Der Fastenprediger in Mönchskutte ist zurück am Nockherberg – zumindest für gut zehn Minuten. Er sei im Allgäu in einen Schweige-Orden eingetreten, den friedlichen Orden der Allermindesten, schildert Kabarettist Maximilian Schafroth zu Beginn seiner Rede. Doch das Paradies sei nur von kurzer Dauer gewesen. "Markus, Friedrich! Wir haben uns beim Zuhören eurer Wahlkampfrhetorik in unserem Schweigeorden radikalisiert."
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"Die alten Männer sind auferstanden"
Der "radikalisierte" Schafroth gibt den reaktionären Mönch. Zusammen mit seinen Mitbrüdern singt er: "Die alten Männer sind auferstanden/ Gleichberechtigung war gestern/ (...) heute Abend sind wir dicht/ und morgen unsre Grenzen." Der Prediger rechnet mit den "Spinnern" ab, mit den "Sellerie-Fetischisten": "Nur Tofu im Hirn. Bubatz in der Birne."
Doch Schafroth hadert mit dieser Rolle und zieht die Kutte aus: "Ich krieg' Angst vom Angst-Machen." Wieder in Zivil wundert der Fastenredner sich: "Wie schafft ihr das, diesen harten Ton durchzuziehen? Diese eindimensionale, banale Boshaftigkeit."
Söders Berufung: Diskokugel
Es ist eine Rede, in der vor allem CSU-Chef Markus Söder eine Menge einstecken muss: Er habe die Wähler in eine "Wahlkampf-Geisterbahn" geschickt und stets die gesellschaftlichen Sollbruchstellen gesucht: "Wo sich ein Spalt auftut, da treibt er den Keil hinein." Schafroth beklagt eine "Politik ohne Umweg übers Hirn, direkt ins Bauchgefühl".
Söders Strategie sei: "Baue deine eigenen Feinde und präsentiere dich als Erlöser eines selbst geschaffenen Problems." Seine Berufung habe Söder als Diskokugel gefunden: "Dreht sich um sich selbst und schillert je nach Stimmung in allen politischen Farben."
Spott über Söders Minister
Bauminister Christian Bernreiter (CSU) bekommt als Buße aufgetragen: für jede fehlende Wohnung ein Vaterunser zu beten. Von Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) zu verlangen, dass sie in die Politik eingreift, sei, als würde man vom Wettermoderator fordern, "dass er die Jahreszeiten beeinflusst".
Weiteren CSU-Ministern wirft Schafroth vor, sich vor Söder zu ducken: "Die können ja gar keine Statur entwickeln." Das erinnere ihn an seine Zeit als Messdiener. "Aufgabenbeschreibung: Am Rand stehen und auf Kommando den Chef beweihräuchern."
Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) habe nicht mal mitbekommen, dass die Klimaziele gekippt worden seien. CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek sei der "Anschmiegsame", der den "Söder-Stamm neckisch umrankt wie Efeu". Und um auch die guten Dinge anzusprechen, sagt Schafroth: Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger habe "sein rechtspopulistisches G'schwätz unter Kontrolle gebracht, einigermaßen".
"Randgruppe" SPD
Aber auch für "Randgruppen" findet der Fastenredner ein paar Worte. Die Bayern-SPD beispielsweise habe nun nicht mehr einen "Aristokraten mit kurzer Zündschnur" an der Fraktionsspitze – ein Seitenhieb auf Ex-Fraktionschef Florian von Brunn. Sondern einen "besonnen Handwerker": Holger Grießhammer, der sich aber vorstellen müsse, "damit die Menschen überhaupt wissen, dass du Sozi bist".
Den Grünen attestiert er eine noch nie dagewesene Kombination aus "so viel gutem Vorsatz und so viel himmelschreiender Unfähigkeit bei der Umsetzung". Immerhin aber hätten sie gute Arbeit geleistet als Söders Feindbild. Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) ruft Scharofth zu: "Liebe Ilse, wenn du Ordnungsgelder für Stillosigkeit im Wahlkampf verhängen könntest, dann bräuchte der Markus noch mal ein Sondervermögen."
Ein Appell zum Schluss
Am Ende wird Schafroth ernst: Jeder könne sich jeden Tag neu entscheiden, gut zu sein: "Verschwenden wir keine Zeit, mit dem, was uns spaltet, sondern mit dem, was uns zusammenbringt." Es sei nicht immer einfach, den richtigen Ton zu treffen. "Aber ihn gar nicht erst zu suchen, das kann ich euch nicht durchgehen lassen."
Verdutzte Gesichter im Saal
Die Rede hinterlässt im Saal einige verdutzte Gesichter. In der vorderen Hälfte, wo die meisten Politikerinnen und Politiker sitzen, wird nur vereinzelt geklatscht. Kaum jemand erhebt sich. "Passt schon, war okay", resümiert Söder, dem zwischendurch das Lächeln verrutscht ist. Später lässt er Unmut durchblicken: Das anschließende Singspiel habe "sehr entschädigt für die Predigt". Ihr Mann werde die Rede "ganz schnell" wegstecken, ist sich Söders Frau Karin Baumüller-Söder sicher.
Deutlich bissiger reagiert Sozialministerin Scharf: "Diese Fastenpredigt ist ja dazu da, uns den Spiegel vorzuhalten. Nichtsdestotrotz bin ich schon enttäuscht, dass in so schwierigen Zeiten, wo wir eigentlich zusammenhalten sollen, wir konfrontiert werden von dem Fastenprediger mit Lüge, Unwahrheit und Unfähigkeit." Umweltminister Glauber hätte sich gewünscht, "dass in all der schweren Zeit es auch ein Lachen und eine freundliche Botschaft gibt".
Selbst die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze, die sich am Nockherberg in der Regel köstlich amüsiert, wirkt nach der Rede nachdenklich. "Ich fand es eine großartige Rede mit guten Spitzen. Tiefsinnig. Ich hoffe, es hat einige zum Nachdenken gebracht."
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