In höheren Lagen steigt die Temperatur an – normalerweise fällt sie. "Das ist ein ungünstiger Zustand, weil der vertikale Luftaustausch nicht erfolgt und so eine Sperrschicht entsteht", so Mewes.
Woher kommen die hohen Feinstaub-Werte?
Aktuell befinde sich diese Sperrschicht auf einer Höhe von 1.000 Metern über dem Meeresspiegel, das sind rund 500 Meter über München. Das Resultat ist ein folgenschwerer Luftstau.
Innerhalb dieser besonders niedrigen Luftglocke sammeln sich die Abgase aus Verkehr und Industrie, zusätzlich wird geheizt. Und: es fehlt an Wind, der den Feinstaub forttragen könnte. Das lässt die Feinstaubwerte in die Höhe schnellen.
Beispiel München an der Landshuter Allee: Noch am vergangenen Freitag ergab die Feinstaub-Messung einen "befriedigenden" Wert von 20 Mikrogramm pro Kubikmeter. Zwei Tage später verdreifachte er sich auf 63 Mikrogramm. Auch in Augsburg lag der Feinstaub-Messwert heute bei 65 Mikrogramm pro Kubikmeter – das ist weit über dem bundesweiten Grenzwert von 50 Mikrogramm.
Fast überall in Bayern und ganz Deutschland sind die Feinstaubwerte derzeit erhöht. "Güteklasse schlecht" attestiert das für die Messungen zuständige Landesamt für Umwelt etwa auch Oberaudorf, Lindau, Passau und Nürnberg.
Welche Folgen hat Feinstaub für die Gesundheit?
Die Medizinerin Claudia Traidl-Hoffmann hält die Feinstaubbelastung für "sehr gefährlich". Gegenüber BR24 sagt die Direktorin des Instituts für Umweltmedizin beim Helmholtz-Zentrum München, dass schon niedrigere Feinstaub-Konzentrationen von 20 Mikrogramm pro Kubikmeter erwiesenermaßen Auswirkungen auf die Gesundheit hätten. Ab dem Grenzwert von 50 Mikrogramm steige das Risiko sprunghaft an, infolge der Feinstaubbelastung zu erkranken.
Die aktuellen Werte könnten damit zu nachhaltigen Schäden im Körper führen, etwa Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Allergien begünstigen.
Fördert Feinstaub Atemwegserkrankungen?
Tatsächlich könne der erhöhte Feinstaub in der Luft kurzfristig zu einem Anstieg von Atemwegserkrankungen führen, betont Traidl-Hoffmann vom Helmholtz-Zentrum München. Schon während der Covid 19-Pandemie habe sich gezeigt, dass dort, wo Umweltbelastungen hoch gewesen seien, die Menschen auch schwerer erkrankt seien.
Der Grund: Feinstaub schädigt die Schleimhäute, indem antivirale Eiweiße herunterreguliert werden, so Traidl-Hoffmann. In der Folge sind wir anfälliger für Viren. Besonders kleine Kinder, alte Menschen und vorerkrankte Personen seien gefährdet. Dass derzeit besonders viele Kinder unter Atemwegserkrankungen leiden, könnte tatsächlich mit der hohen Feinstaubbelastung zusammenhängen.
Wie kann man sich schützen?
Das Tückische an der Feinstaub-Glocke über Deutschland ist ihre Unsichtbarkeit. Mit dem Auge erkennen könne man die Gefahr nicht, sagt Meteorologe Mewes vom Deutschen Wetterdienst. Schützen soll man sich trotzdem, empfiehlt die Ärztin Claudia Traidl-Hoffmann. Eine Möglichkeit sei, draußen eine FFP2-Maske zu tragen.
Und: "Man sollte dieser Tage nicht massiv viel Sport im Freien betreiben", empfiehlt Traidl-Hoffmann. Wer bereits lungenerkrankt ist oder etwa Herzprobleme habe, solle möglichst zu Hause bleiben.
Wann lässt die Feinstaubbelastung in der Luft nach?
"Wir haben auf jeden Fall noch eine Weile damit zu tun", sagt Meteorologe Dirk Mewes vom Deutschen Wetterdienst. Am Donnerstag soll etwas kältere Luftmasse nach Bayern einströmen und so einen Luftaustausch fördern. Das könnte den Feinstaub dann buchstäblich "wegpusten".
Am Wochenende aber erwarten Meteorologen erneut eine Stabilisierung der Wetterlage und somit einen neuerlichen Anstieg der Feinstaubwerte. In welchem Ausmaß, das hängt vor allem vom Verkehrsaufkommen ab. Da am Wochenende weniger Fahrzeuge unterwegs seien, könnte die Belastung jedoch geringer ausfallen als jetzt.
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