Katharina Schulze, die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag, hat eine "mentale Zeitwende" in Deutschland gefordert. Beim "Sonntags-Stammtisch" im BR Fernsehen sagte sie: "Die Zeiten haben sich geändert und ich habe manchmal das Gefühl, es kommt so langsam erst an, dass wir auf das Wort der Zeitenwende auch eine mentale Zeitenwende folgen lassen müssen."
Um mit den geopolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen, aber auch mit dem Rechtsruck fertigzuwerden, brauche es mehr Zusammenhalt. Schulze zieht einen Handball-Vergleich heran: "Wir kommen gerade aus der Halbzeit, liegen im Rückstand, und sind verdutzt, warum sie ein Tor nach dem anderen bei uns reingeballert haben." Es gebe zwei Optionen, damit umzugehen: "Entweder du stehst ganz belämmert auf dem Platz oder alle geben jetzt ihr Bestes", so Schulze.
Trigema-Chefin Bonita Grupp: "Darf nicht alles Schwarz sehen"
Vor allem die Parteien der demokratischen Mitte müssten nun zusammenarbeiten: "Sie dürfen auf keinen Fall die unseriösen Falschbehauptungen oder extremen Positionen übernehmen, weil damit werden nur Demokratiefeinde wie die AfD gestärkt." Einen "Schulterschluss" brauche es aber nicht nur von der Politik, sondern auch von Unternehmern und von Menschen in Verantwortung in der Zivilgesellschaft. Es müsse der Bevölkerung klar sein: "Die Zeiten sind jetzt ernst, aber es wäre doch gelacht, wenn wir es nicht schaffen."
Auch die Unternehmerin und Trigema-Chefin Bonita Grupp, die zu Gast am "Sonntags-Stammtisch" war, forderte: "Die Stimmung muss sich ändern." Man dürfe nicht alles Schwarz sehen, müsse Probleme konstruktiver angehen und sich fragen: "Wie begegnen wir diesen Herausforderungen?" Grupp und ihre Familie hätten auch bei Trigema mit diversen Krisen klarkommen müssen: "Hätten wir das in den letzten 100 Jahren nicht schon immer gemacht, dann würde es uns jetzt auch nicht mehr geben."
Schulze: Verteidigungsfähigkeit als höchste Priorität
Schulze und Grupp sehen im kürzlich beschlossenen Schuldenpaket eine Chance, mit den Herausforderungen klarzukommen. Für die Grünen-Politikerin Schulze habe die Verteidigungsfähigkeit dabei Priorität. Die Wiederwahl des US-Präsidenten Donald Trump hätte gezeigt: "Wir leben in einer neuen Welt – und uns da verteidigungsfähiger aufzustellen, europäischer zu denken, zu investieren – das ist so wichtig", sagte Schulze.
Grupp sieht an anderer Stelle großen Handlungsbedarf: Laut der Trigema-Chefin wünschten sich Unternehmer insbesondere, dass sich die aufgenommenen Schulden "auch in den Prozessen niederschlagen". Grupp hoffe, dass auch der Bürokratieabbau, die Vereinfachung von Genehmigungsverfahren und die Digitalisierung durch das Schuldenpaket in Angriff genommen werden. "Jetzt kommt es drauf an, dass geliefert wird", sagte Grupp.
Schuldenpaket: Chance und Bürde zugleich
Die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch aber mahnte, der Erfolg des Schuldenpakets sei "ganz stark davon abhängig, wie das Geld ausgegeben wird, wo es ankommt". Bis jetzt sei das Schuldenpaket zum einen eine Möglichkeit, aber zugleich eine Bürde, mit dem Geld verantwortungsvoll umzugehen. "Die Leute müssen es spüren", sagte Münch hinsichtlich der Investitionen, die auch in die Infrastruktur gesteckt werden sollen.
Am vergangenen Freitag hat auch der Bundesrat dem umstrittenen schuldenfinanzierten Finanzpaket von Union und SPD für Verteidigung und Infrastruktur zugestimmt. Es sieht insbesondere eine Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben und ein 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz vor.
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