Rathaus in Seeg
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Millionenbetrug: Urteil gegen Seeger Bürgermeister rechtskräftig

Millionenbetrug: Urteil gegen Seeger Bürgermeister rechtskräftig

Vor gut einem Jahr ist der bisherige Bürgermeister der Allgäuer Gemeinde Seeg wegen Millionenbetrugs und Untreue zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Nun ist das Urteil rechtskräftig - und erst jetzt kann Seeg einen neuen Bürgermeister wählen.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Schwaben am .

Der bisherige Bürgermeister von Seeg im Allgäu, Markus Berktold (CSU), sitzt seit einiger Zeit im Gefängnis. Er wurde wegen Betrugs mit Corona-Hilfen zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Das war vor 14 Monaten. Doch erst jetzt ist das Urteil rechtskräftig - und das bedeutet: Die Bürgerinnen und Bürger in Seeg können nun einen neuen Bürgermeister wählen. Berktold galt nämlich bisher nur als vorläufig suspendiert und war formal noch Bürgermeister; die Amtsgeschäfte führen musste daher der zweite, ehrenamtliche Bürgermeister Lorenz Schnatterer.

Betrug in Millionenhöhe - Bundesgerichtshof verwirft Revision

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Revision des bisherigen Bürgermeisters verworfen. "Die Überprüfung des Urteils auf die Revision des Angeklagten hat - mit Ausnahme einer Korrektur des Schuldspruchs - keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben", teilte der BGH mit.

Am 11. Januar 2024 hatte das Landgericht Nürnberg-Fürth den Seeger Bürgermeister wegen Betrugs, versuchten Betrugs und Untreue in Millionenhöhe verurteilt. Nach Überzeugung des Gerichts hatte der Bürgermeister zusammen mit dem Leiter eines Pflegediensts in Seeg Coronahilfen in Höhe von rund zwei Millionen Euro unrechtmäßig abgerechnet - unter anderem mit gefälschten Rechnungen. Außerdem veruntreute Berktold mehr als eine Million Euro bei der Betreibergesellschaft des Seniorenheims und dessen Trägerverein.

Weg für Neuwahlen in Seeg frei

Nach einer mehr als zwei Jahre andauernden Hängepartie kann es in Seeg nun zu Neuwahlen kommen. Seit der Verhaftung des hauptamtlichen Ersten Bürgermeisters im Januar 2023 führt der zweite, ehrenamtliche Bürgermeister Lorenz Schnatterer die Amtsgeschäfte im Rathaus. Berktold war bislang nur vorläufig suspendiert. Eine Neuwahl war deshalb nicht möglich. "Mit Rechtskraft des Urteils verliert Herr Berktold kraft Gesetz sein Amt als Bürgermeister", teilte das Landratsamt Ostallgäu dem BR auf Nachfrage mit. "Damit ist der Weg frei für Neuwahlen in Seeg." Auch sein Amt als Mitglied des Kreistags verliert der CSU-Politiker. Innerhalb von drei Monaten soll nun in Seeg ein neuer Bürgermeister gewählt werden.

Erleichterung im Rathaus über Entscheidung

Im Seeger Rathaus ist die Erleichterung groß: "Wir sind sehr froh, dass es jetzt endlich eine Entscheidung gibt und das Thema vom Tisch ist", sagte der zweite Bürgermeister Lorenz Schnatterer dem BR. "Das hat schon sehr lange gedauert." Die Gemeinde sei nun in Absprache mit dem Landratsamt dabei, einen geeigneten Termin für die Neuwahl festzusetzen.

Gemeinde will Gehaltszahlungen zurückfordern

Außerdem werde die Gemeinde auch ausloten, inwieweit sie Geld vom bisherigen Bürgermeister zurückfordern kann. Seit seiner Verhaftung vor gut zwei Jahren musste die Gemeinde Markus Berktold weiterhin unter Vorbehalt sein Gehalt bezahlen. Um wie viel Geld es dabei aktuell geht, kann Schnatterer derzeit nicht sagen. Im Herbst 2024 hatte er von einer Summe von mehr als 200.000 Euro gesprochen, die bis dahin zusammengekommen war. "Wir werden das jetzt in aller Ruhe zusammentragen und dann zurückfordern, was wir zurückfordern können", so Schnatterer. Ob die Gemeinde tatsächlich Geld zurückbekommt, ist jedoch noch offen. Aber: "Die Hoffnung stirbt zuletzt."

Anwalt hält Urteil für überzogen

Berktolds Anwalt, der Kaufbeurer Strafverteidiger Robert Chasklowicz, hat auf die Bitte um Stellungnahme zu der BGH-Entscheidung bislang noch nicht reagiert. Er hatte das Urteil gegen seinen Mandanten immer wieder als "vollkommen überzogen" bezeichnet. Zu möglichen Rückforderungen der Gemeinde sagte Chasklowicz dem BR im Herbst, als die Summe von 200.000 Euro im Raum stand: "Wenn in dieser Größenordnung Gelder geflossen sind, würde ich ausschließen, dass Herr Berktold das zurückzahlen kann. Er wird nach einer Entlassung aus der Haft nicht in der Lage sein, einem seiner gelernten Berufe nachzugehen – weder als Rechtsanwalt noch als Grundschullehrer noch in irgendeinem Amt als Politiker."

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