Die Katastrophe im Ahrtal ist das Negativ-Beispiel: Mehr als 180 Menschen starben im Sommer 2021 bei einem Extremwetter. Für den Katastrophenschutz war im Nachhinein klar: Das Warnsystem muss verbessert werden.
Warnkette musste getestet werden
Die Warnkette zu testen, sei unerlässlich, betont Jürgen Weiß vom Landesfeuerwehrverband Bayern. Er war 2021 im Ahrtal im Einsatz, eine solche gewaltige Zerstörung habe er so noch nie gesehen, erzählt er. Die Wassermengen waren immens, und vor allem sehr plötzlich da. Mithilfe von Warntagen lasse sich erkennen, ob Warnhinweise bei der Bevölkerung ankommen. Und für die Bevölkerung sei der Probealarm wichtig, um sich mit Warn-Hinweisen vertraut zu machen.
Auch Handys ohne Warn-App wurden alarmiert
Um 11 Uhr wurde der Alarm auf den Handy-Warn-Apps wie NiNa KATWARN und BIWAPP ausgelöst. Wer keine dieser Apps installiert hat, dessen Handy wurde dennoch alarmiert: Die "Cell-Broadcast"-Technik benötigt keine App und soll auch bei alten Handys funktionieren. Auch Personengruppen wie Touristen, die keine deutsche Handy-Nummer haben, werden über eine Cell-Broadcast-Warnung erreicht. Voraussetzung ist aber immer: Das Handy ist eingeschaltet.
Sirenen sollten zusätzlich warnen
Bei wem das Handy aus oder im Flugmodus war, der sollte über Sirenen von der Warnung erfahren. Erstmals wurde in Bayern in diesem Zusammenhang auch ein Entwarnungston zu hören sein, ein langanhaltender Ton. Vorausgesetzt, es gibt vor Ort eine Sirene. Und genau das ist das Problem.
Große Lücken bei Sirenen-Abdeckung
So wurden vielerorts in Bayern fest installierte Sirenen abgebaut. Etwa 10.000 Sirenen fehlen in Bayern, listet Weiß vom Feuerwehrverband auf. Er warnt: Wer bei einem Ernstfall im Funkloch steckt oder nachts das Handy im Wohnzimmer liegen hat, der wird den Handy-Alarm nicht mitbekommen. "Die Sirenen haben den Vorteil, dass sie ein deutlich unterscheidbares Geräusch erzeugen, das die Bevölkerung alarmiert", erklärt Weiß. Doch manche Gemeinden scheinen zu zögern.
Einzelne Landkreise nahmen nicht am Warntag teil
Der Landkreis Rhön-Grabfeld beispielsweise ist einer von mehreren Landkreisen, wo der Handy-Alarm zwar klingelte, da er vom Regierungsbezirk ausgelöst wurde. Aber die Sirenen sind stumm geblieben. Von 37 Gemeinden seien bisher 16 Gemeinden auf digitale Sirenen-Alarmierung umgerüstet. Eine Teilnahme zum jetzigen Zeitpunkt nur in Teilen des Landkreises "ist nicht sinnvoll", hieß beim Landratsamt.
Stadt Nürnberg der Zeit voraus
Ein ganz anderes Bild zeigt sich in Nürnberg. Die Stadt hat 2,8 Millionen Euro investiert, um 106 digitale Sirenen aufzubauen, die nun das ganze Stadtgebiet abdecken und getestet werden. Anders wiederum die Landeshauptstadt München: Dort gibt es lediglich mobile Sirenen. Der Neuaufbau eines Sirenensystems werde derzeit geprüft, heißt es auf BR-Anfrage.
Feuerwehrverband kritisiert mangelnde Förderung
Dass immer noch ganze Landstriche keine neuen Sirenen haben, kritisiert Weiß. "Einige Gemeinden haben möglicherweise nicht die Priorität gesetzt, die Bevölkerungswarnung zu verbessern", sagt er, zeigt aber auch Verständnis: Der Freistaat Bayern und der Bund bieten zwar bis zu 80 Prozent Förderung an, um die Erneuerung der Sirenen zu unterstützen. Aber der Fördertopf sei nicht genug gefüllt, und die Sirenen nicht immer verfügbar gewesen.
Innenminister Herrmann kritisiert Warn-Tag-Schwänzer
Dies wolle die neue Bundesregierung ändern, sagte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) dem BR. Zumindest sei dies bislang der Plan für die Koalitionsverhandlungen. Neben den Gefahren von Naturkatastrophen wies er auch auf mögliche kriegerische Gefahren wie beispielsweise Luftangriffe hin. Ein flächendeckendes Sirenennetz sei zur Warnung unerlässlich. Dass sich am bayernweiten Warntag nicht alle Landkreise beteiligen, sehe er kritisch, aber er könne die Kommunen nicht zwingen. Insgesamt sieht Herrmann den Freistaat auf einem guten Weg, in Bezug auf den Bevölkerungsschutz.
Dieser Artikel ist erstmals am 12.03.2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
Grafik: Sirenen- und Lautsprecherwarnung
Sirenen- und Lautsprecherwarnung
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